# taz.de -- Nachruf auf Anke Fuchs: Kanalarbeiterin und Feministin | |
> Die SPD-Politikerin Anke Fuchs kämpfte für nachhaltige Sozialpolitik. Und | |
> sie ermutigte Frauen, in die Politik zu gehen. Nun ist sie mit 82 Jahren | |
> gestorben. | |
Bild: Anke Fuchs während ihrer Zeit als SPD-Bundesgeschäftsführerin im Jahr … | |
BERLIN taz | Wer sie im Fernsehen hörte und nicht kannte, der dachte, hier | |
spricht eine Arbeiterin aus Hamburg-Wilhelmsburg. Das manierierte | |
Bürger-Hamburgerisch, das sich Helmut Schmidt aneignete, war nicht ihr | |
Ding. Sie dehnte die Vokale, sprach von den „Loiden“, wenn sie die Leute | |
meinte, und vom „Werchzoich“, wenn sie über ein Werkzeug redete. | |
Die SPD-Politikerin Anke Fuchs war über Jahrzehnte Politikerin in | |
verschiedenen Ämtern, 1982 ein paar Monate sogar Bundesministerin für | |
Familie und Gesundheit. Sie war unter anderem Staatssekretärin im | |
Arbeitsministerium, SPD-Bundesgeschäftsführerin – das heißt heute | |
Generalsekretärin – und Vizepräsidentin des Bundestags. Als Präsidentin des | |
Mieterbundes hat sie für einen sozialen Wohnungsbau [1][zu einer Zeit | |
gestritten], als man in ihrer eigenen Partei an die freien Kräfte des | |
Wohnungsmarktes glaubte. | |
Fuchs gehört zu den PolitikerInnen, die über viele Jahre ein bekanntes | |
„Tagesschau“-Gesicht sind, aber es nie nach ganz vorne schaffen. Und wenn | |
sie aus der Politik ausscheiden, geraten sie schnell in Vergessenheit. Bei | |
Anke Fuchs ist das ungerecht. | |
Die Mutter von zwei Kindern hat Frauen ermutigt, dass sie in die Politik | |
gehen, dass sie sich nicht abschrecken lassen von gläsernen Decken. Sie | |
hätte sich selbst nie als Feministin bezeichnet – sie war eine, indem sie | |
es einfach machte. Sie griff zu, wenn sich die Gelegenheit bot, und | |
förderte andere Frauen. | |
## Politische Größen im Elternhaus | |
Sie war die Tochter des Hamburger Bürgermeisters [2][Paul Nevermann]. 1937 | |
geboren, erlebte sie als Kind, wie politische Größen – sie selbst hätte | |
wohl „wichtige Loide“ gesagt – wie Herbert Wehner, Kurt Schumacher und | |
sogar Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl aus Ostberlin im Elternhaus | |
vorbeikamen. | |
Sie verehrte ihren Vater und folgte als Erwachsene seinen Spuren. Sie ging | |
hauptberuflich in die Gewerkschaft IG Metall; sicherlich auch, weil ihr | |
Vater gelernter Schlosser und Gewerkschafter war. Sie studierte Jura, so | |
wie ihr Vater auch. Und natürlich trat sie in die SPD ein. | |
Dort gehörte sie dem „Seeheimer Kreis“ an, der damals noch kein | |
Karriereclub für sogenannte Pragmatiker war, sondern die eher | |
traditionellen, gewerkschaftlichen Facharbeiterflügel – „Kanalarbeiter“ | |
genannt – repräsentierte. Theoriedebatten waren ihre Sache nicht; mit der | |
Ökologiebewegung der 70er Jahre fremdelte sie lange. Es ging ihr darum, das | |
Leben der sogenannten einfachen Leute Schritt für Schritt durch | |
Sozialpolitik zu verbessern. | |
Als loyaler Parteimensch ging sie 1990 nach Sachsen in einen aussichtslosen | |
Wahlkampf gegen den CDU-Kandidaten Kurt Biedenkopf. Die SPD verlor krachend | |
in ihrem ehemaligen Stammland, aber das lag in erster Linie nicht an Anke | |
Fuchs. | |
Der Zeit erzählte sie viel später einmal: „Die Leute hatten kein | |
Westfernsehen sehen können. Sie kannten mich lange nicht so gut, wie wir | |
gedacht hatten.“ Ein typischer Anke-Fuchs-Satz: nüchtern, analytisch, ohne | |
Selbstmitleid. | |
Am Sonntag ist Anke Fuchs nach einer langen Erkrankung in Wilhelmshaven | |
gestorben. | |
16 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] /!776359/ | |
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Nevermann | |
## AUTOREN | |
Gunnar Hinck | |
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