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# taz.de -- Rocker und Nazis in Neumünster: Eine Stadt unter Druck
> Im schleswig-holsteinischen Neumünster sind Rocker- und Neonazi-Szene
> eine unheilvolle Liaison eingegangen.
Bild: Ende einer NPD-Demo: Rechte werden in Neumünster zum Zug gebracht
Hamburg | taz | Neumünster, das ist eine dieser Städte, die selten in den
Medien auftauchen, und wenn doch, bedeutet es in der Regel nichts Gutes für
die Stadt. „Neumünster“ hören die Leute und vielleicht denken sie an die …
Tage, die der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont [1][im
örtlichen Gefängnis verbracht hat].
Wahrscheinlicher ist, dass den Leuten gar nichts einfällt und das liegt
daran, dass Neumünster auf der Landkarte der Tourismusverbände höchstens
mit einem Outlet-Center vor den Toren der Stadt auftaucht. Die Zeiten, als
es ihrer Tuchindustrie gut ging, sind lange vorbei und die fünf
Fabrikschlote im Stadtwappen Erinnerung an bessere Zeiten.
Das Ungewöhnliche an Neumünster ist – und auch das ist bezeichnend – eher
zufällig bekannt geworden, als es um die Ausrufung von [2][Gefahrengebieten
in Hamburg] ging: Neumünster lief wegen der Rockerbanden, die dort agieren,
mehrere Jahre lang als polizeiliches Kontrollgebiet, im Volksmund besser
bekannt als, eben, „Gefahrengebiet“. Wer dort lebt, läuft täglich an den
Kneipen vorüber, in denen sich die Szene trifft, und an ihren
Tattoo-Studios neuerdings auch.
In Neumünster sitzen zwei NPD-Leute im Stadtrat. Es gibt eine
Neonazi-Szene, die nicht größer oder kleiner ist als in anderen Städten
auch. Was sie ungewöhnlich macht, ist, dass sich in der Stadt Neonazis und
Rocker schon lange gefunden haben. Was der Verfassungsschutz heute als
bedrohliche Entwicklung in ganz Deutschland benennt, hätte er in dieser
unauffälligen Mittelstadt schon lange antreffen können.
## Aggressiv männlich
Zwei Szenen, die auf den ersten Blick nicht kompatibel sind, und sich doch
finden: in ihren autoritären Strukturen, im aggressiven Männlichkeitsideal,
in ihrer Verachtung für den demokratischen Staat. Es ist eine unheilvolle
Vermischung und eine, die Angst macht: In Neumünster, so heißt es, würden
Leute bedroht von Rockern, wenn sie sich über laute Musik beschwerten. Es
ist eine zutiefst beunruhigende Erfahrung, bedroht zu werden von Leuten,
denen die Sanktionen gleichgültig sind, die man gegen sie aufbieten kann.
Neumünster zu besuchen, heißt, eine Stadt zu besuchen, in der Menschen der
Neonazi-Rocker-Szene sehr unterschiedlich begegnen: kämpferisch,
gleichgültig, eingeschüchtert. Es bedeutet, mit Menschen zu sprechen, die
unter rechts Denkenden – und entsprechend Handelnden – schon in der Schule
gelitten haben; mit solchen, die es als ihre politische Aufgabe betrachten,
diese Rechten zu bekämpfen.
## Probleme nicht ungewöhnlich
Am auffälligsten sind immer die, die aufstehen, die eine Position
vertreten. Das bedeutet aber nicht, dass sie die auch durchsetzen könnten.
Es bedeutet auch nicht immer, dass sie für eine Mehrheit sprechen. Die
Probleme, mit denen sich Neumünster herumschlägt, und das ist bitter, sind
nicht ungewöhnlich. Nur sind sie in dieser Stadt wie in einem Brennglas zu
betrachten: auf engem Raum und schon lange schwelend.
Mehr über braune Rotlichtfiguren, eine Stadt mit arg kurzen Wegen und
Menschen, die nicht einfach weggehen, lesen Sie in der gedruckten taz nord
am Wochenende oder [3][hier].
5 Jul 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Friederike Gräff
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