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# taz.de -- Söders Zukunftsentwurf: Der Grüne Markus
> Meint CSU-Ministerpräsident Söder seine klimapolitischen Worte ernst?
> Eigentlich egal – solange alles immer so weitergeht wie bisher.
Bild: Ob's abfärbt? Markus Söder vor grünem Hintergrund
Die klimapolitische Verbaloffensive des bayerischen Ministerpräsidenten und
CSU-Vorsitzenden wurde in dieser Woche an den linksliberalen Stammtischen
als verlogene Taktik verurteilt. Jedenfalls an denen, an denen ich saß.
Söder will [1][Politik gegen Erderhitzung]? Schlimmer Heuchelanfall.
Manchmal beschleicht mich allerdings das Gefühl, es wäre noch schlimmer,
wenn Söder wirklich Klimapolitik zur Priorität machte, denn dann stünde er
ja auf der richtigen Seite. In einem rein ästhetisch und verbal
verstandenen Dagegen-Politikstyle des 20. Jahrhunderts geht das nicht.
Damit will ich überhaupt nicht bestreiten, dass Söders landespolitische
Möglichkeiten begrenzt sind und er ein pragmatischer Machtpolitiker ist,
der den neuen AfD-Wählern genauso hinterherhechelt wie den neuen
Grünen-Wählern in der Mitte. Das ist sein Job.
Die anachronistisch-bayerischen Mobilitätskonzerne scheinen ja auch
ausdrücklich nicht Teil seines zukunftspolitischen Entwürfchens zu sein.
Und solange wir nicht prioritär über grüne Wirtschaft reden, reden wir
nicht über die Gewinnung von Zukunft.
Die Grüne Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt hat im Bezug auf Söder
den weisen Satz gesagt, dass sie seine Worte daran messe, was er tue und
nicht, was er bezwecke. Wenn liberalkonservative Publizisten den Nürnberger
Selfmademan nun also einen „Grünen“ nennen, so haben sie insofern einen
Punkt, dass die Grünen ja im Bund seit 2005 nur daherreden und nichts tun,
weil sie zuletzt unfähig und davor ein Jahrzehnt unwillig waren, in die
politische Verantwortung zu kommen.
Was sie damit bezweckten, ist für einen jungen Menschen der Fridays For
Future-Generation nicht mehr zu verstehen. Aber vielleicht wissen die
Jungen das auch gar nicht. Das wäre dann auch okay. Weil es abgehakt sein
muss, wie vieles andere.
## Freiheitsgedöns durchkauen
Es reicht eben auch nicht mehr, Markus Söder zu „entlarven“. Damit ist
klimapolitisch überhaupt nichts gewonnen. Genausowenig wie jungen Frauen,
die sich in herausragender Weise für Klimapolitik engagieren, ihre
Mobilität vorzuwerfen. Oder die Themen Fleisch, Fliegen und SUV mit dem
immer gleichen und immer gleich falschen Moral-, Verbots- und
Freiheitsgedöns zum hundersten Mal durchzukauen. Oder dass „das Soziale“
nicht unter Klimapolitik leiden dürfe (Sozialdemokraten). Oder „die
Wirtschaft“ (Liberalkonservative). Leute!
Selbst wenn der Tag kommt, an dem Maschinen die Intelligenz übernehmen,
muss man sich nicht jetzt schon komplett zum Affen machen. So sehr die
Diskurswindmaschinen auch tosen, objektiv gibt es keinen Verzicht- und
Verbots- und Veganfetischismus, alles läuft weiter wie bisher und das
heißt, dass wir – „Linke“, „Liberale“ und „Konservative“ – uns…
Freiheit nehmen, noch schneller aufzufressen und zu verbrennen, was wir
kriegen können, damit es unseren Kindern einmal schlechter geht als uns.
Aber nun sagen die Kinder, dass sie das so nicht mehr mitmachen. Und jetzt
können die sich umentscheiden, die dazu bereit sind. Je mehr dazu bereit
sind, desto größer und besser wird das politische Angebot an Klimapolitik.
Das ist in einer Marktwirtschaft so. Ohne Union wird es allerdings bis auf
weiteres nicht gehen. Wenn man CDU-Politiker wie den sächsischen
Ministerpräsidenten Kretschmer sprechen hört, dann fällt es schwer, einen
schnellen klimapolitischen Lernprozess zu erwarten.
Aber das Tolle an CDU und CSU ist ja nun mal, dass sie gewählt werden will
und keine Seele dafür verkaufen muss. Wenn die Mehrheit Klimapolitik will,
soll's der Union recht sein. Im übrigen: Wer im Osten jetzt keine
Zukunftspolitik machen will, um damit „die AfD nicht zu stärken“, wird die
AfD im Osten stärken. Und die Grünen bei der nächsten Bundestagswahl.
11 Aug 2019
## LINKS
[1] /Klimaschutz-bei-der-CSU/!5609851
## AUTOREN
Peter Unfried
## TAGS
Grüne
Schwerpunkt Klimawandel
Kolumne Die eine Frage
Markus Söder
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Banken
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Christian Lindner
Kolumne Die eine Frage
Schwerpunkt Klimawandel
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