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# taz.de -- Photovoltaikanlagen ganz groß: Spanien setzt wieder auf Sonne
> Die Energiekonzerne sehen im Nachholbedarf bei der Solarenergie jede
> Menge Potenzial für Megaprojekte. Kleine und dezentrale bleiben auf der
> Strecke.
Bild: Hauptsache, groß: Solarstromkraftwerk in Beneixama in Spanien
Madrid taz | Die Sonne ist zurück. Sechs Jahre nachdem die konservative
Regierung unter Mariano Rajoy den Neubau fast vollständig gestoppt hatte,
werden in Spanien wieder Photovoltaikanlagen errichtet. Und nicht
irgendwelche – es sind Großanlagen, wie sie der europäische Kontinent noch
nicht gesehen hat.
In der Region Murcia baut die Gruppe Cobra des Real-Madrid-Präsidenten
Florentino Pérez eine 1.000 Hektar große Anlage mit 494 Megawatt (MW). In
Badajoz geht bald schon eine 500 MW Anlage von Iberdrola ans Netz. Unweit
davon plant der gleiche Energieversorger weitere 590 MW auf 1.300 Hektar.
Das entspricht etwa 2,5-mal der Fläche des Berliner Tiergartens.
Das sind nur drei Projekte aus einer langen Liste an bereits genehmigten
Großanlagen, die insgesamt 28 Gigawatt umfasst. Bis 2030 sollen in Spanien
jährlich 3 bis 4 GW an Photovoltaik installiert werden. Das plant das
Ministerium für die Energiewende der sozialistischen Regierung unter Pedro
Sánchez.
Spanien hat Nachholbedarf. Im Land auf der sonnenverwöhnten Iberischen
Halbinsel wurden bisher nur knapp 6 GW installiert. Im sonnenärmeren
Deutschland sind es 46 GW.
## Nach einem Jahrzehnt herrscht wieder Optimismus
Die Großen der Bau- und Energiebranche haben – das zeigen die Projekte –
die Zeichen der Zeit verstanden. „Die Photovoltaik wird die wichtigste
Energiequelle der kommenden Jahrzehnte sein“, ist sich José Donoso,
Präsident des spanischen Photovoltaik-Verbandes sicher.
Nach einem Jahrzehnt, in dem die Regierungen zuerst die Einspeisevergütung
kürzten und dann 2012 sogar einen fast totalen Baustopp erließen, herrsche
jetzt wieder Optimismus. „Spanien bietet den Investoren wieder Ruhe und
Sicherheit“, erklärt Donoso. Zudem brauche die Photovoltaik längst keine
Subventionen mehr. Die Technologie sei mittlerweile so ausgereift, dass sie
wettbewerbsfähig sei.
Der Beleg: Nur ein geringer Teil der Anlagen ist nach der Versteigerung von
Kapazitäten geplant worden, denen ein Mindestabnahmepreis von 32 Euro pro
MW zugesichert wird. Der Rest baut, weil er einen Abnehmer hat, der die
Energie direkt vermarktet. Die ganz Mutigen produzieren direkt für den
täglichen Markt an der Strompreisbörse.
Doch nicht alle sind so zufrieden wie Donoso. Vor allem die im Nationalen
Verband der Photovoltaik-Produzenten (Anpier) zusammengeschlossenen
Betreiber kleiner und mittlerer Anlagen schauen mit Sorge auf die
derzeitige Entwicklung. „Wir wollen, dass die Anlagen wesentlich
dezentralisierter und die Gewinne somit sozialisiert werden“, sagt
Anpier-Direktor Rafael Barrera.
Um das zu erreichen, müsse die Regierung künftig bei den Versteigerungen
besondere Regelungen für kleine und mittlere Betreiber einräumen. Nur so
könne verhindert werden, dass die Großen den Markt völlig beherrschen.
Die Zahlen zeigen, was Barrera meint. Bei den vor zwei Jahren versteigerten
3.000 MW Leistung gingen 90 Prozent an nur 30 Betreiber. Anpier schätzt,
dass davon ein Viertel in den Händen von internationalen Investmentfonds
gelandet ist. Das wiederum heißt, dass die Gewinne außer Landes gehen. Und
von den Anlagen, die außerhalb der Versteigerungen errichtet werden, seien
ebenfalls 60 Prozent im Besitz von Großunternehmen.
## Mehr Arbeitsplätze durch kleinere Anlagen
„Wenn die Regierung nicht eingreift, vertun wir eine wichtige Chance. Denn
kleine und mittlere Anlagen schaffen wesentlich mehr Arbeitsplätze. Und vor
allem sorgen sie dafür, dass die Bevölkerung in ländlichen Gebieten bleibt,
da sie einen Zusatzverdienst hat“, sagt Barrera. Der Anpier-Sprecher führt
immer wieder Deutschland an. Dort komme rund die Hälfte der installierten
Leistung aus Anlagen mit höchstens 40 Kilowatt für den Eigenverbrauch.
„Endlich haben sie gemerkt, was die Zukunft bringt“, sagt Eduardo Collado,
Veteran in der Branche und Universitätsdozent für erneuerbare Energien.
„Die Großen versuchen alles, um die Photovoltaik zu monopolisieren“, nur so
könnten sie auch in Zukunft ihren Einfluss sichern. „Denn bald schon werden
sie ohne AKWs und ohne Kohlekraftwerke dastehen.“
Collado fordert eine „Demokratisierung“, also ein breites Netz aus kleinen
und mittleren Anlagen sowie Anlagen zum Eigenkonsum. Nur so könnten „die
Verbraucher Herren über ihre eigene Energie werden“. Dies vermeide zudem
unnötige Investitionen im Stromnetz. „Großanlagen brauchen einen Ausbau des
Hochspannungsnetzes, um angeschlossen zu werden, während die bestehende
Leitungen Kleinanlagen ohne größeren Ausbau verkraften würden“, sagt
Collado.
26 Jun 2019
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
Photovoltaik
Boom
Lesestück Recherche und Reportage
Kohleausstieg
Pedro Sánchez
Erneuerbare Energien
Spanien
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