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# taz.de -- Pressefreiheit in China: Große Halle, kleiner Mut
> Bei Merkels Besuch sollten einige Journalisten draußen bleiben. Die
> Situation wurde entschärft. Aber das Thema Hongkong macht China nervös.
Bild: Solange die Wirtschaft läuft! Merkel sucht die Pressefreiheit in der Gro…
Beinahe wäre es passiert: Einigen deutschen Journalist*innen sollte in
Peking der Zutritt zur Pressekonferenz mit Angela Merkel und Li Keqiang
verwehrt werden. Die Bundesregierung bezeichnet die Situation inzwischen
als entschärft. Doch der Fall wirft die Frage auf, wie China in Zeiten der
Hongkong-Proteste auf die ausländische Presse reagiert.
Die Kanzlerin hatte am Freitag die chinesische Hauptstadt besucht und dort
den Premierminister Li Keqiang getroffen. [1][Merkel war in diesem
Zusammenhang unerwartet deutlich in ihrer Einschätzung der Proteste in der
Sonderverwaltungszone Hongkong geworden]. Sie begrüßte, dass die Hongkonger
Regierung kurz zuvor den Forderungen der Demonstrierenden nachgekommen war
und das umstrittene Auslieferungsabkommen mit Festlandchina zurückgenommen
hatte. Sie äußerte zudem ihre Hoffnung, dass die Hongkonger Aktivist*innen
künftig „im Rahmen bürgerlicher Freiheiten“ am Dialog teilnehmen können.
Der Tagesablauf am Freitag war offenbar ursprünglich so geplant gewesen,
dass Merkel, nachdem sie mit militärischen Ehren begrüßt worden war, mit
dem Premierminister vertraulich sprechen und anschließend vor der Presse
mit ihm zusammen in der Großen Halle des Volkes auftreten würde. Die Große
Halle des Volkes ist ein Kongressgebäude, das die chinesische Regierung
neben den Parteikongressen der Kommunistischen Partei für Anlässe von
nationaler Bedeutung nutzt, so wie eben Staatsbesuche.
Nach Darstellung der Nachrichtenagenturen wurden allerdings einige
Journalisten kurzfristig von dem Tagesordnungspunkt in der Großen Halle
ausgeschlossen. Das betraf die ortsansässigen deutschen und internationalen
Journalist*innen, wie dpa und AFP am Freitag vermeldeten. Nur
chinesische Berichterstatter sowie mitgereiste Journalist*innen sollten
zunächst Zutritt zur Großen Halle erhalten, was von chinesischer Seite mit
begrenzter Kapazität begründet wurde. Die Große Halle des Volkes hat
allerdings über 10.000 Sitzplätze.
## Längere Verhandlungen
Der Besuch der Kanzlerin, obwohl zur Verständigung über Handel und
wirtschaftliche Beziehungen anberaumt, fiel mitten in die Zeit des
Konflikts zwischen den Hongkonger Protestierenden und der Regierung der
ehemaligen britischen Kronkolonie. Die kommunistische Parteiregierung der
Volksrepublik war bisher nicht in der Situation, sich öffentlich und
unvorbereitet zu den Protesten äußern zu müssen. Möglich, dass die
chinesische Seite daher am Freitag versuchte, durch das Kleinhalten der
Journalistenzahl eine solche Situation zu vermeiden.
Aus Sicht der Bundesregierung hat sich die Sache von selbst geklärt. Die
„Irritationen“, wie die Lage zwischenzeitlich bezeichnet wurde, waren noch
im Laufe des Tages verschwunden, als schließlich nachträglich vier weitere
deutsche Journalisten zugelassen worden seien. Ein Regierungssprecher sagte
der taz am Montag: „Alle deutschen Journalisten, die an der
Willkommenszeremonie teilgenommen haben, erhielten letztlich auch Zugang
zur Pressekonferenz.“ Der Sprecher äußerte sich nicht im Detail.
Zwischenzeitlich hieß es aus Korrespondentenkreisen, es habe längere
Verhandlungen gegeben.
Damit waren aber offenbar letztlich nicht alle Journalisten in der Großen
Halle, die daran berechtigtes Interesse gehabt hätten. Nach
taz-Informationen waren einige Journalisten nach der kurzfristigen
Ankündigung gar nicht erst zur Zeremonie gekommen, weil sie nicht damit
rechneten, anschließend zum Pressetermin zugelassen zu werden. Zudem sei
jedem letztlich zugelassenen Journalisten nur je eine Frage zugestanden
worden, sagte die dpa.
Für gewöhnlich ist es bei Staatsbesuchen dem Gastgeberland überlassen, nach
eigenen Regeln und Gepflogenheiten die Presse zu bestimmten Terminen
zuzulassen oder sie auszuschließen. Das Gastland kann in diesem Fall nur im
Hintergrund versuchen, zugunsten der freien Berichterstattung einzuwirken.
Dennoch bezeichnete die dpa die Sache als „einmaligen Vorgang“. Kritik am
Vorgehen der chinesischen Regierung äußerten auch der Deutsche
Journalistenverband und der Club der Auslandskorrespondenten in China. Die
Verbände befürchten, die chinesische Regierung könnte aufgrund der
Hongkong-Proteste die Arbeitsbedingungen der ausländischen
Journalist*innen weiter einschränken.
9 Sep 2019
## LINKS
[1] /Proteste-in-Hongkong/!5623946
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Hongkong
China
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