# taz.de -- Kennzeichnungspflicht für Polizisten: Für Bürgernähe, gegen Pol… | |
> Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: Polizisten können zum | |
> Tragen eines Namens- oder Nummernschilds verpflichtet werden. | |
Bild: Die Kennzeichnungspflicht verstößt nicht gegen die Grundrechte | |
Polizisten können verpflichtet werden, im Dienst ein Namensschild zu | |
tragen. Dies entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. | |
Erforderlich ist aber eine gesetzliche Regelung im jeweiligen Bundesland. | |
Die meisten Länder mit Kennzeichnungspflicht müssen deshalb nachbessern. | |
In Brandenburg besteht die Kennzeichnungspflicht seit 2013. Wenn ein | |
Polizist Uniform trägt, muss er dabei ein Namensschild anstecken. Bei | |
Einsätzen in geschlossenen Einheiten der Bereitschaftspolizei ist nur eine | |
Kennzeichnung durch Buchstaben und Zahlen erforderlich, die eine | |
nachträgliche Identifizierung erlaubt. Keine Kennzeichnung wird von | |
Personenschützern und den Mitgliedern von Sondereinsatzkommandos verlangt. | |
Die Polizei-Kennzeichnung verfolgt zwei Ziele. Zum einen soll die Polizei | |
transparent und bürgernah wirken. Der einzelne Beamte soll in der Regel mit | |
Namen ansprechbar sein. Zum anderen sollen Ermittlungen erleichtert werden, | |
wenn Polizisten rechtswidriges Verhalten, zum Beispiel [1][unnötiger | |
Gewalteinsatz] bei Demonstrationen, vorgeworfen wird. | |
Geklagt hatten eine Polizeihauptkommissarin und ein Polizeihauptmeister aus | |
Brandenburg, die beide von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) unterstützt | |
werden. Sie wenden sich vor allem gegen die Pflicht zum Namensschild. „Wir | |
haben beide Namen, die es in Brandenburg nur selten gibt“, sagten sie. Über | |
eine einfache Google-Recherche lasse sich so herausfinden, in welchem Ort | |
sie wohnen und in welchen Vereinen sie aktiv seien. Sie haben vor allem | |
Sorge vor Nachstellungen von so genannten Reichsbürgern und den Mitgliedern | |
krimineller Großfamilien. Die Kennzeichnungspflicht halten sie für einen | |
unverhältnismäßigen Eingriff in ihr Recht auf informationelle | |
Selbstbestimmung. | |
## Kennzeichnungspflicht legitim und verhältnismäßig | |
Das Bundesverwaltungsgericht lehnte nun die Klage der beiden PolizistInnen | |
ab. Die Kennzeichnungspflicht verfolge legitime Ziele und sei | |
verhältnismäßig. Allerdings stufte das Gericht die Kennzeichnungspflicht | |
als Grundrechtseingriff ein, für den eine gesetzliche Regelung erforderlich | |
ist. Dies gelte nicht nur für das Namensschild, sondern auch für die | |
Nummern bei geschlossenen Einheiten. | |
Die Kennzeichnungspflicht sei auch verhältnismäßig, so das Gericht. In der | |
Verhandlung sprach der Vorsitzende Richter Ulf Domgörgen zwei Mechanismen | |
an, die die Kennzeichnungspflicht abmildern. Wenn Einsätze mit Namensschild | |
brenzlig werden, dürfen Brandenburger Polizisten selbständig (also ohne | |
Rücksprache mit Vorgesetzten) das Namensschild entfernen. Und bei Einsätzen | |
in geschlossenen Einheiten können Polizisten zum Selbstschutz immer wieder | |
eine neue Nummer beantragen. „Dass die Polizisten hiervon bisher keinen | |
Gebrauch machen, kann nicht dem Gesetz angelastet werden“, sagte Richter | |
Domgörgen. | |
Das Leipziger Urteil hat bundesweite Bedeutung. Es stellt fest, dass | |
Polizisten per Gesetz zur [2][Transparenz] verpflichtet werden können, dass | |
dies also keine Verletzung der Grundrechte der Polizisten darstellt. | |
Allerdings haben von neun Bundesländern, die bisher eine Kennzeichnung | |
vorsehen, nur Brandenburg und Sachsen-Anhalt eine entsprechende gesetzliche | |
Regelung. Die anderen sieben Bundesländer (Berlin, Bremen, Hessen, | |
Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen) | |
haben die Polizisten nur durch Verwaltungsvorschriften ohne | |
Parlamentsbeschluss verpflichtet. Das genügt offensichtlich nicht. | |
Die Länder, die bisher keine obligatorische Kennzeichnung haben, etwa | |
Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, sind nun zwar nicht zur | |
Einführung gezwungen. Allerdings wies Richter Domgörgen auf Urteile des | |
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hin, die eine Einführung | |
zumindest nahelegen. | |
26 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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