# taz.de -- Zensur in China: Kein Zugriff auf deutsche Medien | |
> Unter anderem „tagesschau.de“ und „Süddeutsche.de“ können in China … | |
> mehr gelesen werden. Reporter ohne Grenzen kritisiert den Verlust. | |
Bild: Schon 2015 gab es in Hannover Demos gegen Chinas Zensur im Internet | |
Bislang waren die meisten großen deutschen Medien im chinesischen Internet | |
erreichbar. Doch seit den letzten Wochen sind immer mehr deutschprachige | |
Nachrichtenseiten online nicht mehr zu erreichen.Die Webseiten der | |
Tagesschau, des ZDF, der Süddeutschen Zeitung (SZ) und der Frankfurter | |
Allgemeinen Zeitung wurden in den letzten Wochen geblockt. Auch die Neue | |
Zürcher Zeitung und der SRF sind betroffen, teils auch Spiegel Online. | |
Zuvor habe es nur kurzzeitige Probleme beim Aufrufen von Tagesschau.de in | |
China gegeben, sagt ein Sprecher des NDR auf Nachfrage der taz. „Eine | |
anhaltende Störung unseres Internetangebots wie in der jetzigen Form hat es | |
unseres Wissens vorher nicht gegeben.“ | |
Der NDR ist jedoch zurückhaltend, was die Ursache der Sperrung angeht – | |
mögliche Gründe sind die [1][Berichterstattung über den 30. Jahrestag des | |
Massakers] am Platz des Himmlischen Friedens, die [2][Proteste in Hongkong] | |
oder die Aufnahme von zwei Flüchtlingen aus Hongkong in Deutschland. Dem | |
Sender sei unbekannt, ob die „Störung“ von der chinesischen Regierung | |
veranlasst worden ist. „Der NDR wird bei der chinesischen Botschaft um | |
Aufklärung bitten“, sagt der Sprecher. Die Webseite des NDR selbst ist – | |
wie jene der New York Times, der BBC oder der Deutschen Welle – schon seit | |
einigen Jahren in China nicht erreichbar. | |
„Mit der Überwachung im Netz verfolgen die Machthaber konkrete politische | |
Ziele“, [3][schreibt Lea Deuber], China-Korrespondentin der SZ zur | |
Sperrung. Chinas Internetaufsichtsbehörde CAC habe eine Anfrage | |
unbeantwortet gelassen. Der Verlag der SZ führe „diverse Gespräche, die | |
allerdings vertraulich sind“, erklärt eine Sprecherin, die die Sperrung als | |
Verstoß gegen die Pressefreiheit kritisierte. Ein China-Korrespondent der | |
FAZ – deren Verlag auf eine Anfrage der taz nicht geantwortet hat – verwies | |
in einem Artikel auf eine [4][Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur | |
Xinhua von Mitte Juni]: Peking habe nach dieser eine „Kampagne“ begonnen, | |
über die alle Webseiten bestraft würden, die „illegale und kriminelle | |
Handlungen“ begingen oder ihre „Verpflichtungen“ nicht erfüllten. | |
## Kein Recht empfangbar zu sein | |
Es gebe „keine gesetzliche Grundlage und folglich auch kein Mandat dafür, | |
in China empfangbar zu sein“, erklärt Dagmar Skopalik, Leiterin der | |
Abteilung Allgemeine Auslandsbeziehungen vom ZDF. Der Sender bedauere | |
natürlich, dass sein Internetauftritt nicht aufgerufen werden kann. „Einen | |
Anspruch darauf hat das ZDF jedoch nicht“, sagt sie. Auch in Bezug auf die | |
Arbeitssituation der Korrespondenten werde der Sender das Verhalten der | |
chinesischen Behörden weiter verfolgen. | |
„Bisher haben wir kein einheitliches Bild darüber, ob Spiegel Online in | |
China umfassend gesperrt wurde“, erklärt ein Sprecher des Spiegel-Verlags: | |
Auf eine Anfrage an die Behörden habe es keine offizielle Antwort gegeben. | |
Wir warten vorerst auf nähere Informationen und prüfen dann, wie wir damit | |
umgehen werden.“ Spiegel.de war teils über herkömmliche | |
Breitband-Internetzugänge gesperrt, aber über Handynetze erreichbar. | |
Die [5][aktuellen Sperrungen passten zur neuen Welle der Repression durch | |
Peking], sagt Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen | |
Deutschland. „Jede zusätzliche Information, die abgeschnitten wird, ist ein | |
Verlust für die Pressefreiheit“, sagt er. Die Bundesregierung müsse | |
deutlich protestieren und dafür sorgen, dass die EU eine einheitliche, | |
starke Stimme spricht. Gleichzeitig müsse sie thematisieren, dass nach | |
Schätzungen des Verbands in China 15 hauptberuflich tätige Journalisten | |
sowie rund 50 Blogger oder Bürgerjournalisten in Haft sitzen. | |
## Große Sorge um Pressefreiheit | |
Das Auswärtige Amt sei über die Nichterreichbarkeit verschiedener deutscher | |
Medien im chinesischen Internet informiert, sagt ein Sprecher von | |
Außenminister Heiko Maas. „Wir haben diese Frage gegenüber der chinesischen | |
Seite bereits angesprochen.“ Die Bundesregierung beobachte Einschränkungen | |
der Pressefreiheit mit großer Sorge und thematisiere dies im Rahmen des | |
deutsch-chinesischen Mediendialogs. | |
Die Vorsitzende des Bundestags-Menschenrechtsausschusses Gyde Jensen (FDP) | |
verlangt weitere Schritte. „Ich sehe die Bundesregierung in der Pflicht, | |
Deutschlands Sitz im UN-Sicherheitsrat dazu zu nutzen, ein ständiges | |
Mitglied wie China mit seinen Menschenrechtsverletzungen zu konfrontieren“, | |
sagt sie der taz. „Die Sperrungen verdeutlichen, wie sehr Menschenrechte in | |
Zeiten der Digitalisierung unter Druck geraten können.“ Eine politische | |
Trennung von universellen Werten und wirtschaftlichen Interessen sei „die | |
Kapitulation des Westens vor Chinas Staatskapitalismus und ein | |
Freifahrtschein für die Untergrabung von Menschenrechten“. Jensen fordert | |
außerdem die Einrichtung eines Sonderbeauftragten für Pressefreiheit bei | |
den Vereinten Nationen – wie einen globalen Fonds, der die gesicherte | |
Vernetzung von Journalisten, Bloggern und Whistleblowern fördert. | |
13 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] /30-Jahrestag-des-Tiananmen-Massakers/!5600908 | |
[2] /Proteste-in-Hongkong/!5604660 | |
[3] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=news… | |
[4] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/china-sperrt-die-f-a-z-im-int… | |
[5] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/china/ | |
## AUTOREN | |
Hinnerk Feldwisch-Drentrup | |
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