# taz.de -- Ermittlungen zum Hannibal-Komplex: Anklage gegen „Nordkreuz“-Gr… | |
> Ein Ex-Polizist soll massenhaft Munition gehortet haben. Was er damit | |
> vorhatte, spielt juristisch keine Rolle. | |
Bild: Angeklagt: ein Ex-Polizist und Prepper der „Nordkreuz“-Gruppe | |
BERLIN taz | Die Staatsanwaltschaft Schwerin hat Anklage gegen den | |
Administrator der rechten Prepper-Gruppe „Nordkreuz“ in | |
Mecklenburg-Vorpommern erhoben. Wie die Behörde am Donnerstag mitteilte, | |
soll der ehemalige SEK-Polizist insgesamt knapp 60.000 Schuss Munition | |
gehortet haben. Der Vorwurf lautet auf Verstoß gegen das | |
Kriegeswaffenkontrollgesetz, das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz. | |
Darauf stehen bis zu fünf Jahre Haft. | |
Den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge hat Marko G. Ende 2016 die | |
Chatggruppen „Nordkreuz“ und „Nord Com“ gegründet, in denen sich so | |
genannte Prepper auf einen „Tag X“ vorbereiteten. Darunter verstanden die | |
Mitglieder eine Naturkatastrophe, Krieg oder ein anderes | |
Katastrophenszenario, nach taz-Recherchen auch den Zuzug von Flüchtlingen. | |
Gegen zwei Mitglieder der Gruppe ermittelt der Generalbundesanwalt wegen | |
der „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“. Ein Anwalt | |
und ein Kriminalpolizist aus Mecklenburg-Vorpommern [1][sollen | |
Feindeslisten angelegt und die Tötung politischer Gegner besprochen haben]. | |
Es wurden Materiallisten mit Leichensäcken und Löschkalk darauf gefunden, | |
wie es bei Massengräbern eingesetzt wird. | |
Marko G. sei die Aufgabe zugefallen, „Munition und Waffen für die Gruppe zu | |
beschaffen und zu horten“, heißt es in der Mitteilung der | |
Staatsanwaltschaft. Dennoch spielten bei der jetzigen Anklage G.s | |
Aktivitäten bei „Nordkreuz“ und die mögliche Verwendung der Munition keine | |
Rolle, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft der taz sagte. Es gehe | |
lediglich um den illegalen Besitz und die unsachgemäße Lagerung von Waffen | |
und Munition. Auch gebe es in Schwerin keine weiteren Ermittlungen im | |
„Nordkreuz“-Bereich. | |
Oppositionspolitiker des Bundestages äußern ihr Unverständnis darüber, dass | |
die Munitionsfunde und die Terrorermittlungen gegen „Nordkreuz“-Mitglieder | |
getrennt geführt werden. Der grüne Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte | |
der taz, es sei „befremdlich“, dass offenbar die | |
Prepping-Selbstschutz-Behauptung von Marko G. zur These der Anklage gemacht | |
werde. „Ein Szenario in dem Deutschland in absehbarer Zeit ins Chaos | |
stürzt, so dass sich Scharfschützen des SEK, AfD-Mitglieder und Reservisten | |
privat mit Kriegswaffen eindecken müssen, ist eine groteske Erzählung“, | |
sagt der Innenexperte. | |
## Maschinenpistole aus Beständen der Bundeswehr | |
Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser betont: „Die Nordkreuz-Gruppe | |
scheint auch klar eine Ausschaltung von politisch Andersdenkenden | |
einkalkuliert zu haben.“ Die politische Dimension im Fall Nordkreuz müsse | |
weiter auf der Agenda der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden | |
bleiben, so Strasser zur taz. | |
Bereits vor zwei Jahren waren bei Marko G. rund 23.800 Schuss Munition, | |
diverse Waffen und Blendgranaten gefunden worden, damals galt er noch als | |
Zeuge. Ihm wurden damals „sämtliche Waffenbesitzkarten“ abgenommen. Im Juni | |
wurde erneut Marko G.s Wohnhaus und ein vom genutzter Bungalow durchsucht. | |
Dieses Mal wurden weitere rund 31.500 Schuss Munition gefunden, darunter | |
befanden sich den Angaben zufolge rund 1.400 Stück Gewehrmunition, die dem | |
Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegt und legal deshalb ausschließlich an | |
Polizei und Armee verkauft wird. Nach taz-Informationen war die Munition | |
teilweise vergraben. Ebenso wurde eine Maschinenpistole der Marke Uzi | |
inklusive Schalldämpfer sichergestellt, die der Staatsanwaltschaft zufolge | |
Ende 1993 in Brandenburg aus Bundesbewehrbeständen entwendet worden war. | |
Die Staatsanwaltschaft Schwerin ermittelt nach wie vor gegen drei weitere | |
aktuelle und ehemalige Polizisten aus Mecklenburg-Vorpommern, die Munition | |
aus Polizeibeständen geklaut und an Marko G. weitergegeben haben sollen. | |
Von ihnen sitzt inzwischen keiner mehr in Untersuchungshaft. Die | |
„Nordkreuz“-Gruppe ist eine von mehreren Chatgruppen bei Telegram, die vom | |
[2][Bundeswehrsoldaten André S. alias Hannibal] ins Leben gerufen wurden. | |
Auch der Soldat Franco A., der als Syrer getarnt Terroranschläge geplant | |
haben soll, war Mitglied in der süddeutschen Gruppe. | |
Im Süden gab es taz-Recherchen zufolge große Überschneidungen zwischen der | |
Preppergruppe und dem Verein Uniter e.V., in dem sich unter anderem aktive | |
und ehemalige Spezialkräfte von Bundeswehr und Polizei zusammengeschlossen | |
haben. Der Verein betont: „Uniter ist kein rechtsextremistischer Verein und | |
erst recht auch keine rechtsterroristische Vereinigung!“ Der | |
Generalbundesanwalt hat zu Uniter einen Beobachtungsvorgang angelegt, das | |
ist eine Vorstufe zu einem möglichen Ermittlungsverfahren. | |
19 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
Christina Schmidt | |
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