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# taz.de -- Kampf gegen Verschwendung: Ein super Markt
> In Hamburg soll es ab 2020 einen Supermarkt geben, der nur abgelaufene
> Lebensmittel verkauft. Die Macher wollen Lebensmittelrettung etablieren.
Bild: Zu schade zum Wegwerfen: Raphael Fellmer in seinem Berliner Lager
Hamburg taz | Jeder Deutsche schmeißt 85 Kilogramm Essen pro Jahr weg. Der
Joghurt landet im Müll, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist –
auch wenn er Wochen später noch gut wäre.
Das wollen die Berliner Raphael Fellmer und Martin Schott verhindern und in
Hamburg einen Laden eröffnen, der nur abgelaufenes Essen verkauft.
Angefangen haben Sie in Berlin mit drei „Sirplus“-Märkten. Das Modell hat
nicht nur Erfolg, weil es den Nachhaltigkeitsgedanken ernst nimmt. „Wir
bieten die Sachen durchschnittlich 40 Prozent günstiger an“, sagt der
Aktivist Fellmer. Dadurch kämen Leute aus allen Gesellschaftsschichten und
nicht nur die, die sonst auch im Bioladen auf Umweltschutz achteten.
Vor sieben Jahren hat Fellmer den Verein Foodsharing mitgegründet, der
abgelaufene Lebensmittel rettet und umsonst verteilt. „Trotzdem gibt es
viel mehr Menschen, die bereit sind, Geld für abgelaufene Lebensmittel
auszugeben, als sie umsonst abholen zu müssen“, sagt Fellmer.
Die Lebensmittel für den Sirplus-Markt kommen, anders als beim Foodsharing,
vor allem aus dem Großhandel, von Unternehmen wie Metro oder dem
Bio-Konzern Tartex. Reis, Nudeln, Obst und Gemüse, aber auch Schokolade
kauft Sirplus dort ein. Auch Fleisch ist dabei, allerdings eher
Salamischeibchen als schnell verderbendes Hackfleisch. Nach genauer
Überprüfung werden die Waren mit einem Aufschlag im Supermarkt verkauft.
## Erlöse für die Lobby
Derzeit werden alle Einnahmen noch investiert. „Wir wollen deutschlandweit
Märkte eröffnen und das Lebensmittel-Retten zum Mainstream machen“, sagt
Fellmer. Zukünftig zu erwartende Überschüsse sollen an Lobbyisten in
Brüssel und Berlin fließen, die sich gegen Lebensmittelverschwendung
einsetzen.
Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) würde Fellmer allerdings nicht
abschaffen wollen – aus Mangel an Alternativen. Momentan schreibt das
Gesetz vor, dass die Hersteller für ihre Lebensmittel so lange
verantwortlich sind, bis das Datum abgelaufen ist. Danach haften die
Supermärkte und schmeißen das Essen in der Regel weg.
Die Verbraucherzentrale Hamburg kritisiert, dass Lebensmittelverschwendung
so Vorschub geleistet werde, weil Hersteller das Haltbarkeitsdatum bewusst
kurz ansetzten. Silke Schwartau, die Abteilungsleiterin für Lebensmittel
und Ernährung bei der Verbraucherzentrale, forderte daher in [1][der Zeit]
die Umbenennung des MHD.
Der Bund und der Hamburger Senat setzen beim Kampf gegen
Lebensmittelverschwendung auf Freiwilligkeit. Zuletzt starteten sie die
Aufklärungskampagne „[2][zu gut für die Tonne]“. Auch Justizsenator Till
Steffen (Grüne) wollte etwas gegen Lebensmittelverschwendung tun,
scheiterte aber mit dem [3][Vorhaben], das Containern zu legalisieren: Auch
in Zukunft bleibt es strafbar, abgelaufene Lebensmittel aus Mülltonnen zu
fischen. Gesetze, die bei der Herstellung und beim Handel ansetzen, fehlen
weitgehend.
„Wer in den Sirplus-Laden geht, findet nicht zu jeder Zeit seine
Lieblings-Barilla-Nudeln“, warnt Fellmer. „Es ist halt da, was gerade
gerettet wurde.“ Damit unterscheidet sich der Supermarkt von den anderen,
bei denen auch kurz vor Ladenschluss alle Regale gefüllt sind, mit Zeug,
das im Zweifel in der Tonne landet.
5 Aug 2019
## LINKS
[1] https://www.zeit.de/die-antwort/2019-06/lebensmittelverschwendung-container…
[2] https://www.zugutfuerdietonne.de/
[3] /Archiv-Suche/!5601160&s=till+steffen&SuchRahmen=Print/
## AUTOREN
Inga Kemper
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