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# taz.de -- Suche nach neuer EU-Flüchtlingspolitik: Debatte um Seehofers Pläne
> EU-Türkei-Deal retten und Griechenland helfen: Außerhalb der Union
> scheint der Innenminister damit auf größere Zustimmung zu stoßen als in
> den eigenen Reihen.
Bild: Die eigenen Unionsleute zeigen sich nur so halb überzeugt von Seehofers …
Berlin dpa | Nach dem Besuch von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU)
in der Türkei und in Griechenland ist eine heftige Debatte um seine Pläne
für eine neue EU-Flüchtlingspolitik entbrannt. Zustimmung kam von SPD und
Grünen. Zurückhaltend äußerten sich Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus und
die FDP.
Der SPD-Innenpolitiker Helge Lindh sagte, er begrüße Seehofers Versuch, den
EU-Türkei-Deal zu retten und Griechenland bei der Bewältigung der vielen
Asylprüfungen zu helfen. Lindh betonte, es gehe nicht darum, jeden
Migranten in Europa aufzunehmen, „Rückführungen aus Griechenland müssen
auch stattfinden“. Deutschland selbst müsse Anträge von in der Türkei und
in Griechenland festsitzenden Menschen auf Familienzusammenführung in
Deutschland schneller bearbeiten.
„Es ist gut, dass Seehofer endlich verstanden hat, dass es eine europäische
Lösung braucht, und dass das Dublin-Verfahren nicht funktioniert“, sagte
die flüchtlingspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Luise
Amtsberg. Gleichzeitig warnte sie davor, die Türkei beim Grenzschutz zu
unterstützen. Dies wäre vor allem wegen der zuletzt stark gestiegenen Zahl
türkischer Flüchtlinge falsch.
„Wenn wir der Türkei bei der Versorgung und Integration syrischer
Flüchtlinge helfen, dann ist das richtig. Wir dürfen aber nicht dazu
beitragen, dass verfolgte Türken ihr Land nicht mehr verlassen können“,
sagte Amtsberg. Im August hatten 1.306 türkische Staatsbürger in
Deutschland Asyl beantragt. Damit stellten sie nach den Syrern (2.927) die
zweitgrößte Gruppe.
Seehofer hatte bei seinem Besuch in Ankara am Donnerstag gesagt, die
türkische Regierung werde eine Liste zusammenstellen mit Punkten, bei denen
Deutschland helfen könne. [1][Denkbar sei etwa Unterstützung bei der
Grenzüberwachung].
Die Welt zitierte aus einem Bericht der EU-Kommission, wonach Griechenland
bis zum Jahresende mit der Ankunft von etwa 25.000 weiteren Migranten
rechnet. In den ersten neun Monaten dieses Jahres waren dort nach
UN-Angaben rund 45.600 Migranten eingetroffen. Mehr als 35.800 von ihnen
kamen über das Meer.
## Fraktionschef Brinkhaus distanziert sich
Die Bundesregierung hatte sich im September mit Frankreich, Italien und
Malta auf einen Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge, die von Libyen und
Tunesien aufgebrochen sind, geeinigt. Beim Innenministerrat am Dienstag
sollen weitere EU-Staaten zum Mitmachen bewegt werden. Die Übergangslösung
sieht vor, dass aus Seenot gerettete Migranten binnen vier Wochen auf die
am Mechanismus teilnehmenden EU-Staaten verteilt werden.
Vorgesehen ist, dass die Vereinbarung bei einem starken Anstieg der Zahl
der Schlepperboote sofort ausgesetzt werden kann. Seehofer hatte die
Aufnahme von je einem Viertel der Geretteten in Deutschland in Aussicht
gestellt,
„Das C in unserem Namen gebietet, Menschen aus Seenot zu retten. Da gibt es
keine Kompromisse“, [2][sagte Brinkhaus den Zeitungen der Funke
Mediengruppe]. Das andere sei die Frage, welches Signal man sende, wenn man
pauschal 25 Prozent der geretteten Flüchtlinge aufnehmen wolle.
Schlepperorganisationen dürften dadurch nicht ermutigt werden.
Er betonte: „Das war eine Initiative des Innenministers, nicht der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Wir werden uns die Pläne von Horst Seehofer
daher sehr genau anschauen.“ Die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg
sagte, der Verteilmechanismus setze falsche Anreize. Sie forderte: „Wenn es
zur Entscheidung kommt, muss Ralph Brinkhaus den Innenminister
zurückpfeifen.“
Seehofer verteidigte seinen Plan. [3][Der Welt am Sonntag sagte er]: „Wir
nehmen seit knapp eineinhalb Jahren von jedem Boot, das vor Italien oder
Malta anlegt, Flüchtlinge in Deutschland auf. In den letzten 15 Monaten
haben wir 225 Personen übernommen. Das ist kein Geheimnis und darüber gab
es bisher keine Debatten.“
## Pro Asyl: „nebulös und ungenügend“
Der Innenminister arbeitet auch an Plänen für ein neues System zur
Verteilung von Asylsuchenden in Europa. Hintergrund ist, dass die
Dublin-Regeln, wonach jeder seinen Antrag im Prinzip in dem EU-Land stellen
muss, wo er zuerst registriert wurde, oftmals schwer durchzusetzen ist. Ein
Alternativmodell wäre ein Verteilmechanismus mit festen Aufnahmequoten für
die einzelnen EU-Länder, so wie jetzt in der Malta-Vereinbarung vorgesehen.
Da sich einige Staaten – vor allem in Osteuropa – bislang gegen eine
Quotenlösung sperren, wird überlegt, welchen anderen Beitrag diese Staaten
leisten könnten – oder ob sie mit sanktioniert werden sollten, etwa indem
sie von bestimmten Förderprojekten ausgeschlossen werden.
Pro Asyl nannte die Zusagen Deutschlands an Griechenland und die Türkei
„nebulös und ungenügend“. Geschäftsführer Günter Burkhardt forderte
Seehofer auf, den geplanten Verteilschlüssel für die zentrale
Mittelmeerroute auch auf Schutzsuchende in Griechenland und auf Zypern
auszuweiten. Die Drei-Monats-Frist für die Beantragung von Familiennachzug
müsse verlängert werden, da sie für Angehörige, „die in einem griechischen
Lager im Morast sitzen“ zu kurz sei.
5 Oct 2019
## LINKS
[1] /EU-Fluechtlingspakt/!5631253
[2] https://www.waz.de/politik/brinkhaus-geht-auf-distanz-zu-seehofers-fluechtl…
[3] https://www.welt.de/politik/deutschland/article201433794/Fluechtlinge-Horst…
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