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# taz.de -- Grundschul-Forderung aus der CDU: Profilierung auf Kosten der Kinder
> Ein CDU-Politiker will Kinder, die kein Deutsch sprechen, nicht in den
> Grundschulen. Das ist falsch. Immerhin reden wir wieder über
> Bildungspolitik.
Bild: Getrennt statt zusammen: Linnemanns Aussagen passen zum aktuellen Zeitgei…
Er hat unzweifelhaft einen Nerv getroffen. Mit seiner Bemerkung „Ein Kind,
das kaum Deutsch spricht oder versteht, hat auf einer Grundschule noch
nichts zu suchen“, hat Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann ein kleines
Brausen in der sommerschwülen Nachrichtenlage ausgelöst. Ein kleiner
PR-Coup.
Schlimm, mag man meinen, da [1][profiliert sich einer auf dem Rücken von
Erstklässlern]. Aber zumindest hat Linnemann auch mal wieder eine Debatte
über Bildungsgerechtigkeit ausgelöst. Und die gab’s lange nicht, seitdem
die Hamburger Bildungsbürger vor fast zehn Jahren das längere gemeinsame
Lernen abschmetterten.
Linnemann geht es natürlich nicht um Gerechtigkeit. Seine Bemerkung atmet
genau jenen [2][Geist von Aussonderung und Lernen im Gleichschritt], der
das deutsche Schulsystem prägt. Statt zu fragen, wie kann die Schule dem
Kind gerecht werden, wird immer noch viel zu sehr darauf geschaut: Passt
das Kind zur Schule? Spätestens ab der vierten Klasse, wenn es um den
Übergang aufs Gymnasium oder um andere Schulformen geht, betrifft diese
Frage alle Grundschüler*innen. Und das nicht nur mit Unterstützung
konservativer Politiker*innen und Lehrer*innenverbände, sondern auch mit
Billigung vieler Eltern, die ihren Nachwuchs sicher vor den
Schmuddelkindern beschult wissen wollen.
Dieser Geist ist in den vergangen Jahren wieder stärker geworden, er
erscheint mal im rechtslastigen, mal im elitären Gewand. Das zeigt sich
nicht nur in Debatten, wie man die Kinder und Jugendlichen in Schulen
integriert, die als Geflüchtete nach Deutschland kommen. Das wird auch am
politischen Rollback in der Inklusion deutlich. Sonderschulen haben wieder
Konjunktur, das gemeinsame Lernen wird als „gescheitert“ betrachtet. Mit
dem Verweis darauf, dass Kinder mit Förderbedarf doch viel besser an
Sonderschulen oder in eigenen Klassen aufgehoben seien, werden sie früh von
jenen Chancen ferngehalten, die die bürgerliche Mitte gern
selbstverständlich und besitzstandswahrend für sich reklamiert.
## Immerhin eine Debatte
Politiker*innen, die sich also jetzt darüber echauffieren, dass ein
CDU-Politiker vorschlägt, Kinder schon vor der Einschulung auszusieben,
sollten nicht länger dazu schweigen, dass diese Kinder ja ganz
selbstverständlich nach der vierten Klasse von den anderen getrennt werden.
Nachdem die Hamburger Regierung 2010 mit dem Versuch scheiterte, die
Grundschulzeit bis zur sechsten Klasse auszudehnen, haben Grüne, aber auch
SPD und Linke nicht wieder gewagt, das Thema „längeres gemeinsames Lernen“
auf die Tagesordnung zu setzen. Aber diese Debatte braucht es wirklich.
6 Aug 2019
## LINKS
[1] /Linnemanns-Grundschulaussage/!5616456
[2] /Lehrerin-ueber-Linnemanns-Aussage/!5611057
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Bildungspolitik
Grundschule
Immigration
Einschulung
Carsten Linnemann
Schwerpunkt Fridays For Future
Zentralabitur
Schule
Diskriminierung
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