# taz.de -- Ausländische Medien in China: Im Ton vergriffen | |
> Drei Journalisten des „Wall Street Journal“ müssen China verlassen. Dabei | |
> haben sie mit den Vorwürfen gegen die Zeitung nichts zu tun. | |
Bild: Aus Wuhan evakuierte Japaner stellen sich am Ende ihrer Quarantäne inter… | |
Grenzwertig war die Überschrift, zutiefst beleidigend und für viele auch | |
rassistisch: Wenn das Wall Street Journal einen Gastkommentar über China | |
und seinen [1][Umgang mit dem Coronavirus] als „Der wahre kranke Mann in | |
Asien“ betitelt, dann muss sich die Zeitung zu Recht heftige Kritik | |
gefallen lassen. Dass nun drei Kollegen, die jenen Kommentar gar nicht | |
verfasst haben, als Sündenböcke hergenommen werden und ihre Pressekarte | |
verlieren – was heißt, dass sie das Land verlassen müssen –, lässt sich | |
jedoch durch keine noch so untergriffige Formulierung rechtfertigen. | |
Treffen können hätte es beispielhaft jeden der Kolleginnen und Kollegen in | |
Peking. Dass der Spiegel für sein kürzlich erschienenes Titelblatt „Made in | |
China“ keine Konsequenzen zu tragen hatte, hängt nicht zuletzt auch mit der | |
politischen Großwetterlage zusammen: Deutsche Medien können – im Gegensatz | |
zu Kollegen aus den USA – auf ein Grundvertrauen zählen, da es um die | |
deutsch-chinesische Beziehung zumindest wirtschaftlich gut bestellt ist. | |
Eklats gilt es allein aus geschäftlichen Gründen zu vermeiden. Dennoch: | |
Trotz der schwierigen Arbeitsbedingungen genießen internationale | |
Korrespondenten – insbesondere im Vergleich zu den lokalen Kollegen – immer | |
noch relative Narrenfreiheit. Der Beweis dafür lässt sich bei der täglichen | |
Zeitungslektüre erbringen: In fast jedem größeren Medium muss die | |
chinesische Regierung heftige Kritik einstecken, die zuweilen auch übers | |
Ziel hinausschießt. Oder sie muss sich zumindest ein vereinfachtes Bild | |
gefallen lassen, das sich auf die Themenkreise Menschenrechtsverbrechen und | |
Überwachungsstaat beschränkt. | |
Oftmals haben wir Korrespondenten nicht mehr zu befürchten als ein | |
„klärendes Gespräch“ beim Außenministerium. Das sollte unsere Zunft | |
aushalten können und nicht bei jeder Unannehmlichkeit laut aufschreien. | |
Dann nämlich verschwimmt in der inflationär verwendeten Empörung das Gespür | |
für wirkliche Einschüchterungsversuche autoritärer Regierungen. Genau ein | |
solcher ist jedoch mit der Abschiebung der drei Kollegen passiert. | |
20 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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