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# taz.de -- EuGH zu Ergebnissen von Suchmaschinen: Google muss nur EU-weit lös…
> Das „Recht auf Vergessenwerden“ gilt nicht weltweit, entscheidet der
> Europäische Gerichtshof. Nationale Gerichte können aber weiter gehen.
Bild: Der Anspruch betrifft nur die Google-Trefferliste, nicht die Original-Que…
Karlsruhe taz | Das sogenannte Recht auf Vergessenwerden gilt derzeit nur
in der EU, nicht für alle weltweiten Google-Versionen. Das entschied der
Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Grundsatzurteil. In einer zweiten
Entscheidung präzisierte er, wann Anspruch auf Auslistung aus
Google-Trefferlisten besteht.
Im Mai 2014 hatte der EuGH [1][mit seinem „Google Spain“-Urteil für einen
Paukenschlag gesorgt]. Eine Privatperson kann seither von Google verlangen,
dass bestimmte Links in den Suchergebnissen zu ihrer Person nicht mehr
auftauchen. Dieser Anspruch ist nicht auf rechtswidrige oder veraltete
Inhalte beschränkt. Niemand müsse dulden, dass über ihn umfassende Profile
angefertigt werden. Ausnahmen soll es nur bei Personen des öffentlichen
Lebens geben. Der Anspruch betrifft nur die Google-Trefferliste, nicht die
Original-Quelle im Internet.
Seither hat Google EU-weit 846.000 Anträge auf Auslistung aus Trefferlisten
erhalten, die 3,3 Millionen Webseiten betreffen. Davon stammen 139.000
Anträge aus Deutschland. EU-weit gab der Suchmaschinen-Betreiber nur 45
Prozent der Anträge statt, in Deutschland lag die Erfolgsquote bei 49
Prozent.
## Französische Initiative
Von Beginn an war umstritten, ob das Recht auf Vergessenwerden weltweit
gilt. Die französische Datenschutzbehörde vertritt diese Auffassung und
forderte Google auf, Auslistungen bei allen Versionen seiner Suchmaschine
weltweit vorzunehmen. Google weigerte sich und wurde deshalb mit einem
Bußgeld in Höhe von 100.000 Euro belegt. Das höchste französische
Verwaltungsgericht bat den EuGH um Auslegung des EU-Datenschutzrechts.
Der EuGH entschied nun, dass der Auslistungsanspruch nach derzeitigem Stand
des EU-Rechts nicht für weltweit alle Versionen einer Suchmaschine gilt,
sondern nur für die Versionen, die in den 28 EU-Mitgliedstaaten
gebräuchlich sind. Gemeint sind also zum Beispiel google.de und google.fr,
aber nicht google.in, die indische Version.
Allerdings muss Google die Nutzer, die sich in EU-Staaten befinden,
„zuverlässig davon abhalten“, auf Google-Versionen außerhalb der EU
zuzugreifen. Vollständig wird dies zwar kaum gelingen, doch der Aufwand für
Nutzer dürfte steigen.
Außerdem, so der EuGH, können nationale Gerichte Google durchaus zu
weltweiter Auslistung verpflichten, wenn sich dies aus nationalem Recht
ergibt. Das EU-Recht verbiete die weltweite Auslistung nicht. In
Deutschland müsste dies der Bundesgerichtshof entscheiden.
## Präzisere Prüfanforderungen
In einem zweiten Urteil, das auch auf eine Vorlage des französischen
Verwaltungsgerichts zurückgeht, präzisierte der EuGH die Prüfanforderungen
an Google und andere Suchmaschinenbetreiber. Konkret ging es um vier Fälle
von Personen, deren Auslistungsanträge von Google abgelehnt wurden. Geklagt
hatte unter anderem ein Straftäter, der wegen sexuellem Missbrauch von
Jugendlichen verurteilt worden war, und ein Politiker der französischen
Republikaner, der in eine Parteispendenaffäre verwickelt war – wobei das
Verfahren später eingestellt wurde. Alle beriefen sich darauf, dass das
EU-Recht „sensible Daten“ besonders schützt, also insbesondere Daten über
Gesundheit und Sexualleben, ethnische Herkunft und politische
Überzeugungen.
Wie der EuGH nun bekräftigte, gelten die Datenschutzanforderungen auch für
eine Suchmaschine. Dies führe aber nicht dazu, dass Google allen
Auslistungsanträgen stattgeben müsse. Vielmehr ist jeweils eine Abwägung
erforderlich.
Danach überwiegen die Persönlichkeitsrechte „grundsätzlich“ das
Informationsinteresse der Öffentlichkeit sowie die Meinungsfreiheit der
Verfasser der jeweiligen Beiträge. Je nach der Rolle, die der Antragsteller
im öffentlichen Leben spielt, kann das Ergebnis aber auch anders ausgehen.
Je bekannter und wichtiger eine Person ist, umso weniger kann sie also ihr
öffentliches Bild über Auslistungsanträge an Google steuern.
## Aktuelle Rechtslage muss sich spiegeln
Spezielle Vorgaben machte der EuGH für Links auf inzwischen überholte
Informationen zu Gerichtsverfahren. Diese seien grundsätzlich auszulisten.
Gemeint ist zum Beispiel der Link auf einen Bericht über die
Anklage-Erhebung, wenn der Betroffene später freigesprochen wurde.
Anderes gilt aber wiederum bei prominenten Personen. Falls hier ein Link
ausnahmsweise doch in der Trefferliste verbleiben kann, muss Google künftig
dafür sorgen, dass er nicht ganz oben steht. Das „Gesamtbild“ soll für die
Internetnutzer die „aktuelle Rechtslage“ widerspiegeln, so der EuGH.
Informationen über den Freispruch müssten künftig also weiter oben in der
Trefferliste stehen als Links zu Berichten über die Anklage-Erhebung.
Anspruch auf eine entsprechende Neuordnung der Trefferliste hat ein
Betroffener aber erst, wenn er einen Auslistungsantrag gestellt hat. Google
muss also nicht permanent prüfen, wie Gerichtsverfahren ausgegangen sind.
(Az.: C-507/17 und C-136/17)
24 Sep 2019
## LINKS
[1] /Urteil-des-Europaeischen-Gerichtshofs/!5042418
## AUTOREN
Christian Rath
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