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# taz.de -- Gleichstellung in Saudi-Arabien: Der Kronprinz lockert einen Zügel
> Der Grundsatz, dass saudische Frauen ohne männliche Erlaubnis nicht
> geschäftsfähig sind, wird abgeschwächt. Die Reaktionen sind
> unterschiedlich.
Bild: Sonnenbrille auf und ab aufs Amt. Die Männer können derweil den Haushal…
Sie gehörte zum Kern der [1][Politik des saudischen Königshauses], um den
Status der [2][saudischen Frauen als Bürgerinnen zweiter Klasse]
festzuschreiben: die männliche Vormundschaft bei allen wichtigen
Amtsgeschäften, wenn Vater, Bruder oder Ehemann im Namen der Frau
unterschreiben müssen. Eine Frau allein konnte keinen Pass und keine
Familiendokumente beantragen. Selbst die Entlassung einer Frau aus dem
Gefängnis muss ein männlicher Verwandter gegenzeichnen.
Nun hat der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman vor wenigen Tagen ein
Dekret erlassen, in dem er die männliche Vormundschaft nicht zur Gänze
abschafft, aber einige seiner Regeln. Frauen dürfen nun allein einen Pass
beantragen und ab dem Alter von 21 Jahren ohne die Zustimmung eines
männlichen Verwandten verreisen. Sie können allein die Geburt ihrer Kinder
registrieren und eine Scheidung beantragen. Im Dekret M.134 sind auch neue
Regeln gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz enthalten.
Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus. Einige konservative Männer
wettern auf den sozialen Medien dagegen. „Die männliche Vormundschaft ist
ein göttliches Gesetz, keines von Menschen gemachtes. Es ist ein fester
Bestandteil der Religion und der Kontrolle der Familie. Jeder, der es
verändert, fordert den Sturz der gesamten Religion“, twittert der saudische
Dichter Mohammed Dschasa al-Aslami. Es gibt aber auch zahlreiche saudische
Männer, die auf Twitter ihre Erleichterung zum Ausdruck gebracht haben,
dass die Frauen sich um manche Dinge nun selbst kümmern können.
Viele Frauenrechtlerinnen sind begeistert. „Die Änderungen führen dazu,
dass die Frauen nun endlich ihr rechtliches Schicksal selbst in die Hand
nehmen können“, sagt Muna Abu Sulaiman, die oft in Talkshows aufgetreten
ist. Andere Frauenrechtlerinnen twittern enthusiastisch, dass sie nun ihre
Sachen packen und sofort verreisen wollen.
Einige der Frauen, die für eine Änderung der Regeln gekämpft haben, wie
Lujain al-Hathoul oder Samar Badawi, können die Neuerungen allerdings nur
im Gefängnis feiern. Der gleiche Kronprinz, der sich nun als Reformer
feiern lässt, hatte sie für ihre Aktivitäten gegen die männliche
Vormundschaft ins Gefängnis werfen lassen. Die Frauenrechtlerinnen
[3][Hatun al-Fassi] und Eman al-Najjan wurden mit einem Reisebann belegt
und müssen sich vor Gericht verantworten.
Die Botschaft ist klar: Neuerungen dürfen in Saudi-Arabien nur von oben
gewährt und nicht von unten erkämpft werden. Manche werfen dem Kronprinzen
auch vor, dass er diese Neuerungen zugelassen hat, um internationales Lob
zu erheischen, in einer Zeit, in der er wegen des Mords an dem saudischen
Journalisten [4][Kamal Khashoggi] und wegen [5][des blutigen Jemen-Kriegs]
unter heftiger Kritik steht.
Übrigens ist das Prinzip der männlichen Vormundschaft nicht ganz
aufgehoben. Frauen können immer noch nicht ohne Erlaubnis heiraten oder
ohne Unterschrift eines männlichen Verwandten das Gefängnis verlassen.
Selbst wenn sie Schutz vor häuslicher Gewalt suchen, brauchen sie die
Zustimmung von Vater, Bruder oder Ehemann.
4 Aug 2019
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## AUTOREN
Karim El-Gawhary
## TAGS
Gleichstellung
Saudi-Arabien
Frauenrechte
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Rüstungspolitik
Jamal Khashoggi
Jemen
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