# taz.de -- „Nordisches Modell“: Allianzen für ein Sexkaufverbot | |
> Am Dienstag trifft sich zum ersten Mal ein fraktionsübergreifender | |
> Parlamentskreis zum Thema Prostitution. Dagegen formiert sich Protest. | |
Bild: Das sehen die BefürworterInnen des nordischen Modells anders: Botschaft … | |
VertreterInnen aller Bundestagsfraktionen haben sich angemeldet, das | |
Interesse sei „beeindruckend“, so Organisator Frank Heinrich (CDU): Am | |
Dienstag trifft sich zum ersten Mal der interfraktionelle Parlamentskreis | |
zu einem Sexkaufverbot. | |
Der Kreis trägt den bewusst offen gehaltenen Titel „Prostitution – wohin?�… | |
doch ins Leben gerufen hat ihn neben Heinrich, der Obmann der | |
Unions-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Menschenrechte ist, die | |
Berichterstatterin der SPD-Fraktion für Zwangsprostitution und erklärte | |
[1][Befürworterin eines Sexkaufverbots, Leni Breymaier]. Wahrgenommen wird | |
die Runde deshalb als Informationsrunde zum sogenannten nordischen Modell, | |
das den Kauf von Sex bestraft, nicht aber die Prostituierten. | |
Während dieses Modell in der Union ohnehin weniger umstritten sein dürfte, | |
sprach sich die SPD bislang gegen die Kriminalisierung von käuflichem Sex | |
aus. „Noch habe ich nicht das Gefühl, dass meine Position in der Fraktion | |
breit getragen wird“, sagte Breymaier nun zwar der taz. Doch seit Monaten | |
mehren sich in Partei und Fraktion die Stimmen für ein Sexkaufverbot. | |
Neben der Bundesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer | |
Frauen (ASF), Maria Noichl, befürwortete jüngst auch der | |
Gesundheitspolitiker und Kandidat für den SPD-Vorsitz Karl Lauterbach das | |
nordische Modell. Am Wochenende sprach sich der Landesparteitag der SPD | |
Baden-Württemberg nach hitziger Debatte ebenfalls dafür aus. „Prostitution | |
ist Ausdruck struktureller Gewalt gegen Frauen, hat negative Auswirkungen | |
auf die Gesamtgesellschaft und verhindert die Gleichstellung der | |
Geschlechter“, heißt es in dem Antrag, der beim SPD-Bundesparteitag im | |
Dezember eingebracht werden soll. | |
## Kein einfacher Durchmarsch | |
Dennoch: Ein einfacher Durchmarsch dürfte es für die BefürworterInnen eines | |
Sexkaufverbots auch innerhalb der SPD nicht werden. Bundesjustizministerin | |
Christine Lambrecht (SPD) etwa pocht auf die bisherigen Beschlüsse: „Wir | |
haben uns dafür entschieden, die rechtliche Stellung von Prostituierten zu | |
verbessern“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch eine | |
umfassende Strafbarkeit führe nicht dazu, dass es keine Prostitution mehr | |
gebe, sondern dazu, „dass das Ganze in dunkle Ecken verlagert wird“, wo es | |
gar keine Kontrolle mehr gebe. | |
Die VeranstalterInnen des Parlamentskreises rechnen mit rund 25 | |
Teilnehmenden. Sie wolle nicht vorgreifen, sagte Breymaier – aber ihre Idee | |
sei, ein Jahr lang alle sechs bis acht Wochen Treffen abzuhalten, um sich | |
zu informieren. So ist bei der ersten Veranstaltung die Aussteigerin Sandra | |
Norak eingeladen, um über ihre Erfahrungen zu berichten. Weiter könne sie | |
sich jemanden von der Kriminalpolizei vorstellen oder eine Person aus | |
Frankreich oder Schweden, die über die Erfahrungen mit dem nordischen | |
Modell berichte. | |
Die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Cornelia Möhring, lehnt | |
ein Sexkaufverbot ab. Sie will trotzdem am Parlamentskreis teilnehmen, aus | |
Informationszwecken. Für die Frauen selbst sei das Modell kontraproduktiv, | |
sagte Möhring, die selbst in Schweden war, um mit Betroffenen über dessen | |
Auswirkungen zu sprechen: „Man treibt sie in die Illegalität.“ Für die | |
Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung brauche es andere Maßnahmen: „Man | |
muss ihre Rechte und soziale Absicherung stärken.“ | |
Auch außerparlamentarisch formiert sich Widerstand: Die Bündnisse Sexarbeit | |
ist Arbeit und What the fuck, das Netzwerk Care Revolution und die | |
Interessenvertretung Hydra rufen für Dienstag zu Protesten gegen den | |
Parlamentskreis vor dem Paul-Löbe-Haus in Berlin-Mitte auf. Für | |
Sexarbeitende bedeute das nordische Modell Diskriminierung, heißt es im | |
Aufruf. Es sei ein Nährboden für Ausbeutung, Ausgrenzung und Entrechtung. | |
Unter dem Motto „My body, my choice – raise your voice!“ wollen sie ab 18 | |
Uhr Solidarität mit Sexarbeitenden zeigen. | |
14 Oct 2019 | |
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[1] /Forderung-nach-nordischem-Modell/!5601153 | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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