# taz.de -- Känguru in Belgien verschwunden: Wolf unter Verdacht | |
> Ein Wolf soll in Belgien ein Känguru gefressen haben. Die Beweislage ist | |
> jedoch bislang dünn. Was die Medien jetzt unbedingt beachten müssen. | |
Bild: Die AFP nennt sogar den Namen des Verdächtigen – die taz zeigt nur ein… | |
Berlin taz | Einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP zufolge wird ein Wolf | |
verdächtigt, ein in der flämischen Stadt Balen als Haustier gehaltenes | |
Känguru gefressen zu haben. Die Agentur berichtet das in einer Meldung von | |
Mittwochnacht mit Verweis auf einen „Wolfsexperten“. Dessen Einschätzung | |
zufolge sei es wahrscheinlich, dass das aus einem Privatgarten | |
verschwundene Beuteltier von einem Wolf als „Weihnachtsmahl“ verspeist | |
worden sei. Ein zweites von den Privatleuten gehaltenes Känguru sei ins Ohr | |
gebissen worden. Es sei jedoch bei „guter Gesundheit“. | |
Die Meldung der AFP ist leider ein klassisches Beispiel für problematische | |
[1][Verdachtsberichterstattung]. Zwar dürfen Nachrichtenmedien bei | |
Gewaltverbrechen über einen unbestätigten Verdacht berichten, aber zum | |
Schutz des Tatverdächtigen – in diesem Falle des Wolfs – müssen sie dabei | |
gewisse Sorgfaltspflichten einhalten. | |
Erstens muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln. | |
Jedoch handelt es sich hier weder beim mutmaßlichen Täter (Wolf) noch beim | |
mutmaßlichen Opfer (Känguru) um Personen des öffentlichen Lebens. Und da | |
über den genauen Tatablauf nichts bekannt ist, kann auch das politische | |
Gewicht der Tat selbst noch nicht beurteilt werden. | |
## Beweislage äußerst dünn | |
Zweitens sind Spekulationen unzulässig. Für ein Tötungsdelikt braucht es | |
handfeste Beweise. Doch die AFP-Meldung spricht lediglich davon, dass der | |
als „Wolfexperte“ bezeichnete Herr am vermeintlichen Tatort Spuren von | |
Wolfspfoten gefunden habe. „Also ist es ziemlich sicher, dass es ein Wolf | |
war“, mutmaßt dieser dann. Es wäre wichtiger gewesen, eine zweite Quelle zu | |
nennen – zumindest den Stand der polizeilichen Ermittlungen abzubilden. | |
Drittens muss sorgfältig recherchiert werden, insbesondere muss der | |
Verdächtige Gelegenheit haben, seine Sicht zu schildern. Die AFP scheint | |
den Wolf jedoch nicht einmal kontaktiert zu haben – und dass, obwohl sie | |
ihn in der Meldung namentlich nennt: „Der Experte verdächtigte aber einen | |
Wolf mit dem Namen August als Täter.“ Allein diese Namensnennung des | |
mutmaßlichen Täters ist höchst fragwürdig. | |
Immerhin eine Bedingung für Verdachtsberichterstattung ist die AFP mit | |
diesem Satz jedoch erfüllt: Es muss stets deutlich werden, dass der | |
Verdächtige noch nicht verurteilt ist. Bis der Vorfall endgültig aufgeklärt | |
ist, gilt die Unschuldsvermutung. | |
26 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Alexander Nabert | |
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