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# taz.de -- Massenproteste in Hongkong: Lam droht mit Eingreifen Chinas​
> Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam schließt erstmals eine chinesische
> Intervention – also einen Militäreinsatz – gegen Demonstranten nicht aus.
Bild: Carrie Lam, Regierungschefin von Hongkong, am 8. Oktober
Berlin taz | Hongkongs umstrittene Regierungschefin Carrie Lam hat am
Dienstag gegenüber Journalisten den Einsatz des chinesischen Militärs gegen
Demonstranten in Hongkong nicht ausgeschlossen. Direkt vor einer Sitzung
ihres Kabinetts räumte sie zunächst ein, dass das von ihr am vergangenen
Freitag verhängte Vermummungsverbot noch nicht wie gewünscht funktioniere.
Es sei aber zu früh, das Verbot als „nicht effektiv“ zu bezeichnen.
Lam appellierte an den „Menschenverstand und die Vernunft der Hongkonger,
dass jetzt Zeit ist, sich an die Gesetze zu halten“. Ein Journalist fragte,
wann denn für sie der Punkt gekommen sei, um Chinas Hilfe zu erbitten. Lam
wand sich zunächst. Sie bevorzuge, Hongkong würde seine Probleme selbst
lösen, sagte sie. Dies sei noch zu erreichen und auch Chinas Wunsch. „Aber
wenn die Situation zu schlimm wird, kann keine Option ausgeschlossen
werden“, sagte sie.
Aus China waren schon vor Wochen Bilder ins autonome Hongkong gesendet
worden, die chinesische Militärs und Angehörige der Bewaffneten
Volkspolizei zeigten, wie sie in Hongkongs Nachbarstadt Shenzhen die
gewaltsame Niederschlagung von Protesten trainierten. Dies war in Hongkong
als Drohung empfunden worden und dürfte auch so gemeint gewesen sein.
In Hongkong sind rund 10.000 chinesische Soldaten und
Bereitschaftspolizisten stationiert. Die Nachrichtenagentur [1][Reuters]
berichtete vergangene Woche über Indizien, wonach Chinas Truppen in
Hongkong unter dem Vorwand routinemäßiger Rotation heimlich aufgestockt
worden seien.
## Zeitung: Regierung mag nicht von Terrorismus sprechen
Das Vermummungsverbot ist Teil eines noch aus der Kolonialzeit stammenden
Gesetzes zum Notstand. Laut Lam plane sie derzeit keine der anderen
Maßnahmen anzuwenden, wie etwa Ausgangssperren.
Laut der englischsprachigen [2][South China Morning Post] wolle die
Regierung gewalttätige Demonstranten ganz bewusst nicht als Terroristen
bezeichnen. Dies würde Hongkongs Rating auf den Finanzmärkten schädigen und
Hongkongs Bürgern, die derzeit 167 Länder visafrei besuchen könnten, viele
ihrer Reisemöglichkeiten nehmen. Die Zeitung berief sich in ihrem Bericht
auf mehrere nicht namentlich genannte Regierungsmitarbeiter.
Bereits im August hatte ein chinesischer Regierungssprecher von „ersten
Zeichen des Terrorismus“ in Hongkong gesprochen. Nach den gewatlsamen
Protesten am 1. Oktober, dem chinesischen Nationalfeiertag, sagte eine
Honkonger Regierungsprecher, die Stadt sei „einen Schritt näher am
Terrorismus“. Um eine Intervention China zu rechtfertigen, könnte die
Bezeichnung der Proteste als Terrorismus den gewünschten Vorwand liefern.
Bisher gelten die Proteste offiziell auf „Aufruhr“. Eine Teilnahme daran
kann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. Zu den Forderungen der
Protestbewegung gehört, dass die Proteste nicht mehr als Aufruf bezeichnet
werden, weil dieser Begriff ihnen die Legitimität abspricht.
Bei den seit 17 Wochen anhaltenden Massenprotesten wurden bisher mehr als
2.100 Demonstranten festgenommen. Angeklagt wurden 406, davon die Hälfte
wegen Aufruhrs.
Ausgelöst hatte die Proteste ein Gesetzentwurf, der die Auslieferung
Verdächtiger an China ermöglicht und damit Hongkongs eigenes Justizsystem
untergraben hätte. Die Regierung nahm das Gesetz inzwischen zurück, doch
hat ihr Umgang mit den Protesten sowie die Polizeigewalt diese weiter
angeheizt. Auch nach dem Vermummungsverbot eskalierten die Proteste, die
inzwischen fast täglich in Gewalt ausarten.
8 Oct 2019
## LINKS
[1] https://www.reuters.com/investigates/special-report/china-army-hongkong/
[2] https://www.scmp.com/news/hong-kong/law-and-crime/article/3031895/we-cannot…
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
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