# taz.de -- Gauland will nicht jede Meinung dulden: AfD-Spitze in NRW zerfällt | |
> Höckes rechtsnationaler „Flügel“ ruft in Thüringen zum Widerstand auf. | |
> Und plötzlich treten neun von zwölf AfD-Vorständen in NRW zurück. | |
Bild: Bringt der „Flügel“ etwa selbst AfD-Chef Alexander Gauland zur Verzw… | |
LEINEFELDE/WARBURG dpa | Der Richtungsstreit in der AfD hat den Vorstand | |
der Partei in Nordrhein-Westfalen gesprengt. Auf einem Parteitag in Warburg | |
trat der als gemäßigt geltende Co-Vorsitzende Helmut Seifen am Samstag | |
gemeinsam mit einem Großteil des zwölfköpfigen Landesvorstandes zurück. | |
Der gleichberechtigte Landeschef Thomas Röckemann und zwei weitere | |
Vorstandsmitglieder bleiben vorerst im Amt. Mehrere Anträge auf ihre Abwahl | |
erreichten bei dem vorgezogenen Parteitag der Rechtspopulisten nicht die | |
notwendige Zweidrittelmehrheit der Delegierten. | |
Röckemann gilt als Sympathisant des [1][Rechtsaußen-„Flügels“] der AfD um | |
den Thüringer Landesparteichef Björn Höcke. Seifen warf den Anhängern des | |
„Flügels“ vor, die Partei in NRW und bundesweit zu unterwandern und zu | |
spalten. In entscheidenden politischen Fragen handelten Höckes „willfährige | |
Werkzeuge“ nicht im Interesse des Landesverbandes, sagte er. „Ihre | |
Loyalität gilt in erster Linie dem ‚Flügel‘.“ | |
Das Bundesamt für Verfassungsschutz [2][stuft den „Flügel“ und die | |
Nachwuchsorganisation Junge Alternative beide als Verdachtsfälle im Bereich | |
des Rechtsextremismus ein]. Höcke sagte am Samstag beim jährlichen | |
„Kyffhäusertreffen“ des „Flügels“ im thüringischen Leinefelde: „Ei… | |
wirkliche Demokratie ist Deutschland heute für mich nicht mehr. Deutschland | |
ist für mich heute eine Maulkorb-Demokratie, die leider auf dem besten Weg | |
ist, zu einer Wohlfühl-Diktatur zu werden.“ | |
## Angeblich darf man selbst bei der AfD nicht alles sagen | |
Brandenburgs AfD-Landeschef Andreas Kalbitz rief: „Widerstand tut not in | |
diesem Land, sonst werden wir dieses Land verlieren.“ Der „Flügel“ sei f… | |
die AfD ein „Korrektiv“ und Bewahrer der Gründungsideale der Partei. | |
Der Co-Vorsitzende Alexander Gauland bat die rund 800 Teilnehmer der | |
Veranstaltung, vorsichtig zu sein. Er sagte, die AfD besitze zwar „Mut zur | |
Wahrheit“, sie sei aber nicht gegründet worden, um „einen Raum zu schaffen, | |
in dem jeder alles sagen kann“. | |
Als Beispiel nannte er den Rauswurf von Lars Steinke. Ein Schiedsgericht | |
hatte den früheren niedersächsischen Landeschef der Nachwuchsorganisation | |
Junge Alternative aus der AfD ausgeschlossen. Er hatte in einem nicht | |
öffentlich einsehbaren Facebook-Eintrag Claus Schenk Graf von Stauffenberg | |
– der am 20. Juli 1944 vergeblich versucht hatte, den Diktator Adolf Hitler | |
zu töten – als Verräter bezeichnet. | |
Wie die „Welt am Sonntag“ berichtete, sieht das Schiedsgericht der | |
bayerischen AfD den „Flügel“ inzwischen in einem „Konkurrenzverhältnis … | |
AfD“. Die Zeitung berief sich dabei auf eine einstweilige Anordnung der | |
Parteirichter zu einer Ordnungsmaßnahme. | |
## AfD hätte damit rechnen müssen | |
Die AfD-Parteispitze treibt die Sorge um, die Partei könne von | |
Rechtsextremisten „unterwandert“ werden. Das geht aus einem Schreiben des | |
Parteivorstands an das AfD-Bundesschiedsgericht hervor, das der Deutschen | |
Presse-Agentur vorliegt. | |
In dem Berufungsantrag zum Parteiausschlussverfahren gegen die | |
schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Doris von Sayn-Wittgenstein heißt | |
es: „Die besondere Gefahr, der die Partei Alternative für Deutschland | |
ausgesetzt ist, nämlich von Rechtsextremisten unterwandert zu werden und in | |
Folge dessen politisch zu „implodieren“, war allgemein und damit auch der | |
Antragsgegnerin bekannt, als sie ihren Aufnahmeantrag im Jahr 2016 | |
stellte.“ | |
Gauland unterstellte dem sächsischen Landeswahlausschuss, er wolle die AfD | |
bei der Wahl am 1. September mit formalen Tricksereien bewusst kleinhalten. | |
„Die Oppositionspartei, die in Sachsen stärkste Partei werden soll, soll | |
mit Tricks sozusagen von ihrem Wahlsieg entmachtet werden.“ | |
Vor den Teilnehmern des „Flügel“-Treffens sagte er: „Dagegen werden wir | |
aufstehen.“ Die AfD kann zur Landtagswahl in Sachsen [3][wegen formaler | |
Mängel bei der Aufstellung] nur mit den ersten 18 ihrer insgesamt 61 | |
Listen-Kandidaten antreten. | |
In NRW steht der nächste reguläre AfD-Landesparteitag Ende des Jahres an. | |
Dann muss der gesamte Vorstand neu gewählt werden. Der Co-Vorsitzende | |
Röckemann lehnte in Warburg einen Rücktritt ab: „Ich für meinen Teil habe | |
die Eier, das, was ich angefangen habe, auch durchzuziehen“, sagte er. Nach | |
stundenlanger Debatte steuerte der Landesparteitag auf den Show-down zu, | |
als nacheinander neun Vorstandsmitglieder unter Applaus und Buh-Rufen ihre | |
Rücktritte erklärten. Seifen wurde dabei von Delegierten fast | |
niedergeschrien. | |
7 Jul 2019 | |
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