# taz.de -- Apple löscht Protestapp aus Hongkong: Die Partei hat immer recht | |
> Eine bei Protestierenden beliebte App wird von Apple entfernt. Vorgeblich | |
> deshalb, weil sie für individuelle Attacken auf Polizisten genutzt wurde. | |
Bild: Ansicht der gesperrten App Hkmap.live | |
Drei Jahrzehnte sind die großen Umwälzungen her, die das Ende der zumindest | |
nominell kommunistischen Einparteienherrschaften in den meisten | |
Ostblockstaaten brachten. Ein paar gibt es natürlich noch, allen voran die | |
Weltwirtschaftsmacht China. Die dortige Staatsführung hat nun einen neuen | |
Parteigänger gefunden. | |
Am Mittwoch [1][nahm Apple eine Anwendung aus seinem App Store]. Das | |
passiert immer wieder, wegen technischer Probleme oder Verletzung der | |
Richtlinien des Unternehmens. So etwas sorgt sonst nicht für großes | |
Aufsehen. Mit der gerade entfernten, in Hongkong sehr populären App | |
Hkmap.live ist das anders. So anders, dass Apple-Chef Tim Cook sich zu | |
einer Stellungnahme genötigt sah. Hkmap.live war beliebt bei | |
Protestierenden in Hongkong, weil die App automatisiert Echtzeitdaten über | |
Polizeieinsätze in der Stadt aggregierte. | |
In [2][einer firmenweiten Mitteilung erklärt Cook nun], dass die App | |
genutzt wurde, um einzelne Polizisten zu lokalisieren und anzugreifen. | |
Außerdem seien Orte identifiziert worden, die ohne Polizeischutz leichte | |
Ziele für Vandalismus waren. Als Quelle für diese Behauptungen nennt Cook | |
Behörden aus Hongkong. Nun ist der beschriebene Missbrauch der App | |
technisch kaum zu bewerkstelligen. Nach Angaben der Entwickler werden nicht | |
einzelne Polizisten, sondern Großeinsätze dargestellt. Individuelle | |
Angriffsziele sind so kaum auszuspähen. Auch enthalten Berichte aus | |
Hongkong zwar eine Menge [3][Belege für polizeiliche Übergriffe oder | |
Zusammenstöße größerer Gruppen], für die behaupteten Überfälle aber eher | |
nicht. | |
Die Unterstellungen gegen die Protestierenden und die App wirken weniger | |
wie geprüfte Fakten, sondern machen mehr den Eindruck einer unkritischen | |
Übernahme von Parteirichtlinien und -propaganda. Das war schon vor zwei | |
Jahren so, als der Konzern [4][die App der New York Times, wegen des | |
„Verstoßes gegen lokale Regularien“ aus dem chinesischen Appstore strich]. | |
Tim Cook hat also offenbar sein Herz für den Staatssozialismus entdeckt. | |
Oder einfach nur auf Druck aus Peking reagiert. Schließlich lässt Apple | |
einen Großteil seiner Produktpalette preisgünstig (sprich: ohne lästige | |
Einflussnahme von Gewerkschaften) in China zusammenschrauben. Und der | |
chinesische Markt mit mehr als 240 Millionen verkauften iPhones ist auch | |
nicht zu verachten. Da erspart man sich lieber Ärger mit der weisen | |
Parteiführung. Willkommen auf der Siegerseite der Geschichte, Genosse Cook. | |
11 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] /US-Konzern-knickt-ein/!5628918 | |
[2] https://pastebin.com/dFyftCuZ | |
[3] /Hongkong-nach-dem-Vermummungsverbot/!5628343 | |
[4] /Zensur-in-China/!5368659 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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