# taz.de -- Gestohlene Bundeswehr-Munition: Erstes Urteil im Komplex Franco A. | |
> Ein 27-Jähriger wurde in Gießen zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. | |
> Er hatte Munition für den Soldaten Franco A. verwahrt. | |
Bild: Soldat vor dem Stabsgebäude, wo der terrorverdächtige Oberleutnant Fran… | |
BERLIN taz | Einen Pappkarton, etwa so groß wie eine Bananenkiste, darin | |
zwei Holzkisten mit Bundeswehraufdrucken, einen Farbeimer mit | |
Patronengürteln und Sprengsatzteilen, mehrere hundert Schuss Munition und | |
Zünder besessen zu haben – das ist alles, was das Gericht Mathias F. | |
nachweisen kann. Die Richter des Landgerichts Gießen urteilen, [1][er habe | |
gegen das Waffengesetz, das Sprengstoffgesetz und das | |
Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen], und verhängen eine Freiheitsstrafe | |
von einem Jahr, zur Bewährung. | |
Es ist der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen Mathias F., einen | |
Ingenieur aus Stuttgart, inzwischen 27 Jahre alt, leidenschaftlicher | |
Ruderer und Beschuldigter in einem Terrorkomplex. Ermittler hatten im April | |
2017 sein Zimmer in einem hessischen Studentenwohnheim durchsucht und dabei | |
die Kisten der Bundeswehr gefunden. Mathias F. sagte damals, dass er sie | |
nur für einen Freund aufbewahre und – wenig später – dass dieser Freund | |
Franco A. heiße. | |
Die Ermittler waren auf der Suche nach Informationen über diesen Franco A., | |
einen Bundeswehrsoldaten, der ein Vierteljahr zuvor am Wiener Flughafen | |
verhaftet wurde, als er dort eine Pistole aus einem Versteck holen wollte. | |
Er wurde befragt, ihm wurden ein Handy und ein USB-Stick abgenommen, die | |
Ermittler fotografierten Franco A. und nahmen seine Fingerabdrücke. | |
Dann die Überraschung: Die Fingerabdrücke waren einem syrischen | |
Geflüchteten zugeordnet. Franco A. hatte sich eine Scheinidentität | |
zugelegt. In seinem Handy fanden die Ermittler Nachrichten mit eindeutig | |
rassistischen und antisemitischen Inhalten. Sie hegten einen Verdacht: | |
Hatte Franco A., als Syrer getarnt, terroristische Attentate geplant? | |
## Nachricht mit Smiley | |
Auch Mathias F. hatte sich rassistisch und antisemitisch geäußert, | |
teilweise so drastisch, dass Franco A. zur Vorsicht mahnte – weil sie | |
überwacht werden könnten, zitiert ihn ein Ermittler vor Gericht. Mathias F. | |
wusste von A.s Legende als syrischer Geflüchteter. Er hatte von ihm ein | |
Gewehr und eine Pistole gezeigt bekommen und von den Vorwürfen in Wien | |
gehört. Aber hatten die beiden darüber gesprochen, ob Franco A. noch | |
weitere Pläne habe? | |
Einmal schreibt Mathias F., der nie bei der Bundeswehr war, mit Franco A. | |
über ein Carbonrad, das er ausprobieren würde. Die Ermittler sind sich | |
sicher, dass es eigentlich um eine Waffe ging – ein Bogen, stellte sich | |
später heraus. In einer anderen Nachricht schreibt Mathias F., der Bogen | |
käme nur raus, wenn der Krieg ausbreche, solange bleibe er verborgen. | |
Dahinter setzte er einen Smiley. | |
Die Gesinnung des Angeklagten, sagt der vorsitzende Richter, habe er in | |
seinem Urteil nicht einfließen lassen können. Es sei für ihn nicht | |
nachvollziehbar, ob sie sich auch auf die Sache mit der Munition | |
niederschlage. Trotzdem nutzt er seine Urteilsbegründung, für eine Art | |
Standpauke. „Wer solche menschenverachtenden, rassistischen Sachen kundtut, | |
gerade in dem Wissen, dass es gar kein anderer mitkriegt, tut vielleicht | |
auch das kund, was er wirklich denkt.“ Er verurteilt Mathias F. auch zu | |
einer Geldstrafe von 2500 Euro – die gehen an eine Organisation, die auch | |
in der Flüchtlingshilfe aktiv ist. | |
Dass die Munition aus Bundeswehrbeständen stammt, hat der Prozess | |
zweifelsfrei belegt. Mathias F. hatte angegeben, nicht überblickt zu haben, | |
dass die Munition gestohlen sein könnte. Der Richter glaubt ihm das nicht. | |
Auch Laien könnten darauf kommen, „wenn ich Kisten habe, wo Bundeswehr | |
darauf steht, und dann habe ich jemanden, der von der Bundeswehr kommt“. | |
Bis auf eine französische Übungsgranate sei alles aus Bundeswehrbeständen | |
entwendet worden, bestätigt ein Mitarbeiter aus dem Referat für juristische | |
Angelegenheiten im Verteidigungsministerium. Die Bundeswehr, sagt er, habe | |
abgeglichen, ob Franco A. und zwei weitere Offiziere im Rahmen von Übungen | |
Zugang zu jenen Patronen oder Sprengstoffkörpern hatten. Ergebnis: Hatten | |
sie. Weitere Angaben zu den mutmaßlichen Tätern oder Tathergängen konnte | |
er nicht machen. Wie man denn ganze Kisten aus der Kaserne raustragen | |
könne, fragt der Verteidiger? „Nur mit hinreichend krimineller Energie“, | |
antwortet der Zeuge. | |
16 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Christina Schmidt | |
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