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# taz.de -- Hongkongs Demokratiebewegung: Protestführer zusammengeschlagen
> Der Demokratie- und Schwulenaktivist Jimmy Sham wurde von einem
> Schlägertrupp angegriffen. Seinen Protest will er weiterführen –
> friedlich.
Bild: Jimmy Sham (Mitte) spricht bei einer Protestkundgebung im Juni
Ein schreckliches Foto macht am Mittwochabend in sozialen Netzwerken und
[1][Hongkonger Medien] die Runde: Ein Mann liegt blutverschmiert auf der
Straße, seine Beine ragen unter ein weißes Auto. Auf den ersten Blick sieht
es nach einem Verkehrsunfall aus. Der Mann schaut verstört in die Kamera.
Es ist Jimmy Sham Tsz-kit, wie später bestätigt wird, der hier in einer
Seitenstraße im Stadtteil Mongkok zu Boden geschlagen wurde. Er ist noch
bei Bewusstsein und wartet auf Hilfe.
Sham ist als sogenannter Convenor eine der Hauptpersonen der [2][Civil
Human Rights Front (CHRF)], eines 2002 gegründeten Bündnisses von rund 50
Gruppen, Organisationen und Parteien der [3][Hongkonger
Demokratiebewegung]. CHRF ist Anmelder der großen friedlichen
Demonstrationen gegen das inzwischen zurückgezogene Auslieferungsgesetz.
Der Gesetzentwurf löste die seit mehr als vier Monaten andauernde
Protestbewegung in Hongkong aus, die sich jetzt vor allem gegen Chinas
wachsenden Einfluss im autonomen Hongkong richtet.
CHRF erklärt später, nachdem Sham ins Krankenhaus gebracht wurde, dass ein
Schlägertrupp aus mindestens vier Personen auf den Kopf des 32-Jährigen mit
Hämmern und Schraubenschlüsseln eingeschlagen hätte. Nach Polizeiangaben
blutete Sham aus Kopf und Armen.
Sham war demnach gerade auf dem Weg zur CHRF-Generalversammlung.
Augenzeugen, die Sham helfen wollten, seien von den Angreifern mit Messern
bedroht worden, berichtete ein [4][CHRF-Mitarbeiter]. Die Täter seien
später mit einem Auto geflohen.
## „Weißer Terror“ zur „Einschüchterung“
CHRF verurteilt den Angriff als „weißen Terror“ und vermutet, dass er
einschüchtern soll. CHRF plant für Sonntag die nächste Großdemonstration.
Es ist bereits der zweite tätliche Angriff auf Sham in den letzten zwei
Monaten. Am 29. August war er mit einem Mitarbeiter von zwei Maskierten mit
Baseballschlägern in einem Café angegriffen worden, kurz nachdem ihr
geplanter Protestzug von der Polizei verboten worden war. Damals wurde der
Mitarbeiter verletzt. Später nahm die Polizi zwei Personen fest, darunter
einen 15-jährigen Jungen.
[5][Am Donnerstag verurteilte Hongkongs Chefsekretär Matthew Cheung
Kin-chun, die Nummer zwei der Hongkonger Regierung, den Angriff auf Sham]
als „völlig inakzeptabel“. Alle Formen der Gewalt, egal welchen Ausmaßes,
seien inakzeptabel, so Cheung. Er versprach die Täter vor Gericht zu
bringen.
In Hongkong streiten Regierung und Protestbewegung seit Wochen über die
Gewalt bei Demonstrationen, für die sich beide Seiten gegenseitg
verantwortlich machen. Zu den fünf Hauptforderungen der Protestbewegung
gehört die Untersuchung der Polizeigewalt.
Sham erklärte am Donnerstag per Facebook, er werde seinen Kampf „friedlich,
vernünftig und gewaltfrei“ fortsetzen. Seine Wunden wurden inzwischen
genäht und sind nach Krankenhausangaben nicht lebensbedrohlich.
## Der Angegriffene ist ein sehr erfahrener Aktivist
Sham ist ein erfahrener Aktivist, der auch für die im November anstehenden
Lokalwahlen kandidiert. Der studierte Sozialarbeiter war als stadtbekannter
Schwulenaktivist auch Radiomoderator eines LGBT-Programms und Sprecher der
jährlichen Hong Kong Pride Parade. Er wurde schon von pekingtreuen
Politikern wegen seiner Homosexualität verbal angegriffen.
Am Donnerstag kam es im Hongkonger Stadtparlament, dem Legislativrat, den
zweiten Tag in Folge zu tumultartigen Szenen. Manche Abgeordnete werten den
Angriff auf Sham als Einschüchterungsversuch. Die unbeliebte
Regierungschefin Carrie Lam wurde erneut mehrfach durch Zwischenrufe
gestört. Saalordner setzten etliche Abgeordnete vor die Tür. Am Mittwoch
hatte Lam ihre Regierungserklärung abbrechen müssen.
Wie die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf ein chinesisches
Logistikunternehmen berichtet, hat China jetzt den Export von schwarzen
T-Shirts, Regenschirmen, Gesichtsmasken und anderen bei Hongkonger
Demonstranten beliebten Ausrüstungsgegenständen in die chinesische
Sonderverwaltungsregion gestoppt. Der Zoll erlaube auch nicht mehr die
Ausfuhr von gelben Warnwesten, schwarzer Kleidung, Megafonen,
Sprechfunkgeräten, Drohnen, Schutzgläsern, Taschenlampen, Eisenstangen oder
Schlagstöcken.
NaN NaN
## LINKS
[1] https://www.scmp.com/news/hong-kong/law-and-crime/article/3033256/jimmy-sha…
[2] http://www.civilhrfront.org/
[3] /Massenproteste-in-Hongkong/!5628515
[4] https://www.hongkongfp.com/2019/10/16/breaking-hong-kong-protest-leader-jim…
[5] https://www.scmp.com/news/hong-kong/politics/article/3033328/government-con…
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Hongkong
Massenproteste
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