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# taz.de -- Facebook kauft „Ctrl-Labs“: Endlich Cyborgs!
> Mit der Hardware von Ctrl-Labs lassen sich Computer durch Gedanken
> kontrollieren. Das bietet viele Chancen – die nun Facebook nutzen will.
Bild: Einloggen bei Facebook nur durch Gedankenkraft: Ist das bald möglich?
Die gute Nachricht zuerst: Facebook hat mit dem Erwerb der Firma Ctrl-Labs
keinen Schlüssel für die Tür direkt in unsere Gehirne gekauft. Ctrl-Labs
entwickelt Hardware, die es ermöglichen soll, Geräte „nur mit Gedanken zu
kontrollieren“. Ein bislang noch etwas klobig wirkendes Armband mit vielen
Elektroden, liest dabei jedoch [1][nicht die Gedanken selbst], sondern
misst die in ihrer Folge entstehenden elektrischen Signale, zum Beispiel
Kommandos an Finger, bestimmte Buchstaben auf einer Tastatur anzutippen.
Das Potenzial einer solchen Technologie ist gewaltig, auch wenn sie nicht
das Innerste des Menschen auslesen kann.
Die uns alltäglich begleitenden digitalen Geräte sind in der Lage, in
kürzester Zeit eine schier unendlich scheinende Zahl an Rechenoperationen
auszuführen. Auch das menschliche Gehirn operiert deutlich schneller, als
Finger jemals tippen könnten. Das Interface, also Maus, Tastatur,
Touchscreen und dergleichen, ist der Flaschenhals, der die Kommunikation
zwischen Mensch und Maschine erheblich verlangsamt. Auch der atemberaubende
Wirbelwind, den Teenager mit den Händen auf ihren Smartphones erzeugen, ist
nichts gegen den, der in ihren Köpfen stattfindet.
Unsere Fähigkeiten für Wahrnehmung und Verarbeitung von Information in
Kombination mit dem Leistungspotenzial von Computern werden also durch
unsere eigene Motorik merklich gebremst. Das Interface direkter zu
gestalten, ist eine nur logische Fortentwicklung der Computertechnik.
Menschliche Hände konnten wegen ihrer Langsamkeit als sinnvolle Überträger
menschlicher Befehle an Maschinen ohnehin nur eine Zwischenlösung sein.
Selbst Lösungsansätze wie Sprachsteuerung würden von einem zuverlässig
funktionsfähigen und für den Massenmarkt tauglichen Armband wie dem von
Ctrl-Labs weit in den Schatten gestellt.
Die Anwendungsmöglichkeiten wären praktisch unbegrenzt. Militärisch ist der
Nutzen einer Technologie, die die Lücke zwischen Entscheidung und
Ausführung von Befehlen verkleinert, selbsterklärend. Gleiches gilt aber
auch für jede nur denkbare zivile Anwendung.
Wie schnell könnten Texte geschrieben, Tabellen befüllt, könnte eine
Auswahl getroffen werden? Die erste Gamerin mit einem von ihren sichtbaren
physischen Funktionen unabhängigen Interface wäre allen anderen um ein
Vielfaches überlegen. Menschen mit selbst schwersten körperlichen
Beeinträchtigungen könnten Kommunikation und Teilhabe deutlich vereinfacht
werden, solange ihr Gehirn nur messbare Impulse aussendet, egal, ob Hände,
Beine oder Zunge ihnen gehorchen.
## Jetzt die schlechte Nachricht
Ein [2][engeres Zusammenwachsen zwischen Mensch und Maschine] selbst ohne
Scifi-Cyborg-Implantate erweitert also die Möglichkeit für ein
selbstbestimmteres und produktiveres Leben. Und jetzt die schlechte
Nachricht: Facebook hat mit Ctrl-Labs ein in dieser Technologie weit
fortgeschrittenes Unternehmen gekauft.
Wie so oft, resultierte somit ein über öffentliche Förderung der
Grundlagenforschung entstandenes Konzept – die Firmengründer waren an der
Columbia University tätig – in monetarisierbaren Patenten, deren Profite am
Ende in private Taschen fließen. Der Kaufpreis für Ctrl-Labs wird auf eine
Milliarde US-Dollar geschätzt.
Facebooks Interesse in diesem Spiel ist klar. Der Konzern will die Nutzung
seiner Plattformen so einfach und intuitiv wie möglich machen. Ist der
Flaschenhals des Mensch-Maschine-Interfaces erst einmal verbreitert, können
wir ohne weiteren Zeitverlust noch mehr Posts, Messages und Bilder
verschicken. Die sind es schließlich, die in ihrer Summe alles über uns
preisgeben und uns zu einem so lohnenswerten Produkt für Datensammler wie
Facebook machen.
Mark Zuckerberg benötigt gar keinen Schlüssel für die Tür zu unseren
Gehirnen, denn den liefern wir selber. [3][Das geschieht ganz freiwillig,
jeden Tag aufs Neue] – und in Zukunft dann noch schneller. Die
Rechenzentren warten auf Futter.
24 Sep 2019
## LINKS
[1] /Hightech-Prothesen/!5019561
[2] /Kolumne-Nullen-und-Einsen/!5396420
[3] /Facebook-Nutzerdaten-aufgetaucht/!5623705
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
## TAGS
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