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# taz.de -- E-mobile Verwaltung: Park-Visite ohne Lärm und Gestank
> Bei emissionsarmen Fahrzeugen ist Friedrichshain-Kreuzberg den meisten
> Bezirken voraus. Aber es bewegt sich was auf dem Weg Richtung
> CO2-Neutralität.
Bild: Gärtnerin Simone Sauer (r.) und X-Hains Umweltstadträtin Clara Herrmann…
Schnittig sieht es aus, wenn Simone Sauer durch den Volkspark
Friedrichshain kurvt: Das silberne dreirädrige Lastenrad, das die Gärtnerin
fährt, kann sich elegant in die Kurve legen – und dank elektrischer
Unterstützung machen die Steigungen des Bunkerbergs trotz Zuladung keine
Probleme: „Bis zu 140 Kilo kann ich damit transportieren“, sagt Sauer,
„Schläuche, Pflastersteine, Werkzeugkisten, alles, was so bei der Arbeit
anfällt.“
Seit dem Frühjahr gehören drei E-Lastenräder zum Fuhrpark des Straßen- und
Grünflächenamtes (SGA) von Friedrichshain-Kreuzberg. Die hochwertigen
Gefährte eines Herstellers aus dem Berliner Umland sind mit mehr als 6.000
Euro nicht billig, haben aber dank des Einsatzes von Ökostrom eine
vorbildliche Klimabilanz und stören auch die ParkbesucherInnen nicht mit
Lärm und Gestank.
Das ist aber noch nicht alles: In Diensten des SGA sind außerdem 8 Pedelecs
und mittlerweile auch 6 E-Autos unterwegs: 4 Pkws und 2 Transporter, wie
Umwelt-Bezirksstadträtin Clara Herrmann (Grüne) der taz bestätigt. Zwei
weitere E-Autos sind laut Herrmann für den Bereich Facility Management und
das Ordnungsamt bestellt, sie sollen im Herbst geliefert werden. Auch
Ladesäulen für die bezirkliche E-Flotte wurden bereits installiert.
„Andere Bezirke kommen mittlerweile auch auf das Thema, aber dass ein
anderer Bezirk alles umstellt, was geht, habe ich noch nicht gehört“, sagt
Herrmann stolz. Ihrer Aussage nach befindet sich die
Friedrichshain-Kreuzberger Verwaltung mitten im Umstellungsprozess hin zu
klimafreundlicher Mobilität – wobei das noch eine Weile in Anspruch nehmen
kann: Fast 30 Bezirks-Kfz fahren weiterhin mit Verbrennungsmotor. Für
Herrmann macht es auch in puncto Klimaschutz wenig Sinn, gut
funktionierende Autos auszutauschen. „In den nächsten Jahren werden wir
aber noch große Schritte gehen“, sagt sie.
Was vollkommen im Sinne des Berliner Energiewendegesetzes ist, das die
CO2-Neutralität der gesamten Berliner Verwaltung bis 2030 verlangt. Die
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat dazu gerade mit
einem ExpertInnentreffen die „Umsetzungsphase“ eingeläutet. Es komme darauf
an, so Umweltstaatssekretär Stefan Tidow, „sich selbst und die Kolleginnen
und Kollegen immer wieder zu motivieren, auch einzelne, selbst kleine
klimaschonende Maßnahmen zu erkennen und umzusetzen.“
Bei einem Beteiligungsverfahren im Vorfeld waren Maßnahmen wie
energieeffiziente Arbeitsplatzbeleuchtung, vegetarisches oder veganes
Kantinenessen oder eben die Umstellung auf emissionsarme Fahrzeuge
gesammelt worden. Hier ist das grün dominierte Friedrichshain-Kreuzberg den
meisten Bezirken tatsächlich schon mehrere Schritte voraus, ganz allein
steht der Bezirk aber nicht auf freier Flur.
## Lastenräder in Mitte „nicht sinnvoll“
Vor allem der Bezirk Mitte macht dem Nachbar im Süden harte Konkurrenz. Das
SGA betreibt ebenfalls 6 E-Fahrzeuge und 8 Pedelecs, für das Ordnungsamt
sind zwei E-Pkws und zwei Pedelecs auf der Straße. Im September findet ein
Qualitätssprung statt: Dann werden dem Bezirksamt weitere 25 Pedelecs
geliefert. E-Lastenräder fahren allerdings keine im Großen Tiergarten oder
dem Volkspark Rehberge. Die seien „aus Sicht der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter nicht sinnvoll“, teilt ein Bezirkssprecher mit.
Genau genommen gibt es noch keinen zweiten Bezirk, der elektrische
Cargobikes einsetzt, und mit Neukölln nur einen weiteren, der zumindest auf
muskelbetriebene Lastenräder setzt: Drei Stück befinden sich neben mehreren
Pedelecs im Eigentum des dortigen SGA. Auf taz-Anfrage begründen dies
mehrere Bezirksämter mit – vermeintlichen oder tatsächlichen – Nachteilen:
In Reinickendorf scheitert es an den weiten Wegen, weil „das Grünflächenamt
örtlich zentral organisiert ist“, es sei aber auch „die Kapazität der
Zuladung begrenzt“. Ähnlich argumentiert man in Pankow: Lastenräder
entsprächen nicht den Anforderungen des SGA, „insbesondere in Hinblick auf
vorhandene Ladeflächen“.
Im Übrigen stehen noch Charlottenburg-Wilmersdorf (8 E-Autos, 3 bestellt)
und Steglitz-Zehlendorf (6 E-Autos) weiter oben im E-Mobility-Ranking.
Nachholbedarf haben dagegen Pankow und Tempelhof-Schöneberg (je 2 E-Autos),
Lichtenberg (1 Hybrid-Pkw) und Schlusslicht Marzahn-Hellersdorf (denkt über
E-Fahrzeuge nach).
Auch in Sachen E-Autos wird teilweise argumentiert, die Technologie sei
vorläufig ungeeignet: „Elektrofahrzeuge kommen für das Ordnungsamt noch
nicht infrage, da die Kilometerleistung der Akkuzellen nicht
zufriedenstellend ist“, meint der unter anderem für Umwelt und Verkehr
zuständige Bezirksstadtrat von Lichtenberg, Wilfried Nünthel (CDU): „Es
macht keinen Sinn, wenn die Ordnungsamtskräfte aufgrund der hohen
Kilometeranzahl pro Schicht bereits nach einer 1/3- oder ½-Schicht locker
30 Minuten an einer Ladesäule verbringen müssen.“
Und der Sprecher des Neuköllner Bürgermeister Martin Hikel (SPD) teilt mit,
der Einsatz von E-Kraftfahrzeuge sei nicht sinnvoll, wenn „Personal sowie
Material und Baustoffe transportiert werden müssen“. Entweder seien die
Akkus noch zu schwer „oder die Leistungsfähigkeit nicht stark genug“. Das
Neuköllner Grünflächenamt wolle seine E-Flotte aber „nach und nach
vergrößern“ und beobachte die Marktentwicklung.
Möglicherweise kann die Senatsverwaltung hier noch für einheitliche
Bewertungsmaßstäbe sorgen und so die Elektrifizierung der Bezirksämter
befördern. Bei der Finanzierung hilft übrigens das Berliner Programm für
Nachhaltige Entwicklung (BENE) mit einer entsprechenden Förderlinie.
1 Sep 2019
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Energiewende
Schwerpunkt Klimawandel
Verwaltung
Elektromobilität
Park
Lastenrad
Friedrichshain-Kreuzberg
Infrastruktur
Volksinitiative
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