| # taz.de -- Diskussion um ein Sexkaufverbot: Sichtbarkeit schützt | |
| > In der SPD mehren sich Stimmen für ein Sexkaufverbot. Doch das nordische | |
| > Modell würde für SexarbeiterInnen weniger Schutz bedeuten. | |
| Bild: Versteckt: Bestimmte Ecken im Berliner Tiergarten sind bekannt für käuf… | |
| Noch gibt es keine Partei in Deutschland, die den Kauf von sexuellen | |
| Dienstleistungen verbieten will. Und auch in der SPD ist derzeit nicht | |
| absehbar, ob diejenigen die Überhand gewinnen, die [1][das sogenannte | |
| nordische Modell] tatsächlich einführen wollen. Doch allein die Tatsache, | |
| dass die BefürworterInnen eines Sexkaufverbots in Partei und Fraktion | |
| derzeit lauter werden, ist beunruhigend. | |
| Denn worum es beim nordischen Modell geht, ist nicht der Schutz von Frauen, | |
| sondern die Moral: Sexarbeit darf es nicht geben. Diese Position mag zwar | |
| das Gewissen rein halten, geht aber an der Realität vorbei. Zu der gehört, | |
| anzuerkennen, dass längst nicht alle Frauen in der Sexarbeit Opfer sind und | |
| viele den Beruf aus freien Stücken wählen – manche, weil sie genau diesen | |
| haben wollen, manche mangels Alternativen. Auch Letzteres aber kann | |
| durchaus besser sein, als gar keine Möglichkeit zum Geldverdienen zu haben. | |
| Schlimm dabei ist, dass das Modell die [2][Situation von Sexarbeitenden] | |
| faktisch verschlechtert. Dass es Freier bestraft, aber keine | |
| Prostituierten, mag zunächst vertretbar klingen, weil es die Frauen selbst | |
| nicht zu treffen scheint. Doch das ist ein Trugschluss. Sobald Strukturen | |
| in die Illegalität verlagert werden, sind die Konsequenzen: weniger Schutz, | |
| weniger Rechte, mehr Stigma. Diverse Studien zeigen: Sex wird auch dann | |
| gekauft, wenn er verboten ist – aber im Untergrund. Dabei wäre nichts | |
| erreicht, außer dass [3][Sexarbeit weniger sichtbar] wäre. | |
| Der aktuelle Parlamentskreis, zu dem auch die SPDlerin und Befürworterin | |
| des Modells, Leni Breymaier, geladen hat, fragt nun zwar scheinbar offen, | |
| wohin es mit der Prostitution in Deutschland gehen soll. Doch einiges | |
| spricht dafür, dass die Runde dazu dienen soll, langfristig Mehrheiten für | |
| ein Sexkaufverbot zu organisieren. Eine Evaluation des jüngsten Gesetzes | |
| zur Regelung von Prostitution steht ab 2022 an. Käme es bis dahin zum | |
| Umdenken in der Partei, wäre das ein erzkonservativer Paradigmenwechsel in | |
| Sachen Sexarbeit in der deutschen Politik. | |
| 15 Oct 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
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