| # taz.de -- Der Fall Metzelder: Sorgfalt bei Verdacht | |
| > Die Polizei ermittelt gegen Ex-Fußballnationalspieler Christoph | |
| > Metzelder. Was bei der Berichterstattung jetzt beachtet werden muss. | |
| Bild: Gegen Christoph Metzelder wird ermittelt. Trotzdem gilt zunächst die Uns… | |
| Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat ein Ermittlungsverfahren wegen | |
| Verbreitung von Kinderpornografie gegen den Ex-Fußballnationalspieler | |
| Christoph Metzelder eingeleitet. Er soll einer ihm bekannten Frau per | |
| WhatsApp rund ein Dutzend kinderpornografische Photos zugeschickt haben. | |
| Die Polizei wurde von der Bild-Zeitung schon vor mehreren Wochen auf den | |
| Vorgang hingewiesen. Das Boulevardblatt berichtete am Mittwoch als erstes | |
| Medium über die Ermittlungen. Inzwischen sind zahlreiche andere Medien | |
| gefolgt. | |
| Für Metzelder gilt bis zu einem rechtskräftigen Strafurteil die | |
| Unschuldsvermutung. Dennoch dürfen Medien über den Verdacht berichten, wenn | |
| sie gewisse Sorgfaltspflichten einhalten. Diese Regeln der | |
| [1][Verdachtsberichterstattung] hat vor allem der Bundesgerichtshof | |
| aufgestellt, sie gelten schon seit Jahrzehnten – nicht nur bei laufenden | |
| Strafprozessen, sondern immer, wenn eine nachteilige journalistische | |
| Aussage noch nicht beweisbar ist. Danach gelten vor allem folgende vier | |
| Bedingungen: | |
| Erstens muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, | |
| dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit | |
| gerechtfertigt ist. Entweder muss also die Straftat besonderes Gewicht | |
| haben oder die Person des Verdächtigem von besonderem Interesse sein. Wenn | |
| ein bekannter Sportler wie Metzelder, der sich selbst mit einer Stiftung | |
| für Kinder einsetzt, gerade unter Kinderpornografie-Verdacht gerät, ist das | |
| von großem öffentlichen Interesse. | |
| Zweitens muss an dem Verdacht etwas dran sein, Spekulationen sind nicht | |
| zulässig. Je gravierender der Verdacht, desto stichhaltiger müssen die | |
| Beweise sein. Die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft ein | |
| Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, genügt nicht. Denn ermitteln muss die | |
| Justiz bei jedem Anfangsverdacht, das heißt, wenn sie in schlüssiger Form | |
| auf Vorgänge hingewiesen wird, die strafbar wären. Wenn es allerdings | |
| bereits Beschlagnahmungen und Durchsuchungen gegeben hat, wie bei | |
| Metzelder, können Medien davon ausgehen, dass der Verdacht eine gewisse | |
| Substanz hat. | |
| Drittens darf keine Vorverurteilung stattfinden, es muss deutlich werden, | |
| dass es sich bisher nur um Vorwürfe handelt, der Betroffene aber noch nicht | |
| verurteilt ist. Die Darstellung darf nicht auf Sensationen ausgerichtet, | |
| bewusst einseitig oder verfälschend sein. Vielmehr ist gerade in solchen | |
| Fällen eine ausgewogene Berichterstattung erforderlich. | |
| Viertens muss sorgfältig recherchiert werden, insbesondere muss der | |
| Betroffene Gelegenheit erhalten, seine eigene Sicht zu schildern. Das | |
| heißt, das Medium, das einen Verdacht öffentlich macht, muss vorab | |
| mitteilen, welche Vorwürfe es veröffentlichen will. Für die Stellungnahme | |
| ist dem Betroffenen eine angemessene Frist zu geben. Üblich sind 24 | |
| Stunden, bei sehr umfangreichen Fragen auch 48 Stunden. | |
| Die Regeln sind anspruchsvoll, weil mit ihnen im Interesse der | |
| Pressefreiheit ein Privileg verbunden ist. Zulässige Verdachtsberichte | |
| bleiben selbst dann rechtmäßig, wenn sich später herausstellt, dass der | |
| Verdacht falsch war. Journalisten müssen ihre früheren Artikel dann nicht | |
| widerrufen und auch keinen Schadensersatz bezahlen. Erforderlich ist nur | |
| eine angemessene Nachberichterstattung. | |
| Viele Prominente suchen sich, wenn gegen sie ermittelt wird, nicht nur | |
| einen Strafverteidiger, sondern [2][auch einen Anwalt, der auf Presserecht | |
| spezialisiert ist]. | |
| 5 Sep 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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