| # taz.de -- Missbrauchsvorwürfe gegen Arzt: Texte müssen offline bleiben | |
| > Zu viele Details: „Buzzfeed“ und „Vice“ haben einen Prozess verloren,… | |
| > dem ein Arzt gegen Berichte über seine Person geklagt hatte. | |
| Bild: „Diese Recherche aus der Gesundheitsversorgung ist bald wieder online�… | |
| BERLIN taz | „Aufgrund einer rechtlichen Auseinandersetzung ist dieser | |
| Beitrag bis auf Weiteres nicht abrufbar“ steht bei Vice, ähnliches ist auch | |
| [1][bei Buzzfeed] zu lesen. Gemeinsam berichteten die beiden Onlinemagazine | |
| über einen Berliner Arzt, der mehrere Patienten in seiner Praxis sexuell | |
| missbraucht haben soll. | |
| Nur zehn Tage waren die Artikel online zu lesen. Denn der Arzt war gegen | |
| die Berichterstattung vorgegangen. Nun hat am Dienstag die Pressekammer des | |
| Berliner Landgerichts eine einstweilige Verfügung gegen Buzzfeed und Vice | |
| erlassen, so berichten es die Süddeutsche Zeitung und der Branchendienst | |
| Meedia. Das heißt: Die Artikel dürfen nicht wieder online gestellt werden. | |
| In den Texten kamen eine Vielzahl von Zeugen und Beratungsstellen zu Wort. | |
| Der Berliner Arzt, gegen den sich die Vorwürfe richteten und dessen Prozess | |
| im nächsten Jahr beginnt, verweigerte gegenüber den Medien eine | |
| Stellungnahme. Bei den Artikeln handelt es sich um medienrechtlich | |
| schwierige Verdachtsberichterstattung. Gerade bei Vorwürfen sexualisierter | |
| Gewalt steht häufig Aussage gegen Aussage und es gibt keine Zeug*innen. Um | |
| darüber berichten zu können, gibt es rechtliche Vorgaben: Wie ein nötiges | |
| Interesse der Öffentlichkeit, ein Mindestmaß an Beweisen, das zu Wort | |
| kommen lassen beider Parteien und eine Berichterstattung ohne | |
| Vorverurteilung. | |
| ## „Extrem problematisch“ | |
| Der Richter sagte, laut SZ, er erkenne, dass eine Fülle an Belegtatsachen | |
| recherchiert worden sei, ein Interesse der Öffentlichkeit da sei, die | |
| Artikel aber trotzdem vorverurteilend seien. Das begründet die Pressekammer | |
| damit, dass durch die Zeugenaussagen und detailliert beschriebene | |
| Tathergänge eine Vorverurteilung des Arztes stattfinden würde. Auch, dass | |
| der Artikeln mit vielen Konjunktiven und Worten wie „mutmaßlich“ oder | |
| „offenbar“ arbeite, reiche nicht aus. | |
| Daniel Drepper, Chefredakteur von Buzzfeed, sieht keine Fehler in der | |
| Berichterstattung und zeigt sich am nächsten Tag gegenüber der taz | |
| enttäuscht von dem Urteil: „Über Wochen haben die beiden Reporter*innen | |
| eine so dichte Beleglage zusammengetragen, wie ich sie in der | |
| Berichterstattung über sexualisierte Gewalt bisher selten gesehen habe. | |
| Dass uns diese dichte Beleglage jetzt zum Verhängnis werden soll und der | |
| Artikel vorerst nicht verfügbar ist, halte ich für extrem problematisch.“ | |
| Gemeinsam mit dem Recherchepartner Vice und der Anwaltskanzlei Raue will | |
| Drepper nun klären, ob und wie gegen das erstinstanzliche Urteil | |
| vorgegangen werden kann. | |
| 30 Oct 2019 | |
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| [1] https://www.buzzfeed.com/de/julianeloeffler/vorwuerfe-gegen-medizinier-1 | |
| ## AUTOREN | |
| Carolina Schwarz | |
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