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# taz.de -- Dragoner-Areal in Kreuzberg: Utopisten machen Stadt
> Aktivisten und Politik sind sich einig: Das Dragoner-Areal soll ein
> modellhaftes Stadtquartier werden, mit 100 Prozent bezahlbarem Wohnraum.
Bild: Hinter dem Biomarkt beginnt die Utopie
Berlin taz | Wenn stadtpolitische AktivistInnen mit einem Bezirksstadtrat
und einer Senatorin in Eintracht zusammenkommen, muss etwa Besonderes
passiert sein. Erst recht, wenn sich der Runde auch noch Vertreterinnen der
städtische Immobilienverwaltung und einer Wohnungsbaugesellschaft
anschließen. Dieses Bild, das sich am Montagvormittag im Club Gretchen bei
der Vorstellung einer Kooperationsvereinbarung für das Dragoner-Areal in
Kreuzberg bot, ist nicht alltäglich. Aber normal ist sowieso wenig bei
diesem Projekt.
Das ehemalige Kasernengelände hinter dem Rathaus Kreuzberg ist eine der
größten verbliebenen Innenstadtflächen, die von Grund auf stadtplanerisch
gestaltet werden können. Erst vergangene Woche hat der Haushaltsausschuss
des Bundestages entschieden, dass das Areal vom Bund an Berlin übertragen
wird, im Austausch für die Grundstücke von sechs vom Bund finanzierten
Kulturinstitutionen wie dem Jüdischen Museum.
Die Bemühungen der Stadtgesellschaft, aus dem Gelände ein Modellprojekt für
Wohnen, Arbeiten und Kultur zu machen, haben eine lange Geschichte.
Eigentlich war es, wie es Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher
(Linke) am Montag ausdrückte, schon an Private „verscherbelt“ worden. Erst
eine Intervention Berlins im Bundesrat stoppte diesen Plan 2015. Ohne den
beständigen Druck aus der Zivilgesellschaft, etwa durch die Initiative
Stadt von unten, wäre es dazu nie gekommen.
Spätestens seit der Rathausblock – also das ganze Gebiet zwischen
Mehringdamm, Obentraut-, Yorck- und Großbeerenstraße, zu dem das
Dragoner-Areal gehört – 2016 als städtisches Sanierungsgebiet ausgewiesen
wurde, laufen die Planungen auf Hochtouren. Das Ziel der Engagierten: Ein
Stadtquartier mit 100 Prozent bezahlbarem Wohnraum und Bestandsschutz für
die Gewerbemieter – selbstverwaltet, partizipativ, inklusiv und ökologisch.
[1][Eine Kreuzberger Utopie].
## „Politik kann lernen“
Die Politik haben lernen müssen und bewiesen, dass sie das könne, so Enrico
Schönberg vom Vernetzungstreffen Rathausblock, dem Zusammenschluss der
Initiativen. Lompscher sprach davon, dass die AktivistInnen „ihr Recht auf
Stadtmachen ausdrücklich eingefordert“ hätten. Die nun ausgehandelte
Kooperationsvereinbarung, die in anderthalb Jahren erarbeitet wurde, trägt
die Handschrift der Utopisten.
Vereinbart wurden neben der weiteren Zusammenarbeit und Einbindung der
Öffentlichkeit die wesentlichen Ziele und dafür notwendigen Instrumente.
Dabei geht es um die Schaffung bezahlbaren Wohnraums und gemeinschaftlicher
Wohnformen, den Erhalt und die Entwicklung des Gewerbes, die Sicherung des
Bodens in kommunalem Eigentum, die Beachtung einer Nutzungsmischung und
nachbarschaftlichen Anbindung sowie die Schaffung eines Lern- und
Geschichtsortes.
Im Juli soll es losgehen mit einem städtebaulichen Werkstattverfahren als
Grundlage für den Bebauungsplan – wenn alles läuft wie gedacht, kann ab
Ende 2021 gebaut werden. Geplant sind derzeit 500 Wohnungen, errichtet
durch die Wohnbaugesellschaft Mitte. [2][Der Streit darüber, ob auch
Genossenschaften zum Zuge kommen], ist erst mal vertagt. Die Bundesanstalt
für Immobilienaufgaben hatte verlangt, dass Wohnbaugesellschaften die
Hoheit behalten, aber Lompscher stellte klar: „Weitere Partner sind
herzlich willkommen.“
Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (Grüne) sprach von einem „Modellprojekt
für kooperative Stadtentwicklung“, das in den Bezirk und darüber hinaus
ausstrahlen soll. Es zeige, dass die Politik es ernst meine mit dem „Neubau
von bezahlbarem Wohnraum, aber auch mit neuen Räumen für Kultur, Soziales
und Gewerbe“. Eine frische Idee hatte er auch noch mitgebracht: Die
Wohnungen sollten bevorzugt an Menschen vergeben werden, die aus der
Nachbarschaft verdrängt wurden.
17 Jun 2019
## LINKS
[1] /Dragoner-Areal-in-Kreuzberg/!5427116/
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## AUTOREN
Erik Peter
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