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# taz.de -- Kommentar Strache und die Folgen: Nur ein mittelmäßiger Gangster
> Das Strache-Video durchkreuzt das bürgerliche Bild der Rechten. So
> schaffen sie selbst die Öffentlichkeit, die sie nie wollten.
Bild: Dass Strache wie ein mittelmäßiger Gangster wirkt, lässt sich nicht al…
Rechtspopulisten können sich ziemlich viel erlauben. Dass die AfD
Holocaust-Leugner in ihren Reihen duldet, dass die Rechten Wahlkämpfe mit
Geld aus dunklen Quellen bestreiten, dass Le Pen sich aus Russland
finanzieren lässt – all das schadet kaum. Fehler von rechten Führungskadern
werden stets zu bösartigen Inszenierungen der Mainstream-Medien oder linker
Gegner umgedeutet.
Auch ein Fraktionschef wie Alexander Gauland, der im TV-Interview von Rente
bis Digitalisierung seine Ahnungslosigkeit noch nicht mal verhüllt, wird
achselzuckend hingenommen.Die Rechtspopulisten beherrschen die Technik der
Selbstviktimisierung perfekt. So scheint alles an ihnen abzuperlen. Das
binäre Weltbild – wir gegen die – wirkt wie eine Schutzfolie, die gegen
Zweifel und Kritik imprägniert.
Vielleicht bekommt diese strapazierfähige Folie gerade einen Riss. Zwar
[1][versuchen AfD und FPÖ] wie üblich, finstere Mächte für dieses
„politische Attentat“ (Strache) verantwortlich zu machen, doch der
Rollenwechsel vom Täter zum Opfer gelingt nicht so recht.
Laxen Umgang mit der Verfassung, mit Geld, demokratischen Prinzipien oder
der Pressefreiheit nimmt die rechtspopulistische Kliente für gewöhnlich
nicht übel. Doch die Ibiza-Affäre legt zwei weiche Stellen bloß:
[2][Patriotismus und bürgerliche Wohlanständigkeit].
Dass Strache in dem Video für einen billigen Vorteil die Kronen-Zeitung an
russische Oligarchen verscherbelt sehen wollte, spricht ja nicht eben für
innige Vaterlandsliebe. So bereitwillig die Tore für ausländische
Einflussnahme zu öffnen, ist nicht nur korrupt – es demontiert das
Selbstbild der Rechtspopulisten als unbestechliche Hüter nationaler
Interesse.
## Mehr als österreichische Innenpolitik
Das Video durchkreuzt auch das Bild der Rechtspopulisten als bürgerlich und
tugendhaft. Das diente ihnen als nicht nur als Abgrenzung gegen die
korrupten Eliten – Rechtspopulismus ist, als Bündnis von
Rechtskonservativen mit Rechtsextremen, auf den Anschein bürgerlichen
Anstands angewiesen, ohne den dieses immer etwas labile Konstrukt zusammen
fällt. Dass Strache, neben Le Pen und Salvini, einer der Stars des
europäischen Rechtspopulismus, ohne Maske wie ein mittelmäßiger Gangster
wirkt, lässt sich jedenfalls nicht als Einzelfall verklären.
Womöglich trägt dieses simulierte Video mehr zur Entzauberung der
Rechtspopulisten bei als x investigative Recherchen und aufgedeckte
Skandale. Erfreulich ist auf jeden Fall, dass der Fall Strache 2019 mehr
ist als österreichische Innenpolitik. Ebenso wie der enge Kontakt der
Konservativen zu Orbán oder die lasche Korruptionsbekämpfung der
rumänischen Sozialdemokraten zeigt das Desaster der FPÖ: Wir erleben die
Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit.
Dass die nicht existiere und der Nationalstaat daher das einzig mögliche
Gefäß der Demokratie sei, gehört zum Kanon der EU-Skeptiker. Dass nun die
EU-feindliche FPÖ vor Augen führt, dass in der EU eine politische
Öffentlichkeit entsteht, ist eine hübsche Pointe dieser Posse.
21 May 2019
## LINKS
[1] /Die-AfD-und-der-FPOe-Korruptionsskandal/!5596467
[2] /Neuwahlen-in-Oesterreich/!5596393
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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