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# taz.de -- Amnesty-Bericht zum Jemen-Krieg: Emirate liefern Waffen an Milizen
> Auch Deutschland verkauft Waffen an die Vereinigten Arabischen Emirate.
> Die liefern sie an jemenitische Milizen. Und die töten.
Bild: Seit März 2015 tobt im Jemen ein blutiger Stellvertreterkrieg zwischen S…
Gerade erst hatte Papst Franziskus als erstes katholisches Oberhaupt
überhaupt [1][die Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) besucht], als die
Menschenrechtsorganisation Amnesty International eine Studie publiziert,
die die illegalen Waffengeschäfte des Golfstaates öffentlich macht. So
sollen die VAE in „großem Umfang“ Panzerfahrzeuge, Mörsersysteme, Gewehre,
Pistolen und Maschinengewehre an jemenitische Milizen liefern, die keiner
Regierung unterliegen. Milizen, denen Kriegsverbrechen und andere schwere
Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.
Wie Amnesty International schreibt, ist das „Erstarken der Milizen im Jemen
eine Katastrophe für die dortige Zivilbevölkerung“. Tausende Zivilisten
seien im Zuge des Konflikts bereits getötet worden, Millionen Menschen
befänden sich am Rande einer Hungersnot. Die Vereinten Nationen sprechen
gar von der größten humanitären Katastrophe der Welt.
Seit März 2015 tobt im Jemen ein blutiger Stellvertreterkrieg zwischen
Saudi-Arabien und Iran. Die von Saudi-Arabien geführte Militärallianz, der
Ägypten, Bahrain, Katar, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate,
Jordanien, Marokko, Sudan und der Senegal angehören und die von den USA,
Frankreich und Großbritannien logistisch unterstützt wird, kämpft gegen die
von Iran unterstützten Huthi-Rebellen. Waffen im Wert von 3,5 Milliarden
US-Dollar sind seit Beginn des Krieges von westlichen Staaten an die
Emirate geliefert worden. Flugzeuge und Schiffe gehörten ebenso dazu wie
Waffenzubehör und Munition. Material, das die Emirate Amnesty International
zufolge auf direktem Wege an Milizen weiterreichen.
Tatsächlich hatte Papst Franziskus bei seinem Besuch in Abu Dhabi, der
Hauptstadt der Emirate, noch über die Situation im Jemen gesprochen. Keine
allzu scharfen Worte hatte er gefunden, aber doch eindringliche und
zumindest überhaupt welche. Er prangerte die „katastrophalen Folgen“ von
Kriegen an und forderte von den Herrschern in Abu Dhabi „einen aktiven
Beitrag zur Entmilitarisierung des menschlichen Herzens“ zu leisten.
## Auch Deutschland genehmigt Rüstungsexporte
Australien, Belgien, Brasilien, Bulgarien, Tschechien, Frankreich,
Deutschland, Südafrika, Südkorea, Türkei, Großbritannien, die USA und
andere hatten der Recherche von Amnesty International zufolge gerade erst
Rüstungsexporte an die emiratische Regierung genehmigt – während sie
gleichzeitig Iran die militärische Unterstützung der Huthi-Rebellen
vorwerfen.
„Die USA und europäische Staaten werden zu Recht für ihre Rüstungsexporte
an die von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition kritisiert. Dem Iran
wird vorgeworfen, die Huthis mit Waffen versorgt zu haben. Doch mit immer
mehr von den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgerüsteten Milizen ist eine
weitere Bedrohung entstanden“, sagt Mathias John, Rüstungsexperte bei
Amnesty International Deutschland. Die Emirate standen bislang weniger im
Fokus als Saudi-Arabien, sodass auch diese Rüstungsexporte an den Golf auf
weniger Kritik stießen.
Tatsächlich sei aber durch immer mehr von den Vereinigten Arabischen
Emiraten ausgerüstete Milizen eine weitere Bedrohung entstanden. „Das
Militär der Emirate erhält von westlichen Staaten und anderen Ländern
Waffenlieferungen in Milliardenhöhe, nur um diese dann an Milizen im Jemen
weiterzuleiten, die nachweislich Kriegsverbrechen begehen“, so
Rüstungsexperte John. Die bewaffneten Milizen würden in einem nächsten
Schritt von den VAE ausgebildet und finanziert.
Unter ihnen befänden sich die als „Giants' Brigade“, „Sicherheitsgürtel…
und „Shabwani-Elitetruppen“ bekannten Gruppen. Einigen von ihnen werden
Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, zum Beispiel
bei der jüngsten Offensive auf die Hafenstadt Hudaida oder in einem
Geheimgefängnis im Süden des Jemen, das durch ein durch die VAE
unterstütztes Netzwerk betrieben wird.
## In Fälle des Verschwindenlassens verwickelt
Amnesty International hat nach eigenen Angaben öffentlich zugängliche
Informationen zu den Kampfhandlungen in Hudaida analysiert und
herausgefunden, dass Militärfahrzeuge und Waffen, die ursprünglich an die
VAE geliefert worden waren, mittlerweile von Milizen vor Ort genutzt
werden. Zahlreiche aus den USA gelieferte Panzerfahrzeuge wurden bei den
Milizen „Giants‘ Brigade“, „Sicherheitsgürtel“ und „Shabwani-Elite…
entdeckt.
Amnesty International und andere Organisationen haben bereits in der
Vergangenheit dokumentiert, dass diese bewaffneten Gruppen in Fälle des
Verschwindenlassens und in andere Menschenrechtsverstöße in den
Geheimgefängnissen verwickelt sind. Hierzu zählen, wie Amnesty
International schreibt, unter anderem Inhaftierungen mit vorgehaltener
Waffe, Folter mit Elektroschocks, simuliertes Ertrinken (Waterboarding),
das Aufhängen an der Decke, sexualisierte Demütigung, lange Einzelhaft,
schlechte Haftbedingungen und unzureichende Versorgung mit Nahrungsmitteln
und Wasser.
Amnesty International weist daraufhin, dass viele der Staaten, die auch
weiterhin Waffen an die Vereinigten Arabischen Emirate liefern,
Vertragsparteien des internationalen Waffenhandelsvertrags sind. Andere
seien aufgrund ihrer EU-Mitgliedschaft oder ihrer eigenen innerstaatlichen
Gesetzgebung verpflichtet, keine Waffenlieferungen zu genehmigen, wenn
diese für Kriegsverbrechen oder Menschenrechtsverletzungen benutzt werden
könnten. Mit ihren Rüstungsexporten an die VAE verstießen die Länder gegen
diese Verpflichtungen.
Dänemark, Finnland, die Niederlande und Norwegen haben angekündigt, alle
Rüstungstransfers an die VAE einstellen zu wollen, Amnesty International
fordert auf Grundlage seiner jüngsten Recherche auch alle anderen Länder
dazu auf. Doch die Vereinigten Arabischen Emirate werden sich wohl weder
davon, noch von den Worten des Papstes beirren lassen.
6 Feb 2019
## LINKS
[1] /Kommentar-Papst-in-Abu-Dhabi/!5570564
## AUTOREN
Hanna Voß
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