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# taz.de -- Dirk Behrend über queere Landespolitik: „Wir werden nichts zurü…
> Nicht zu viel versprochen: Der grüne Justizsenator Dirk Behrendt
> verteidigt die ambitionierten queerpolitischen Ziele des rot-rot-grünen
> Senats.
Bild: Behrendt spricht bei der Verleihung des „Respektpreises 2018“ des Bü…
taz: Herr Behrendt, mit Ihnen und Klaus Lederer gibt es seit Klaus Wowereit
wieder offen schwule Mitglieder des Senats. Ist das ein Fortschritt?
Dirk Behrendt: Es spielt sicher für die Emanzipation eine Rolle, dass es
zur Normalität gehört, offen homosexuell zu leben. Vor 20 Jahren war das
noch anders, Klaus Wowereit hat viel vorgekämpft.
Ihre Regierung hat sich im Koalitionsvertrag auf so viele queerpolitische
Ziele verpflichtet wie keine Landesregierung in Deutschland zuvor. Macht
Sie das stolz?
Wir erheben den Anspruch, umfassende Queerpolitik für die
Regenbogenhauptstadt Berlin zu machen. Hier hatten wir schon früh
Ansprechpartner für LGBTI bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Wir
werben dafür, dass das Schule macht. Wir wissen, dass wir eine große und
vielfältige LGBTI-Community in der Stadt haben, und für die machen wir
Politik. Ich bin sehr froh, dass wir am Dienstag einen umfangreichen
Maßnahmenkatalog in den Senat eingebracht haben, die Initiative
geschlechtliche und sexuelle Vielfalt.
Mit dieser Initiative haben Sie schon im Wahlkampf geworben. Wieso hat es
zwei Jahre gedauert, einen Entwurf vorzulegen?
An uns lag es nicht. In der parlamentarischen Abstimmung hakte es ein
bisschen.
An wem lag es?
Das müssen sie das Parlament fragen. Der Senator zeigt nicht mit dem Finger
auf Abgeordnete. Aber jetzt ist es ein guter Beschluss geworden.
2017 haben Sie „WCs für alle Geschlechter“ gefordert. Dabei sollen in den
Frauentoiletten in städtischen Gebäuden auch Pissoirs hängen. Dafür haben
Sie von der Opposition viel Häme einstecken müssen. War der Vorstoß ein
Fehler?
Nein. Auch wenn Frau Kramp-Karrenbauer meint, sie müsse darüber
Faschingsscherze machen. In Berlin ist es für trans- und
intergeschlechtliche Menschen relevant, wo sie zur Toilette gehen, ohne
diskriminiert zu werden. Wir werden nichts zurücknehmen.
Haben Sie die Toiletten nun umbauen lassen?
Das macht jeder Senator in seinem Verantwortungsbereich.
Nun haben Sie ein Landesantidiskriminierungsgesetz ausgearbeitet. Wieso
braucht es das?
Mit dem Gesetz stärken wir die Rechte aller von Diskriminierung
Betroffenen. Für die von der Berliner Verwaltung diskriminierten Personen
wird es Ansprüche auf Schadenersatz geben. Es wird bestimmt nicht so sein,
dass die Person, die diskriminiert, sagt: Ich gebe dir das nicht, weil du
schwarz bist, weil du eine Frau bist oder weil du lesbisch bist. Der Beweis
ist in solchen Fällen schwierig, weil man nicht in die Köpfe der Leute
gucken kann. Deswegen gibt es eine Beweiserleichterung für die Betroffenen.
Die Verwaltung soll durch Testing-Verfahren geprüft werden. Dabei sollen
Versuchspersonen mit unterschiedlichen Profilen in derselben
Behördensituation testen, ob bestimmte Bürger diskriminiert werden.
Sprechen Sie hier eigentlich Ihren eigenen Mitarbeitern das Misstrauen aus?
Nein. Antidiskriminierungsverbände zeigen uns durch Erhebungen, dass
Menschen sich immer wieder diskriminiert fühlen. Den Berichten zufolge
spielen zum Beispiel die Verwaltung, die Polizei oder auch Schulen dabei
eine Rolle. Als Koalition wollen wir in diesen politisch schwierigen Zeiten
zeigen: Wir stehen an der Seite der Berliner, die Opfer von Rassismus und
Diskriminierung sind.
Im Mai haben Sie im Bundesrat eine Initiative zum Verbot von
Konversionstherapien durchgebracht. Der Beschluss hat aber kaum mediale
Resonanz bekommen. Gesundheitsminister Jens Spahn kündigt ein solches
Verbot mehrmals an und bekommt viel mehr Aufmerksamkeit. Ärgert Sie das?
Ich mache nicht Politik, damit jeden Tag mein Name in der Zeitung steht,
sondern damit Dinge vorankommen. Beim Verbot von Konversionstherapien kann
es gar nicht genug Politiker geben, die sich dafür einsetzen. Ich bin jetzt
gespannt, ob der Ankündigung der Bundesregierung ein Gesetz folgt. Ich bin
optimistisch.
Letztes Jahr wollten Sie den Diskriminierungsschutz des Grundgesetzes in
Artikel 3 um „sexuelle und geschlechtliche Identität“ ergänzen. Mit der
Bundesratsinitiative sind Sie aber gescheitert.
Nein, gescheitert sind wir nicht. Wir suchen noch Mehrheiten. Wir haben es
im Ausschuss nicht abstimmen lassen, weil sich keine Mehrheit abgezeichnet
hat. Wir warten noch auf die Unterstützung von Baden-Württemberg.
Der rot-grün-rote Senat in Bremen hat vor Wochen einen Koalitionsvertrag
beschlossen, in dem zahlreiche queerpolitische Ziele stehen. Verliert
Berlin den Vorreiterstatus?
Wir sind überhaupt nicht traurig, wenn auch andere ambitionierte
LGBTI-Politik voranbringen. Die großen Errungenschaften der homosexuellen
Emanzipation in den letzten Jahren waren Gemeinschaftswerke.
28 Jul 2019
## AUTOREN
Markus Kowalski
## TAGS
Grüne Berlin
Dirk Behrendt
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Berlin
Queer
Sexuelle Vielfalt
Klaus Wowereit
Bremen
Antje Kapek
Dirk Behrendt
Schwerpunkt LGBTQIA
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