# taz.de -- Umgang mit Jair Bolsonaro: Europäer müssten viel mehr zahlen | |
> Statt zu kritisieren, müssten die Europäer Brasiliens Präsident Geld | |
> bieten. Viel Geld. Nur so ließe sich die Zerstörung des Regenwalds | |
> verhindern. | |
Bild: Schöne Worte werden verpuffen. Was zählt, sind finanzielle Hilfen für … | |
Macron ist ein Macher. Macron kümmert sich. Auch und gerade um Belange von | |
internationaler Dringlichkeit. So setzte Frankreichs Präsident erst | |
eigenhändig die Brandkatastrophe im südamerikanischen Regenwald auf die | |
Tagesordnung, als die in den sozialen Medien rauf und runter angeprangert | |
wurde. Mit großzügiger Geste verkündeten die G7-Regierungschefs dann am | |
Montag nach ihrem Treffen: 20 Millionen Euro Soforthilfe für den brennenden | |
Amazonas. Dabei soll es um technische und finanzielle Hilfen gehen, um die | |
Brände zu bekämpfen und die Schäden zu beheben. Rund die Hälfte davon | |
steuert Großbritannien bei. | |
Ein [1][bisschen wenig]? Mehr haben diese sieben großen Wirtschaftsmächte | |
nicht zusammenkratzen können? Nur zum Vergleich: 34 Millionen sind der auch | |
nicht eben beeindruckende Betrag, den Svenja Schulze [2][in Reaktion auf | |
die von Bolsonaro durchgesetzen Rodungen] kürzlich einfrieren ließ – und | |
damit Projekte auf Eis legte, die sich um den Erhalt von Artenvielfalt und | |
Aufklärungskampagnen kümmerten. | |
Damit machen es die Europäer Bolsonaro nicht sonderlich schwer, mit | |
beleidigter Geste das Geld von sich zu weisen. Nach dem Motto: Kümmert euch | |
um euer eigenes Waldsterben, ihr Kolonialisten. Wohlfeile Kritik von einem, | |
der sich gegenüber den brasilianischen Ureinwohner*innen selbst aufführt | |
wie ein Kolonialherr im 19. Jahrhundert. Schließlich ist sein erklärtes | |
Ziel, selbst die Schutzgebiete der Indigenen wirtschaftlich nutzbar | |
zumachen. | |
Am Dienstag ließ Bolsonaro schließlich verlauten, er nehme das Geld | |
eventuell doch an, sofern sich Macron für seine „Beleidigungen“ | |
entschuldige. Die beiden Staatschefs hatten sich übers Wochenende eine | |
[3][Fehde über Twitter geliefert], in der es irgendwann auch um die | |
Attraktivität der Ehefrau Macrons ging. Man konnte den Eindruck gewinnen, | |
dass es dem notorischen Umweltzerstörer Bolsonaro, aber auch seinem | |
französischen Kollegen mehr um ihre Egos geht, als um die Bekämpfung einer | |
globalen Katastrophe. | |
## Kompensieren statt kritisieren | |
Denn wenn es den Europäern wirklich ernst wäre mit dem Anliegen, den | |
Regenwald zu schützen, müssten sie entschlossener vorgehen. Dann müssten | |
sie der brasilianischen Regierung bei aller Antipathie Geld anbieten, um | |
den Verdienstausfall bei Nicht-Rodung zu kompensieren. Damit einhergehen | |
müsste zwingend die Förderung nachhaltigerer Wirtschaftszweige. | |
Um zu bekräftigen, dass ihnen Umweltschutz tatsächlich vor Profitstreben | |
geht, müssen die G7-Länder zusätzlich Importstopps für Produkte einführen, | |
für die Regenwald abgeholzt wird. Und die EU-Länder müssten | |
Umweltschutzstandards als Bedingung für die Ratifizierung von | |
Handelsverträgen wie dem EU-Mercosur-Abkommen machen. | |
All das wird schwer durchzusetzen sein, zumal mit einem Präsidenten wie | |
Bolsonaro, dem die Bedeutung des Regenwaldes nicht klar zu sein scheint. | |
Doch zuallererst müsste der politische Wille da sein, gemeinsam an | |
sinnvollen globalen Strategien und ihrer Finanzierung zu arbeiten. | |
Doch die Scheinheiligkeit der weltweiten Regierungen hatte sich bereits bei | |
kleineren Projekt gezeigt: 2007 hatte der damalige linke Präsident | |
Ecuadors, Raffael Correa, mit der Yasuní-ITT-Initiative die Welt | |
aufgefordert, Geld zu spenden, damit es sich für ihn lohne, auf Ölbohrungen | |
in dem sensiblen Waldgebiet zu verzichten. Trotz mündlicher Unterstützung | |
zahlreicher Regierungen waren von den geforderten 335 Millionen Dollar bis | |
2013 lediglich 13,3 Millionen zusammengekommen. Danach begannen die | |
Ölförderungen mitten im indigenen Schutzgebiet. | |
27 Aug 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Braende-im-Amazonasgebiet/!5621366 | |
[2] /Streit-um-Amazonasabholzung-in-Brasilien/!5617421 | |
[3] https://twitter.com/EmmanuelMacron/status/1164617008962527232 | |
## AUTOREN | |
Sunny Riedel | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Jair Bolsonaro | |
G7 Gipfel Biarritz | |
Brasilien | |
Regenwald | |
Amazonas | |
Emmanuel Macron | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Mercosur | |
Brasilien | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Jair Bolsonaro | |
Jair Bolsonaro | |
Brasilien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Was tun gegen die Brände in Brasilien?: Ein Smiley für den Amazonas | |
Was kann die Weltgemeinschaft tun, wenn der Regenwald brennt? Lokal | |
aufforsten in Hambach? Die private Empörung bei Facebook teilen? | |
EU-Mercosur-Pakt: Der Widerstand erreicht Brüssel | |
Das Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten wackelt kräftig. | |
Freihandel ohne Sanktionsmöglichkeiten findet nun auch die Kommission | |
schwierig. | |
Waldbrände in Brasilien: Alarm wie aus dem Bilderbuch | |
Bilder suggerieren: In Brasilien brennt der Regenwald wie nie zuvor. Doch | |
das stimmt nicht. Selten aber war mediale Übertreibung so wichtig wie | |
jetzt. | |
Waldbrände in Brasilien: Endlich Feuer unterm Arsch | |
Brasiliens Präsident Bolsonaro gerät mit seiner umstrittenen Umweltpolitik | |
immer mehr unter Druck. Sogar die Agrarlobby rückt von ihm ab. | |
Brände im Amazonasgebiet: Brasilien lehnt G7-Soforthilfe ab | |
Die G7-Staaten hatten Bolsonaro Millionenhilfen im Kampf gegen die | |
Waldbrände zugesagt. Die brasilianische Regierung wirft Macron indes erneut | |
Kolonialismus vor. | |
Waldbrände im Amazonas-Gebiet: Neue Brände, neuer Streit | |
Aktuelle Satellitenbilder zeigen viele neue Brände am Amazonas, auch in | |
Bolivien und Peru. Auf dem G7-Gipfel sorgt das für Streit. | |
Großbrände in Brasilien: Viel Rauch um Bolsonaro | |
Macron spricht sich wegen der Brände gegen ein Handelsabkommen der EU mit | |
dem Mercosur aus. Brasiliens Präsident schickt das Militär ins Brandgebiet. |