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# taz.de -- Hongkong nach dem Vermummungsverbot: Mit Masken gegen das Maskenver…
> Die Honkonger lassen sich weder das Maskieren noch das Demonstrieren
> verbieten. Zugleich eskaliert die Gewalt weiter.
Bild: Demonstrant gegen das Vermummungsverbot im Shoppingviertel Causeway Bay a…
BERLIN taz | Bei strömendem Regen sind am Sonntag in Hongkong Zehntausende
überwiegend maskierte Demonstranten erneut gegen das am Freitag von der
Regierung erlassene Vermummungsverbot auf die Straße gegangen. Die Proteste
waren zuvor verboten worden.
Zunächst kam es nur zu vereinzelten Tränengas- und Schlagstockeinsätzen der
Polizei. Erst später eskalierte die Gewalt wie bereits in den letzten
Vortagen. Demonstranten bauten Barrikaden und fluteten den U-Bahnhof Mong
Kok per Sprinkleranlage. Ein Taxifahrer wurde nach einem Unfall bewusstlos
geschlagen, und ein Kameramann erlitt Verbrennungen, nachdem ihn ein auf
die Polizei geschleuderter Bandsatz gestreift hatte.
Laut der englischsprachigen [1][South China Morning Post] wurden mindestens
13 Personen festgenommen, weil sie sich mit Atemschutz- oder Gasmasken
vermummt hatten. Darauf stehen jetzt bis zu zwölf Monate Haft und eine
Geldstrafe von umgerechnet bis zu 2.900 Euro. Auch würden sie wegen
Verstoßes gegen das Versammlungsverbots angeklagt.
Schon am Freitag hatte das erst unmittelbar zuvor per Dekret erlassene
Vermummungsverbot, das um Samstag null Uhr in Kraft trat, für eine
Eskalation der Gewalt gesorgt. Militante Demonstranten griffen
Regierungsgebäude sowie Geschäfte prochinesischer Firmen an. Auch Brände
wurden gelegt. Ein Polizist schoss einen 14-jährigen Demonstranten an.
## Zahlreiche Brände, erste Panikkäufe
Weil Bahnhöfe angezündet oder demoliert worden waren, war am Samstag
erstmals der gesamte U-Bahn-Betrieb in der Stadt mit mehr als sieben
Millionen Einwohnern eingestellt worden. Viele Shoppingcenter und Geschäfte
blieben geschlossen. Es kam zu Panikkäufen. Auch Demonstranten müssen jetzt
lange Fußmärsche in Kauf nehmen, um sich zu versammeln.
Die ausufernde Gewalt der Demonstranten liefert zum einen der Regierung den
Vorwand, stärker repressiv zu reagieren, zum anderen wächst der Druck auf
die Regierung, den Forderungen nachzugeben. Die Frage ist, wo die Gewalt
hinführen soll. Umgekehrt stellt sich manchmal die Frage, ob nicht hinter
der zunehmend blinden Gewalt auch womöglich Provokateure stecken, die den
Boden für eine massive Repression bereiten wollen. Das einst sehr
friedliche Hongkong ist jedenfalls inzwischen kaum noch wiederzuerkennen.
Am Sonntag wies ein Hongkonger Gericht den Antrag von Anwälten aus der
Demokratiebewegung auf eine einstweilige Verfügung gegen das
Vermummungsverbot zurück. Das Gericht erklärte jedoch, dass das Dekret noch
einer grundsätzlichen Überprüfung bedürfe. Dies werde noch im Oktober
erfolgen.
Das Vermummungsverbot ist Teil einer Notverordnung von 1922. Damit schlug
die britische Kolonialmacht damals einen Streik von Seeleuten nieder. Das
Gesetz wurde nur noch ein weiteres Mal angewendet: 1967 bei einem
maoistischen Aufstand parallel zur chinesischen Kulturevolution. Jetzt
halten die Kläger die Notverordnung für verfassungswidrig.
Auch hätte nur das Parlament die Verordnung in Kraft setzen können, nicht
aber die pekingtreue Regierung im Alleingang. Allerdings haben im nicht
demokratisch gewählten Legislativrat pekingfreundliche Abgeordnete eine
Mehrheit.
## Vorbote für noch mehr Repression?
Viele Hongkonger halten das Vermummungsverbot für kaum durchsetzbar, sie
werten es vor allem als einschüchternde Maßnahme, um Bürger vom
Protestieren abzuhalten, sowie als Vorboten weiterreichender
Einschränkungen der Bürgerrechte wie etwa eine Ausgangssperre oder
Pressezensur.
Statt wie von den Demonstranten seit Monaten gefordert die demokratischen
und autonomen Rechte in Hongkong zu erweitern, sehen viele hinter diesen
Einschränkungen die unnachgiebige chinesische Regierung, zumal die
Vermummung auch vor Vergeltungen Chinas schützen soll. Erstmals
versammelten sich am Sonntag vor einer Hongkonger Kaserne der chinesischen
Armee Demonstranten, die von dort gefilmt wurden.
6 Oct 2019
## LINKS
[1] https://www.scmp.com/news/hong-kong/politics/article/3031751/hong-kong-poli…
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
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China
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Vermummungsverbot
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