| # taz.de -- Wochenvorschau für Berlin: Ist die Stadt die Heimat der Autos? | |
| > Macht Autoverkehr die Stadt heimelig? Und ist heimelig überhaupt noch | |
| > okay? Auch darum geht es in dieser Woche in Berlin. | |
| Bild: Viel Platz gäb's in Berlin, gäb's keine Autos | |
| Es ist allemal eine Ansichtssache: Schaut man etwa auf eine hübsche Kolonne | |
| von gemächlich fahrenden und vielleicht auch mal gerade wieder im Stau | |
| stehenden Autos, wollen die einen das als Ausdruck von vibrierender | |
| Urbanität betrachten und meinen, dass sie sich nur so, wenn der Motor | |
| brummt, heimelig in ihrer Stadt fühlen. Andere dagegen sehen in dieser | |
| Autokolonne, dass die in dem Moment genau die Sicht auf das Wesentliche | |
| verstellt in der Stadt: den vielen freien Platz, den es gäbe, wenn er eben | |
| nicht allweil von dem ganzen Blech verstopft wäre. | |
| Es geht also um Zukunftsfragen und wie man rausfahren könnte aus dieser | |
| stoßverkehrsgeplagten und stoßstangenverkeilten Gegenwart. Und ob man das | |
| Fahren nicht vielleicht besser ohne das Auto tut. Ein Schlagwort für die | |
| Mobilitätswende: die auofreie Innenstadt. Oder – weil man ja irgendwo mal | |
| anfangen muss – dass wenigstens einzelne Strecken abgekoppelt werden vom | |
| Autoverkehr. Ein autofreier Tauentzien wird da zum Beispiel diskutiert. | |
| Viele hoffen, dass er so zum Shoppen im Westen attraktiver würde. | |
| Zwischendurch hieß es gar, dass die Einkaufsstraße schon 2020 gesperrt | |
| werden solle. Was allerdings keineswegs beschlossene Sache ist. Zur | |
| Meinungsbildung beitragen möchte man auch bei der Berliner CDU, die in | |
| ihrer Landesgeschäftsstelle in der Kleiststraße am Dienstagabend die Frage | |
| aufwirft, ob ein autofreier Tauentzien nun „wünschenswerte Utopie oder | |
| wirtschaftliches Desaster“ sei. | |
| Aber da war doch vorher in diese Zeilen so ein „heimelig“ hineingestreut. | |
| Was man wieder so und so lesen kann, als warm behaglich oder als | |
| einigermaßen klamme und letztlich ausgrenzende Vokabel, weil der Mensch, | |
| der da im Warmen seinen Platz eingenommen hat, gar nicht mehr in der Ruhe | |
| gestört werden will. | |
| Die Heimat? Ein Kampfbegriff. Im Maxim Gorki Theater will man bei seinem am | |
| Samstag startenden [1][Herbstsalon] mit einem umfangreichen Theater- und | |
| Performanceprogramm die „kolonialen, faschistischen und patriarchalen | |
| Gewaltpotentiale von ‚Heimat‘ offenlegen“. Motto des Herbstsalons: | |
| „De-heimatize it!“ | |
| Aber vielleicht könnte man es doch wenigstens mal so versuchen: „Willkommen | |
| in der Heimat!“ | |
| Und noch eine Verkehrsmeldung: An diesem möglicherweise bereits | |
| heimatschwindenden Samstag ist ab 14 Uhr mit Staus und Behinderungen zu | |
| rechnen. Es kann zu Blockadeaktionen kommen für ein autofreies Kreuzberg. | |
| Die Organisatoren wollen dabei dort auf zentralen Straßen den Autoverkehr | |
| stoppen. | |
| Weil aber selbst gestoppte Autos weiterhin da sind, wird auch diese | |
| Werbemaßnahme für eine autofreiere Stadt halt genau die nicht, nicht in | |
| diesem Moment, zur Ansicht bringen können. So ist die Sache. Und jetzt kann | |
| man einfach noch mal von vorn anfangen. | |
| 21 Oct 2019 | |
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| [1] https://berliner-herbstsalon.de/vierter-berliner-herbstsalon | |
| ## AUTOREN | |
| Thomas Mauch | |
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