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# taz.de -- Autofabrik in Tenneessee: VW verhindert Gewerkschaft
> VW bleibt in Chattanooga ohne Gewerkschaft. Zuvor hatten die Republikaner
> Stimmung gegen die Arbeiter-Interessenvertretung gemacht.
Bild: Die Trump-treuen Gewerkschaftsfeinde haben sich durchgesetzt
New York taz | Der deutsche Konzern Volkswagen AG und die US-amerikanische
Republikanische Partei haben es mit vereinten Kräften geschafft, eine
Autofabrik in Chattanooga, Tennessee, gewerkschaftsfrei zu halten. 833
Beschäftigte stimmten Ende letzter Woche gegen eine Vertretung durch die
United Auto Worker (UAW). Nur 776 Beschäftigte stimmten dafür.
Für die UAW, die einst größte Industriegewerkschaft, ist es eine neuerliche
schwere Niederlage im republikanisch kontrollierten Süden, wo
Gewerkschaften wie feindliche Organisationen behandelt werden und wo sich
in den letzten Jahrzehnten die meisten ausländischen Fabriken angesiedelt
haben – darunter auch zahlreiche deutsche Metallunternehmen.
„Volkswagen hat eine brutale Einschüchterungs- und Angstkampagne gemacht“,
erklärte UAW-Sekretär Tracy Romero nach der Stimmauszählung in der Nacht zu
Samstag. Frank Fischer hingegen, der Chef von VW in Chattanooga,
kommentierte das Wahlergebnis mit: „Unsere Beschäftigten haben gesprochen.“
VW hatte sich nach außen hin als „neutral“ dargestellt. Aber während der
Kampagne hatte es seine Beschäftigten systematisch mit „Argumenten“ gegen
eine Gewerkschaft gebrieft. Unter anderem ließ VW die Beschäftigten wissen,
dass eine Gewerkschaft auch Lohnsenkungen und Arbeitsplatzverluste zur
Folge haben könne. Bei einer der Pflichtversammlungen für Beschäftigte
legte Werkschef Fischer laut der gewerkschaftsnahen Zeitung Labor Notes
nahe, dass die UAW auch für die Schließung der VW-Fabrik in Westmoreland in
Pennsylvania im Jahr 1988 verantwortlich sei.
## „Das Beste ist eine direkte Beziehung zu den Bossen“
In der Kampagne gegen eine Gewerkschaft hat VW auch den republikanischen
Gouverneur von Tennessee, Bill Lee, in die Fabrik geladen. Vor den
Beschäftigten sagte Lee, dass eine „direkte Beziehung“ zwischen Arbeitern
und Bossen das Beste sei. In Interviews fügte er hinzu, dass es schwierig
sei, Unternehmen in den Bundesstaat zu holen, wenn es dort eine starke
Gewerkschaftspräsenz gäbe. Robin Smith, republikanische Abgeordnete im
Parlament von Tennessee, drohte den Beschäftigten von VW, der Bundesstaat
könnte Zig Millionen Dollar an Subventionen streichen, falls sie für die
Gewerkschaft stimmten.
Die politische Einmischung in die Tarifautonomie hat in Tennessee nie
dagewesene Ausmaße erreicht. Gegenüber der New York Times sagte Wilma
Liebman, die unter Präsident Barack Obama die Chefin der nationalen Behörde
für Arbeitsbeziehungen, National Labor Relations Board (NLRB), war: „Ich
habe nie gehört, dass ein Gouverneur vor Arbeitern auftritt, um ihnen zu
sagen, dass sie gegen eine Gewerkschaft stimmen sollen.“ Nach seinem
Amtsantritt hat Präsident Donald Trump das NLRB mit einer
gewerkschaftsfeindlichen Mehrheit neu besetzt.
## 20 Prozent niedrigere Löhne und Willkür
Nach der Abstimmung bleibt Chattanooga weltweit das einzige VW-Werk ohne
gewerkschaftliche Vertretung. Mit Stundenlöhnen zwischen 15,50 und 23
Dollar bezahlt es seine Beschäftigten in den USA schlechter als die anderen
ausländischen Autobauer, deren Belegschaften ebenfalls nicht
gewerkschaftlich organisiert sind. Im Verhältnis zu den Betrieben der
US-amerikanischen „Big Three“ (General Motors, Ford und Fiat Chrysler), die
bis heute gewerkschaftliche Vertretungen haben, sind die VW-Löhne mehr als
20 Prozent niedriger.
Beschäftigte bei VW-Chattanooga, zu denen zusätzlich noch einmal ebenso
viele Zeitarbeiter gehören, klagen über schnelle Fließbandrhythmen, über
Verletzungen am Arbeitsplatz, die nicht ernst genommen werden, und über
willkürliche Verpflichtungen zu Überstunden.
In den nächsten Monaten will VW 800 Millionen Dollar in den Standort
Chattanooga investieren und zusätzlich 1.000 Personen anstellen, um dort
auch Elektroautos zu bauen. Der Bundesstaat, der schon 2008 die Ansiedlung
von VW mit der Rekordsummer von mehr als 550 Millionen Dollar aus
öffentlichen Mitteln unterstützt hat, will dieses Mal 50 Millionen Dollar
dazuzahlen.
16 Jun 2019
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
UAW
USA
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Gewerkschaft
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Türkei
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