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# taz.de -- Neue Verteidigungsministerin: Eine mutige Entscheidung
> Kramp-Karrenbauer löst von der Leyen im Verteidigungsministerium ab. Dass
> eine Frau auf eine Frau folgt, ist ein gutes Signal.
Bild: Die neue Verteidigungsministerin: Annegret Kramp-Karrenbauer
Es ist ein wirklicher Überraschungscoup: CDU-Chefin Annegret
Kramp-Karrenbauer übernimmt an diesem Mittwoch das
Verteidigungsministerium. Damit folgt in der einstigen Männerbastion eine
Frau auf eine Frau. Wer hätte das gedacht?
In den vergangenen Tagen hatte es eine Reihe mehr oder weniger plausibel
klingender Spekulationen gegeben, wer Ursula von der Leyens Platz im
Bendlerblock einnehmen wird. Die beliebteste Variante: Gesundheitsminister
Jens Spahn wechselt ins Verteidigungsministerium, dafür erhält
[1][Integrationsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz dessen Posten].
Diese Rochade klang auch deshalb schlüssig, weil Bundeskanzlerin Angela
Merkel angekündigt hatte, dass sich der Frauenanteil im Kabinett nicht
verringern werde. Die Kanzlerin, die an diesem Mittwoch ihren 65.
Geburtstag feiert, hat Wort gehalten. Allerdings anders als erwartet.
Wie überraschend ihre Entscheidung zugunsten Kramp-Karrenbauers kam, bewies
eindrucksvoll der Chefredakteur der konservativen Rheinischen Post. Gerade
war von der Leyen zur neuen EU-Kommissionspräsidentin gewählt worden, da
machte er am Dienstagabend um kurz nach 20 Uhr aus einer Spekulation eine
Tatsache: Spahn „wird Verteidigungsminister“, twitterte der eigentlich als
seriös geltende Kollege. Eineinhalb Stunden später entschuldigte er sich
für seine offenkundige Falschmeldung: „Es gibt Momente, da sollte man die
Schnelligkeit unseres Handelns hinterfragen. Jetzt ist so einer.“
## Mut hat sie
Sein Fauxpas könnte daran gelegen haben, dass selbst
CDU-Präsidiumsmitglieder dem Irrtum erlegen sind, das Naheliegende bereits
für Realität zu halten. Entsprechend groß war auch ihr Erstaunen über den
Wechsel von Kramp-Karrenbauer ins Verteidigungsressort.
Schließlich hatte die CDU-Vorsitzende bislang den Eindruck vermittelt, sie
würde eine Berufung ablehnen. Sie habe sich „bewusst entschieden, aus einem
Staatsamt in ein Parteiamt zu wechseln“, sagte die frühere saarländische
Ministerpräsidentin noch Anfang des Monats auf eine entsprechende Frage
einer großen Boulevardzeitung. Es gäbe in der CDU „viel zu tun“. Damit
schien AKK aus dem Rennen zu sein. Ein Irrtum.
Dass sich Kramp-Karrenbauer dafür entschieden hat, jetzt doch ins
Bundeskabinett einzutreten, zeugt von ihrer großen Risikobereitschaft. Was
man immer von ihr halten mag: Mut hat sie. Ihren Start als CDU-Chefin hat
AKK ziemlich vermasselt. Bei dem Sprung von der beschaulichen
saarländischen Provinz auf die bisweilen hyperventilierende Hauptstadtbühne
hat sie einiges Lehrgeld zahlen müssen. Nun demonstriert die 56-Jährige,
dass sie nicht kapituliert hat, sondern bereit ist zu kämpfen. Und zwar
ohne Netz und doppelten Boden.
Das Verteidigungsressort ist zwar ein sehr gewichtiges Ministerium, aber
gleichwohl ein höchst problematisches. Von den Skandalen von Franz Josef
Strauß um den Schützenpanzer HS-30 und den Starfighter F-104 über die
Kießling-Affäre Manfred Wörners bis zum Euro-Hawk-Desaster von Thomas de
Mazière: Kaum einer der Amtsinhaber blieb unbeschädigt. Nicht erst seit
Rudolf Scharping weiß man, dass dieses Ministeramt ein Schleudersitz ist.
Auch von der Leyen hinterlässt gleich eine Reihe von explosiven Altlasten –
von dem leckgeschlagenen Segelschulschiff „[2][Gorch Fock“] bis zur
Berateraffäre, mit der sich gerade ein Untersuchungsausschuss des
Bundestags beschäftigt. Wenn Kramp-Karrenbauer ihre Vorgängerin nicht
beschädigen will, wird sie hier kräftig lavieren müssen. Wie wird sie es
schaffen, dabei selbst unbeschädigt zu bleiben? Das Erbe von der Leyens ist
vermintes Gelände.
## Besser wäre jemand, der für konsequente Abrüstung steht
Zur historischen Wahrheit gehört indes auch: Ursula von der Leyen war in
einer Hinsicht eine höchst erfolgreiche Verteidigungsministerin. Als die
Merkel-Vertraute ihr Amt 2013 übernahm, lag der [3][Verteidigungsetat] noch
bei 33,3 Milliarden Euro. In diesem Haushaltsjahr beträgt er stolze 43,9
Milliarden Euro. Das ist von der Leyens zweifelhafter Verdienst. AKK kann
also aus dem Vollen schöpfen – trotz allem absurden Geschwafel über den
angeblich so maroden Zustand der Bundeswehr. Es ist ihr zuzutrauen, dass
sie diese Chance nutzt.
Da Entmilitarisierung leider nicht dem Zeitgeist entspricht, muss man sich
bis auf Weiteres wohl oder übel mit dem Ist-Zustand begnügen – und der
könnte schlechter sein. Denn die Bundeswehr ist immer noch ein
männerbündischer Verein. Von den rund 180.000 Soldatinnen und Soldaten sind
gerade mal etwa 22.000 weiblich. Je höher es in der militärischen
Hierarchie geht, desto männlicher wird es. Da freut es dann doch, wenn an
der Spitze weiterhin eine Frau steht – etwas, was es selbst zu rot-grünen
Zeiten nicht gegeben hat.
Besser wäre selbstverständlich jemand, der oder die für konsequente
Abrüstung stehen würde. Also weniger Bundeswehr statt mehr. Das ist von
Annegret Kramp-Karrenbauer nicht zu erwarten. Von einem anderen Mitglied
der Großen Koalition allerdings auch nicht.
17 Jul 2019
## LINKS
[1] /CDU-Politikerin-Annette-Widmann-Mauz/!5606976
[2] /Marine-Schulschiff-Gorch-Fock/!5580658
[3] /Kommentar-Jahresbericht-zu-Bundeswehr/!5565852
## AUTOREN
Pascal Beucker
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