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# taz.de -- Kommunalwahlkandidaten aus Jamel: Wähler stimmen für Neonazi
> Bei der Kommunalwahl in Gägelow trat Birgit Lohmeyer aus Jamel gegen
> Rechtsextreme aus ihrem Dorf an. Die Aktivistin verlor.
Bild: Neonazi Sven Krüger aus Jamel erhält das zweitbeste Votum bei der Wahl …
Es war wie eine Art Duell. Aus Jamel, einem kleinen Dorf in
Mecklenburg-Vorpommern, das fast nur von Neonazis bewohnt ist, trat zur
jüngsten Kommunalwahl eine Wählergemeinschaft von Rechtsextremisten um den
NPD-Mann Sven Krüger an – und auf der anderen Seite mit Birgit Lohmeyer
eine Frau, die sich seit Jahren mit ihrem Mann allein gegen die Neonazis im
Dorf stemmt. Nun ist klar: Gewinner ist Sven Krüger.
[1][Krüger wie Lohmeyer hatten für die Gemeindevertretung Gägelow
kandidiert], zu der Jamel gehört. Lohmeyer war im Herbst 2018 in die SPD
eingetreten und auch für den Kreistag angetreten. Der vielfach vorbestrafte
Krüger hatte darauf wenige Wochen später mit zwei weiteren Rechtsextremen
die „Wählergemeinschaft Heimat“ gegründet und ebenfalls seinen Antritt
verkündet.
Nun, nach einigen Tagen des Auszählens, liegt das Wahlergebnis vor: Demnach
erhält Krüger einen der zwölf Sitze in dem Kommunalparlament – und mit 281
Stimmen das zweitbeste Votum überhaupt. Nur die Linke Simone Oldenburg,
eine lokale Politikprominente, die auch Linken-Fraktionsvorsitzende im
Landtag ist, erhielt mehr Stimmen. Für Birgit Lohmeyer votierten dagegen
nur 37 Wähler, sie bekommt auch keinen Sitz im Kreistag. Insgesamt stellen
die Linke und die „Wählergruppe der Gemeinde Gägelow“ nun die größten
Fraktionen im Gemeindeparlament, mit jeweils drei Abgeordneten.
Die SPD-Frau sprach von einem „beklemmenden“ Wahlausgang. „Wir müssen da…
leben, so funktioniert Demokratie“, sagte Lohmeyer. „Aber es ist
erschreckend, wie viele Menschen hier einem Rechtsradikalen und Verbrecher
ihre Stimme gaben. Offenbar haben viele vergessen, wofür sie 1989 auf die
Straße gegangen sind.“ Immerhin aber wisse man jetzt, woran man in der
Region sei, so Lohmeyer.
## „Kuschelkurs“ mit Neonazis
Neonazi Krüger wiederum jubilierte in einer Internetbotschaft über sein
„vorzeigbares Ergebnis“. „Trotz der Hetze in den Mainstream-Medien“ hä…
sich die „standhaften Einwohner unserer Gemeinde nicht beirren lassen“.
Lohmeyer kanzelte Krüger als „Demokratielehrerin“ ab, die nun ihre
„Quittung“ erhalten habe.
Birgit Lohmeyer sagte der taz, sie werde in ihrem Engagement in Jamel nicht
nachlassen. Die Sitzungen der Gemeindevertretung wolle sie nun, so oft wie
möglich, als interessierte Bürgerin verfolgen. „Ich hoffe, dass die neuen
Abgeordneten zu einer eindeutigen Haltung gegenüber Krüger und den
Rechtsextremen kommen.“
Lohmeyer selbst hat hieran indes ihre Zweifel. Sie hatte der Gemeinde zuvor
einen „Kuschelkurs“ mit den Neonazis vorgeworfen und etwa [2][die
Verpachtung der Jameler Dorfwiese an einen Rechten] scharf kritisiert. Die
Vorgänge gaben den Impuls für Lohmeyers Kandidatur zur Kommunalwahl.
Birgit Lohmeyer war 2004 mit ihrem Mann nach Jamel gezogen. Damals lebte
Krüger schon als bekennender Rechtsextremist im Ort. Nach und nach zogen
immer mehr Neonazis dazu. Immer wieder wurden die Lohmeyers bedrängt, ihre
Scheune brannte 2015 nieder. Lohmeyer versichert aber auch nun, sich den
Neonazis in Jamel nicht beugen zu wollen. „Natürlich geht es hier für uns
weiter.“
1 Jun 2019
## LINKS
[1] /Aktivistin-kandidiert-in-Neonazi-Dorf/!5593273
[2] /Gemeinderat-schafft-Platz-fuer-Rechte/!5531655
## AUTOREN
Konrad Litschko
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Jamel
Rechte Szene
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Schwerpunkt Neonazis
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