# taz.de -- Bundesverwaltungsgericht zu Facebook: Fanpage-Betreiber haften | |
> Datenschützer können gegen Unternehmensseiten auf Facebook vorgehen. Denn | |
> diese können als „Türöffner“ zum Datenmissbrauch dienen. | |
Bild: Hat sich mal wieder mit „fehlender Kooperationsbereitschaft“ beliebt … | |
Leipzig taz | Datenschutzbehörden dürfen Unternehmen verpflichten, ihre | |
Seiten bei Facebook abzuschalten, wenn Facebook den Datenschutz missachtet. | |
Das entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht in einem Grundsatzurteil. | |
Betroffen sind Facebook-Fanpages aller Art. | |
Der Konflikt begann schon 2011. Die Datenschutzbehörde von | |
Schleswig-Holstein verschickte exemplarisch an 15 private und öffentliche | |
Stellen „Beanstandungen“, weil sie für ihre Öffentlichkeitsarbeit Fanseit… | |
bei Facebook eingerichtet hatten. Eine Fanseite ist eine Art Homepage, die | |
die Infrastruktur von Facebook nutzt. Für Unternehmen, Behörden, Vereine | |
oder Bands ist dies ein kostengünstiger Weg, sich zu präsentieren und den | |
Kontakt mit Interessenten zu pflegen. | |
Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Kiel monierte | |
jedoch, dass niemand die Besucher dieser Seiten um Erlaubnis dafür gefragt | |
habe, dass ihre Daten an Facebook abfließen. Dies verstoße gegen den | |
Datenschutz. Die Betreiber sollten ihre Fanseiten bei Facebook deshalb | |
„deaktivieren“, so die ULD-Bescheide. | |
Nachdem das ULD seine 15 Beanstandungen verschickt hatte, schalteten manche | |
Empfänger ihre Fanpage tatsächlich ab, andere ignorieren den Rüffel. Nur | |
ein einziger Empfänger klagte vor Gericht: die Wirtschaftsakademie | |
Schleswig-Holstein, ein privater Bildungsträger. Für diese Klage ist Marit | |
Hansen, die Datenschutzbeauftragte des Landes, der Akademie fast dankbar. | |
Denn der Rechtstreit hat eine grundsätzliche Klärung ermöglicht. | |
## Umstrittene Macht von Facebook | |
Zunächst hatte die Akademie allerdings mit ihrer Klage Erfolg. Sowohl das | |
Verwaltungsgericht in Schleswig als auch das dortige Oberverwaltungsgericht | |
(OVG) hielten den ULD-Bescheid für rechtswidrig. Die Datenschützer dürften | |
nicht gegen Fanpage-Betreiber vorgehen, diese hätten keinen Einfluss auf | |
die Datenverarbeitung von Facebook. | |
Auf Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts [1][entschied allerdings der | |
Europäische Gerichtshof (EuGH) im Juni 2018], dass auch die | |
Fanpage-Betreiber für den Datenschutz ihrer Seiten verantwortlich sind, | |
nicht allein Facebook. | |
Nun lag der Fall also wieder beim Bundesverwaltungsgericht. Dort | |
argumentierte die Wirtschaftsakademie: „Die Datenverarbeitung von Facebook | |
wird uns nur aufgedrängt“, man habe keinerlei eigenes Interesse daran. Doch | |
das ließen die Richter nicht gelten: „Das ist doch ein Tausch: Sie bekommen | |
von Facebook eine kostenlose Homepage und dafür darf Facebook auf ihrer | |
Seite Cookies setzen“, argumentierte Richter Carsten Tegethoff. Die | |
Wirtschaftsakademie könne sich nicht hinstellen und alle Schuld von sich | |
weisen. „Es gibt keinen größeren Beitrag, als Facebook die Daten zur | |
Verfügung zu stellen“, so Tegethoff in der Verhandlung. | |
## „Fehlende Kooperationsbereitschaft“ von Facebook | |
Letztlich folgten die Leipziger Richter dem EuGH und erklärten die | |
Fanseiten-Betreiber für mitverantwortlich für Facebooks | |
Datenschutz-Verstöße. Die Wirtschaftsakademie sei „Türöffner“ für Face… | |
sagte der Vorsitzende Richter Ingo Kraft bei der Urteilsverkündung. | |
Grundsätzlich dürfen Datenschutzbehörden also gegen Fanpage-Betreiber | |
vorgehen. Das war nach dem EuGH-Urteil aber auch zu erwarten. | |
Die eigentlich spannende Frage war in Leipzig eine andere: Hätte das ULD | |
nicht erst einmal direkt gegen Facebook vorgehen müssen, bevor es die | |
Fanpage-Betreiber angeht? Doch auch hier billigte das Gericht den Ansatz | |
des ULD. Richter Kraft verwies auf die bisher „fehlende | |
Kooperationsbereitschaft“ von Facebook. Der „Effektivitätsgrundsatz“ | |
spreche dafür, direkt gegen die Seitenbetreiber in Deutschland vorzugehen. | |
Es sei auch „verhältnismäßig“, die Seitenbetreiber sofort zur Stilllegung | |
ihrer Fanseiten aufzufordern. Die Datenschützer hätten kein anderes Mittel, | |
mögliche Datenschutzverstöße abzustellen. | |
Eigentlich hat die Datenschutz-Behörde damit auf ganzer Linie gewonnen. | |
Dennoch hat das Bundesverwaltungsgericht den Prozess noch nicht endgültig | |
entschieden, sondern an das OVG Schleswig zurückverwiesen. Denn weil die | |
Schleswiger Gerichte das ULD-Vorgehen gegen die Wirtschaftsakademie | |
generell ablehnten, prüften sie erst gar nicht, ob Facebook tatsächlich | |
rechtswidrig Daten der Fanpage-Besucher verarbeitet. Dies muss das OVG nun | |
nachholen. Für ULD-Chefin Marit Hansen ist das aber nur noch „Formsache“. | |
Sie will nun auch gegen viele andere Betreiber von Facebook-Fanseiten | |
vorgehen. Hansen hofft, dass bald andere Landesbehörden folgen und Facebook | |
früher oder später einlenken wird. | |
[2][Az.: 6 C 15.18] | |
12 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=202543&a… | |
[2] https://www.bverwg.de/pm/2019/62 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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