# taz.de -- Ausbilder über rechtsextreme Beamte: „Behörden blocken das Them… | |
> Polizeiausbilder Christoph Kopke plädiert für mehr Aufklärungsarbeit | |
> wegen rechter Haltungen. Gerade aus einem Land im Norden erwartet er | |
> mehr. | |
Bild: Polizist*innen in Berlin | |
taz: Herr Kopke, seit Jahren unterrichten Sie in Berlin Polizeikommissare. | |
Wie oft sind Ihnen [1][dabei Rechtsextreme über den Weg gelaufen?] | |
Christoph Kopke: Ehrlich gesagt noch nie. Noch nicht mal fragwürdige | |
Äußerungen sind mir in Erinnerung. Vielleicht liegt das aber daran, dass | |
die Klientel in Berlin weltoffener ist. | |
Anderswo sind die Erfahrungen anders. Derzeit wird viel über Rechtsextreme | |
in Sicherheitsbehörden diskutiert, [2][am Mittwoch erscheint das Buch | |
„Extreme Sicherheit“ dazu]. Wie groß ist das Problem? | |
Seriös kann man darüber keine Angaben machen, denn es gibt bis heute | |
keinerlei Studien dazu. Auch die Sicherheitsbehörden geben dazu nur | |
vorsichtig Informationen heraus – man könnte auch sagen, sie blocken das | |
Thema ab. Aber was man sicher sagen kann: Wenn sich rechte Positionen in | |
der Gesellschaft offensiver artikulieren, dann tun sie das in der Polizei | |
auch. | |
Die Polizei ist also nur ein Spiegel der Gesellschaft? | |
Solche gesellschaftlichen Stimmungen gehen ja nicht an Polizisten vorbei. | |
Aber an die Polizei stellen sich andere Anforderungen: Sie kann sich nicht | |
mit Polarisierungen in ihren Reihen abfinden. Hier darf es keinerlei | |
Zweifel geben, dass die Beamten voll und ganz hinter dem Recht und Gesetz | |
stehen. | |
Zuletzt fielen [3][hessische PolizistInnen mit rechtsextremen | |
WhatsApp-Gruppen] auf oder [4][Polizisten aus Mecklenburg-Vorpommern, die | |
Munition für einen „Tag X“ geklaut haben sollen], oder zwei sächsische | |
SEK-Beamte, die sich in Dienstlisten als NSU-Mörder Uwe Böhnhardt | |
eintrugen. Was ist da los? | |
Die Fälle haben jeweils eine unterschiedliche Qualität, da muss man | |
differenzieren. Es ist ein Unterschied, ob irgendwelche Meinungen und | |
Positionen geäußert oder geschmacklose Witze gemacht werden oder ob sich | |
tatsächlich rechtsextreme Strukturen bilden, die entsprechende Handlungen | |
vorbereiten. Das sollte man unterscheiden. | |
Bundesinnenminister Horst Seehofer und andere reden von Einzelfällen. Kann | |
man das überhaupt noch sagen? | |
Es gibt bundesweit je nach Zählung vielleicht 240.000 Polizisten und | |
Polizistinnen. Da sind diese Vorfälle natürlich Einzelfälle. Aber es ist | |
inzwischen eine ganze Masse an Einzelfällen. Da gibt es schon | |
Handlungsbedarf. | |
Sehen Sie denn, dass angemessen reagiert wird? | |
Unterschiedlich. Hier in Berlin erlebe ich, dass das Problem durchaus ernst | |
genommen wird. In Brandenburg, wo das Land schon vor Jahren eingestanden | |
hat, dass es ein Problem mit Rechtsextremismus hat, auch. Bei anderen | |
Bundesländern habe ich meine Zweifel. | |
Bei welchen? | |
Ich habe nicht überall einen intensiven Einblick. Hessen etwa hat nach den | |
jüngsten Vorfällen eine rückhaltlose Aufklärung versprochen – das sollten | |
wir nun abwarten. Aber nehmen wir noch mal den Fall in | |
Mecklenburg-Vorpommern, wo sich Polizisten und andere zusammentun, Waffen | |
beschaffen und offenbar über einen Umsturz sinnieren. Das sind sehr | |
schwerwiegende Vorwürfe – zu denen ich von der zuständigen Polizeiführung | |
noch nicht so viel gehört habe. | |
Wie sollte die Polizeiführung denn reagieren? | |
Es muss in der Polizeiführung, und auch in den Innenministerien, eine klare | |
Bereitschaft geben, sich dieses Problems anzunehmen. Und eine klare | |
Botschaft: Solche Tendenzen dulden wir nicht, hier greifen wir sofort ein. | |
Auch in der Aus- und Fortbildung sollte das Thema immer wieder aufgerufen | |
werden. Und vielerorts geschieht das ja auch. Es wäre wohlfeil, zu sagen, | |
die Polizei macht nichts. Ich kenne viele engagierte Polizeibeamtinnen und | |
Polizeibeamte. | |
Inzwischen sind auch viele AnhängerInnen der AfD in der Polizei – während | |
die Partei weiter nach rechts driftet. Was macht das mit dem Apparat? | |
Das ist eine große Herausforderung. Denn die AfD agiert ja chamäleonartig: | |
Sie gibt sich als Partei für Recht und Ordnung, als Freund der Polizei. Sie | |
verspricht den Polizisten Rückhalt, den ihr die Politik angeblich nicht | |
gibt. Aber gleichzeitig untergräbt sie mit ihrer Politik genau diesen | |
Rechtsstaat, hat sich innerhalb kurzer Zeit von einer konservativen | |
Abspaltung zu einer in weiten Teilen rechtsextremen Partei entwickelt. Das | |
ist eine Bedrohung. Und das muss man auch so klar kommunizieren. | |
[5][Die Gewerkschaft der Polizei hat das getan: Sie nannte es „höchst | |
problematisch“], wenn sich PolizistInnen in einer Partei engagieren, die | |
unter Extremismusverdacht steht. | |
Und damit hat die Gewerkschaft recht. Solange die AfD nicht verboten ist, | |
können sich auch Polizisten in der Partei engagieren. Aber, wie gesagt: Es | |
muss immer klar sein, dass sie fest hinter der Verfassung stehen. Und wo | |
das in Zweifel steht, muss gehandelt werden. | |
17 Sep 2019 | |
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[3] /Rechtsextreme-bei-der-Polizei-in-Hessen/!5565164 | |
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[5] https://www.gdp.de/gdp/gdp.nsf/id/DE_GdP-Berlin-distanziert-sich-klar-von-d… | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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