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# taz.de -- Wahlen in Portugal: Wenn linke Politik erfolgreich ist
> Portugal bewegt sich gegen den weltweiten Trend. Die regierenden
> Sozialisten scheinen am Sonntag auf einen klaren Wahlsieg hoffen zu
> können.
Bild: Bei ihnen läuft es – im Gegensatz zu KollegInnen im Rest Europas: Port…
Madrid taz | Wenn die Portugiesen am kommenden Sonntag wählen, geht es
nicht darum, wer die Wahlen gewinnt, sondern wie er sie gewinnt.
Ministerpräsident António Costa führt seit Monaten mit seiner
Sozialistischen Partei (PS) die Umfragen mit über 37 Prozent deutlich an.
Die konservative Sozialdemokratische Partei (PSD) von Rui Rio liegt weit
abgeschlagen um die 10 Prozentpunkte dahinter. Für Costa geht es nur noch
darum, was für eine Mehrheit er letztendlich erzielt. Davon hängt ab,wie
leicht es für ihn sein wird, Unterstützung von anderen Parteien zu
bekommen. „Wir brauchen eine starke Sozialistische Partei, um die
Stabilität in Portugal zu gewährleisten“, wirbt Costa und verweist auf das,
was er seit 2015 geleistet hat.
Damals verlor der heute 58-jährige Jurist die Wahlen. Doch als die
siegreiche PSD keine Regierungsmehrheit zustande bekam, arbeitete Costa mit
dem linksalternativen Bloco de Equerda (Linksblock) (BE) und der
Kommunistischen Partei (PC) ein Regierungsprogramm aus. Niemand setzte auch
nur einen Cent auf das Linksbündnis, das die Presse „Klappergerüst“ nannt…
Doch es funktionierte.
Costa nahm wichtige Teile der Sparpolitik seiner konservativen und auch
sozialistischen Vorgänger zurück. Der Mindestlohn wurde von 500 auf 600
Euro angehoben, die Renten wieder an die Preissteigerung angepasst. Er nahm
Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst zurück, senkte die Steuern für
Familien und niedrige Einkommen und hob sie für Besserverdienende an.
Im öffentlichen Dienst wurde die Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden gesenkt.
Außerdem führte Costa einen Teil der von der konservativen
Vorgängerregierung gestrichenen Feiertage wieder ein. Ein niedrigerer
Mehrwertsteuersatz (13 statt 23 Prozent) für das Hotel und
Gaststättengewerbe steigert zudem die Wettbewerbsfähigkeit des Landes.
## Das „portugiesische Wunder“
Die Binnennachfrage wuchs. Die Wirtschaft erholte sich. Die
Arbeitslosigkeit sank von knapp 13 Prozent auf etwas über 6 Prozent. Das
wiederum füllte die Staatskassen. Portugal verließ den EU-Rettungsschirm,
zahlt die Schulden bei EU und Internationalem Währungsfonds schneller ab
als vereinbart. Das [1][Haushaltsdefizit] sank von 4,4 auf 0,2 Prozent, die
Staatsverschuldung von 129,8 auf 116 Prozent. Längst ist vom
„portugiesischen Wunder“ die Rede.
Costa ist so beliebt wie nie. Hatten seine Sozialisten bisher nur 86 der
230 Abgeordneten in der Versammlung der Republik, darf der
Ministerpräsident jetzt auf deutlich über 100 hoffen. Mithilfe kleinerer
Parteien kann er leicht eine erneute Mehrheit zustande bringen.
Doch vor allem der BE, drittstärkste Partei im Parlament, will es dem
Sozialisten dieses Mal nicht so einfach machen. Die Spitzenkandidatin der
Linksalternativen, Catarina Martins, will eine Koalition mit den
Sozialisten eingehen, statt wie bisher eine Minderheitsregierung zu
dulden. „Dazu brauchen wir mehr Stimmen“, wirbt sie auf den
Wahlkampfveranstaltungen. Costa will genau das vermeiden. Er wünscht sich
„einen deutlichen Sieg, um eine politische Blockade zu verhindern“.
Jeder in Portugal weiß, was Costa damit meint. Im benachbarten Spanien
[2][scheiterte die Regierungsbildung eben an der Frage einer Koalition.]
Die dortige Schwesterpartei des BE, die linksalternative Unidas Podemos,
bestand auf einer Beteiligung an der Regierung, der siegreiche Sozialist
Pedro Sánchez lehnte dies ab. Die Folge: Im November wird Spanien erneut
wählen, zum vierten Mal in nur vier Jahren. „Warum eine gute Freundschaft
mit einer schlechten Heirat zerstören?“, richtet sich Costa auf
Wahlkampfveranstaltungen und in Interviews immer wieder an den BE.
4 Oct 2019
## LINKS
[1] /Defizitverfahren-gegen-Spanien/!5600202
[2] /Spaniens-gescheiterte-Regierungsbildung/!5624580
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Portugal
Sozialisten
Parlamentswahlen
Spanien
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Europa
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