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# taz.de -- Coronavirus und Pressefreiheit: Journalisten ausgewiesen
> Chinas Regierung hat drei Korrespondenten des „Wall Street Journal“
> ausgewiesen. Wegen eines Kommentars, den sie nicht verfasst haben.
Bild: Journalisten bei einer Pressekonferenz zum Coronavirus Ende Januar in Pek…
Peking taz | Zum ersten Mal nach der Ära Mao Tse-tungs hat China gleich
mehrere ausländische Korrespondenten eines Mediums auf einen Schlag
ausgewiesen. Am Mittwoch wurde drei Journalisten des Wall Street Journal
mitgeteilt, dass sie fünf Tage Zeit haben, um das Land zu verlassen. Ihnen
werde mit sofortiger Wirkung die Akkreditierung entzogen.
Bei den Betroffenen handelt es sich um zwei US-Staatsbürger, darunter der
Vize-Bürochef, sowie einen Australier. Das Pekinger Außenministerium
erklärte die Ausweisung der Journalisten mit einem [1][Kommentar zum
Coronavirus, der am 3. Februar in dem US-Medium erschienen] ist und zu
heftigen Kontroversen auch innerhalb der Journalismus-Branche geführt hat.
China wird darin als „the real sick man of Asia“, der „wahre kranke Mann
Asiens“ bezeichnet, was viele Chinesen und Nichtchinesen als
[2][jahrhundertealtes, rassistisches Klischee] werteten.
„Das chinesische Volk heißt solche Medien nicht willkommen, die
rassistische Sprache verwenden und China angreifen“, sagte die Sprecherin
des Pekinger Außenministeriums am Mittwoch. Gleichzeitig stammt der
Kommentar nicht von den nun ausgewiesenen Reportern, sondern von einem
außerhalb Chinas lebenden Wissenschaftler namens Walter Russell Mead. Der
Professor unterrichtet am Bard College in Annandale-on-Hudson im
US-Bundesstaat New York internationale Politik.
Er spielte bei der Schlagzeile auf die Redewendung „sick man of Asia“ an,
die aus dem 19. Jahrhunderts stammt, als das Land von Europäern und
Japanern wirtschaftlich ausgebeutet wurde.
## Sensibel: Provinz Xinjiang und Xi Jinpings Familie
Der Rausschmiss der Journalisten erfolgte fast zeitgleich mit einer
Entscheidung des US-Außenministeriums vom Dienstag, wonach chinesische
Staatsmedien in den Vereinigten Staaten künftig als „ausländische
Delegationen“ gewertet werden und damit unter strengerer Überwachung stehen
sollen. Die Büros von Zeitungen wie China Daily in den USA sollen fortan
sämtliche personelle Änderungen sowie Besitzverhältnisse offenlegen.
In ihrer Berichterstattung würden die Journalisten jedoch nicht
beeinträchtigt, hieß es aus Washington. Auf dem Pressefreiheitsindex von
Reporter ohne Grenzen rangiert China auf dem 177. von 180 Plätzen.
Verglichen mit US-Kollegen bewegten sich deutschsprachige Korrespondenten
in China lange Zeit unter dem Radar. Dies hat sich mittlerweile geändert.
Auch deutsche Journalisten in Peking berichten zunehmend von Gängeleien und
erschwerten Bedingungen für ihre Recherchen. Dazu gehört auch, dass ein
freier Zugang zum Internet nur mit einer VPN-Software möglich ist, welche
nur unregelmäßig funktioniert. Auf dem chinesischen Festland sind außerdem
kritische Medien wie die New York Times, aber auch die Online-Plattformen
vieler deutscher Zeitungen gesperrt, ebenso wie Twitter, Google oder
Wikipedia.
Bestimmte journalistisch relevante Themenbereiche wertet die chinesische
Regierung dabei als besonders sensibel, etwa die Unterdrückung der
uigurischen Minderheit in der Provinz Xinjiang. Ebenfalls als unantastbar
gilt das Privatleben von Präsident Xi Jinping und seiner Familie.
## Zunehmende Überwachung
Für das Aufdecken [3][mutmaßlicher Korruption von Familienangehörigen] des
Parteisekretärs wurden bereits mehrere, meist US-amerikanische
Korrespondenten ausgewiesen. Die Ausweisungen geschehen in der Regel jedoch
indirekt – indem den Journalisten Visa-Verlängerungen nicht genehmigt
werden. Seit Xi Jinpings Amtsantritt mussten mindestens neun ausländische
Journalisten auf diesem Weg das Land verlassen.
Dass ein Journalist direkt abgeschoben wurde, kam zuletzt vor 22 Jahren
vor. „Die Maßnahme gegen das Wall Street Journal ist ein extremer und
offensichtlicher Versuch von den chinesischen Behörden, internationale
Nachrichtenorganisationen einzuschüchtern“, heißt es vom Pekinger
Korrespondentenclub in einer Stellungnahme. Korrespondenten in China würden
unter zunehmender Überwachung und Gängelung seitens der Regierung leiden:
„Der Rausschmiss der drei Kollegen ist der jüngste und alarmierendste
Schritt der Behörden“.
19 Feb 2020
## LINKS
[1] https://www.wsj.com/articles/china-is-the-real-sick-man-of-asia-11580773677
[2] /Das-Coronavirus-und-die-Folgen/!5656406
[3] /Korruption-in-China/!5086026
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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