# taz.de -- Neuregelung der Grunderwerbsteuer: Scholz will Share Deals erschwer… | |
> Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung könnte die Spekulation auf dem | |
> Wohnungsmarkt eindämmen. Die Unionsfraktion ist aber skeptisch. | |
Bild: Olaf Scholz hat sich mit den Ländern wohl nur auf eine Minimallösung ei… | |
BERLIN taz | Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf zur | |
Eindämmung sogenannter Share Deals beschlossen. Damit soll eine Praxis | |
eingedämmt werden, deren Ziel es ist, die [1][Grunderwerbssteuer beim Kauf | |
von Grundstücken und Häusern zu sparen]. | |
Bisher fiel keine Grunderwerbsteuer an, wenn kein komplettes Grundstück | |
erworben wurde, sondern weniger als 95 Prozent der Anteile an einem | |
Unternehmen, das dieses Grundstück hielt. Unternehmen bleiben daher oft | |
knapp unter diesem Anteil, um die Steuer zu sparen. In Zukunft wird nach | |
den Plänen der Bundesregierung schon ab einem Erwerb von 90 Prozent | |
Unternehmensanteilen die volle Grunderwerbsteuer fällig. Zudem können | |
Firmen erst nach zehn statt wie bisher nach fünf Jahren die restlichen | |
Anteile an einem Grundstück steuerfrei erwerben. | |
Die Möglichkeit von Share Deals sind einer der Gründe für den überhitzten | |
Wohnungsmarkt in Deutschland. Die Grunderwerbsteuer dient auch dazu, den | |
schnellen Weiterverkauf von Häusern und Grundstücken zu Spekulationszwecken | |
zu erschweren. | |
Nach Angaben der Grünen wurden zwischen 1999 und 2017 aber zwei Drittel des | |
Wohnungsportfolios mit mehr als 800 Wohneinheiten als Share Deal verkauft. | |
Bei der Hälfte davon wurden weniger als 95 Prozent der Anteile erworben. | |
Laut Grünen entgeht dem Staat damit jährlich rund eine Milliarde Euro, rund | |
zehn Prozent des Gesamtaufkommens der Grunderwerbsteuer. | |
Außerdem wird über Share Deals das Vorkaufsrecht von Städten und Gemeinden | |
ausgehebelt: Wo kein komplettes Haus den Besitzer wechselt, sondern nur | |
Anteile, haben die Kommunen keine Eingriffsrechte. Share Deals erleichtern | |
auch den Erwerb großer Landwirtschaftsflächen, das sogenannte Landgrabbing. | |
## Auch Chemiekonzern BASF gegen Neuregelung | |
Linke und Grüne sind allerdings skeptisch, ob der jetzige Entwurf, den | |
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgelegt hat, das parlamentarische | |
Verfahren unbeschadet übersteht. Ursprünglich war die neue Share | |
Deals-Regelung als Teil des Jahressteuergesetzes geplant. Jetzt wurde sie | |
herausgelöst. | |
„Damit droht im schlimmsten Fall eine Beerdigung“, sagte Fabio de Masi, | |
finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Zu der Frage, warum die | |
Regelung aus dem Jahressteuergesetz herausgelöst wurde, wollte eine | |
Sprecherin des Finanzministeriums keine Stellung beziehen. | |
Als Bestandteil des Jahressteuergesetzes wäre die Share-Deals-Regelung Teil | |
einer Paketlösung gewesen, die von den Regierungsfraktionen üblicherweise | |
nicht mehr grundlegend aufgeschnürt wird. Jetzt kündigte Andreas Jung, | |
Vizefraktionschef der Union, eine Prüfung des Gesetzentwurfs an: Die | |
Herauslösung ermögliche „die notwendige intensive Beratung“, sagte er der | |
FAZ. | |
Auch der Chemiekonzern [2][BASF äußerte sich in der Zeitung gegen die | |
Neuregelung], weil die Grunderwerbsteuer zukünftig fällig würde, wenn 90 | |
Prozent der BASF-Aktien innerhalb von zehn Jahren den Besitzer wechselten. | |
Ohnehin hätte man sich bei Linken und Grünen eine weitergehende Regelung | |
gewünscht. „Auf Druck der Immobilienlobby wird das Steuerschlupfloch | |
vorerst nicht wirksam geschlossen“, sagte Lisa Paus, Grüne Sprecherin für | |
Finanzpolitik. „Bei der Reform der Share Deals hat sich Olaf Scholz mit den | |
Ländern auf eine Minimallösung verständigt.“ | |
Die Grüne Bundestagsfraktion hatte im März ein Gutachten vorgelegt, wonach | |
Share Deals schon ab 50 Prozent besteuert werden könnten, falls die | |
Besteuerung anteilig erfolgt und nicht wie bei der jetzigen und zukünftigen | |
Regelung zum vollen Steuersatz. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt das | |
Gesetzgebungsverfahren schon im Gange, so dass sich auch Länder wie | |
Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein, in denen die Grünen die | |
Finanzministerinnen stellen, skeptisch über den Vorschlag ihrer Berliner | |
Kollegen äußerten. | |
31 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Mietenwahnsinn-in-Berlin/!5581628 | |
[2] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/industrieunternehmen-bas… | |
## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
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