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# taz.de -- Miniserie „Prost Mortem“: Ohne Thrill, dafür mit Biss
> Auf dem Bezahlsender 13th Street laufen nur Krimis. Mit ihrer zweiten
> Eigenproduktion „Prost Mortem“ sogar ein erstaunlich spannender.
Bild: Hier noch am Rauchen, kurz darauf tot: Wer hat Werner (Werner Prinz) get�…
Im Bierkavalier ist einer umgekommen. Genauer gesagt der greise Inhaber
Werner, der die Festivitäten zu seinem Geburtstag nicht überleben sollte.
Während die Polizei von Suizid ausgeht, ist Witwe Gitti überzeugt: Es war
Mord. Und gewesen sein kann es nur einer der vier letzten Anwesenden –
Thekengöre Zoe, Stammtrinker Bernie, die Schwester des Toten, eine
Teflon-Politikerin namens Eva, oder ihr devoter Assistent Steven.
Mit einer Finte versammelt Gitti alle in ihrem Wiener Beisl und schickt
sich an, den Fall aufzuklären. Eine von innen verschlossene Toilettenkabine
als Tatort, ein überschaubarer Kreis an Verdächtigen und eine ausgebuffte
Grande Dame als Ermittlerin: Fertig ist der klassische „Whodunnit“ in der
Tradition Agatha Christies.
Würden ARD-Krimis immer auf dem Niveau abliefern wie die Eigenproduktion
des Kanals 13th Street, [1][es gäbe sonntags Abends weniger Murren in
deutschen Wohnzimmern]. „Prost Mortem“ ist eine Miniserie ohne Thrill, aber
mit gemütlicher Meuchelei. Kommt die erste Folge noch recht langsam in
Gang, bieten die restlichen drei kurzen Folgen einen Spannungsbogen, bei
dem man gerne miträtselt. Zu sehen ist das ganze allerdings nur für
Abokund*innen, die 13th Street etwa über ein Sky-Paket beziehen.
Man kennt das Gefühl irgendwoher: Seit Jahren verstecken sich spannende
heimische Serien in der Sparte, der Nische oder hinter der Bezahlschranke.
[2][Tom Tykwers „Babylon Berlin“] lief erst ein Jahr nach der
Pay-TV-Ausstrahlung im Ersten, die Neuverflimung des Klassikers [3][„M –
eine Stadt sucht ihren Mörder“] als Miniserie gibt es für deutsche
Zuschauer nur bei TV Now und die aktuell lustigste deutsche Serie, „Jerks“
mit Christian Ulmen, lief zuerst im Internet auf Joyn, immerhin kostenlos.
## Ein bisschen amerikanisch
Vielleicht, [4][weil sich Web- und Bezahlangebote etwas mehr ins Zeug
legen,] um ihre Kund*innen an sich zu binden? Im bayerischen Unterföhring
hebt Karin Schrader, Programmchefin von 13th Street, den Hörer ab und
klingt gut gelaunt. Die Premierenfeier zu „Prost Mortem“ im Münchner
Rationaltheater ist gerade vorüber und Schrader spricht stolz von „unserem
Baby.“ Das Konzept der Serie entstand im eigenen Haus. Ohne eigene
Abteilung, parallel zum Tagesgeschäft wurde innerhalb eines Jahres die
Serie abgewickelt, sagt sie. Als Regisseur dabei ist Michael Podogil, der
zuvor beim Kurzfilmwettbewerb des Senders triumphiert hatte.
„Wir kennen unser Publikum“, sagt Karin Schrader zur taz. Und liefert eine
Anekdote mit. Bei einer Befragung habe eine Zuschauerin ihr erzählt: „Ich
fühle mich einfach sofort zu Hause, wenn ich eine Leiche sehe.“ Und die
gibt es zuhauf, auf 13th Street laufen nämlich nur Krimis – vor allem
US-amerikanische, nun zum zweiten Mal eine heimische Produktion. Für
Schrader der Weg in die Zukunft: „Deutsche Serien müssen nicht versuchen,
das Amerikanische zu kopieren.“ Stattdessen wolle man eine bestimmte
Sehgewohnheit bedienen: „Das fing doch mit Derrick schon an. Da schwingt
immer so was Bodenständiges mit.“
Entsprechend gemäßigt tappert Gitti bei ihren Ermittlungen durch den
Bierkavalier – mal bissig, mal gemütlich, mit Zuckerbrot und Knarre. Doris
Kunstmann spielt das glaubwürdig, auch der Rest des Ensembles wankt und
wurschtelt überzeugend durch die Spelunke, etwa Simon Schwarz als
borisbeckerhafte Flachpfeife mit Flachmann, oder Janina Fautz als
sarkastisches Pubertier hinterm Tresen. Dass die Crew um Michael Podogil
filmisch keck ist, wird schon im Vorspann deutlich. Der erinnert mit
Nahaufnahmen und Kammermusik an die Titelsequenz von „Dexter.“ Ein bisschen
amerikanisch muss eben doch sein.
9 Oct 2019
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## AUTOREN
Finn Holitzka
## TAGS
TV-Serien
Krimi
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