# taz.de -- Geplante Abschiebe-Erleichterung: SPD-Basis wehrt sich gegen Gesetz | |
> In einem Offenen Brief fordern rund 100 SPD-Abgeordnete ihre Genoss*innen | |
> auf, gegen das sogenannte Geordnete-Rückkehr-Gesetz zu stimmen. | |
Bild: Soll verschärft werden: die bundespolitische Abschiebepraxis | |
BERLIN taz | Wenige Tage bevor der Bundestag sich im Schnelldurchlauf mit | |
gleich mehreren migrationspolitische Gesetzen befassen wird, regt sich | |
Widerstand an der SPD-Basis. Unter den zahlreichen migrationspolitischen | |
Gesetzen, die derzeit „in Windeseile durch den Bundestag gepeitscht“ | |
würden, sei vor allem das sogenannte Geordnete-Rückkehr-Gesetz die | |
„unerträgliche Spitze des Eisbergs“, schrieben am Montagmorgen rund 100 | |
Sozialdemokrat*innen an ihre Genoss*innen im Parlament, unter ihnen | |
Basismitglieder, aber auch Serpil Midyatli, SPD-Landesvorsitzende in | |
Schleswig-Holstein, die stellvertretetende Juso-Vorsitzende Katharina | |
Andres, Ibrahim Yetim, integrationspolitischer Sprecher seiner Fraktion im | |
Nordrhein-Westfälischen Landtag sowie Aziz Bozkurt, Bundesvorsitzender der | |
AG Migration und Vielfalt in der SPD und zahlreiche weitere Mitglieder der | |
AG. Das Schreiben liegt der taz vor. | |
Mit dem umstrittenen Gesetz will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) | |
Abschiebungen deutlich erleichtern. Es sieht unter anderem die Ausweitung | |
von Haftgründen für Abzuschiebende vor, außerdem sollen diese bis 2022 in | |
den gleichen Einrichtungen wie Strafgefangene untergebracht werden können. | |
Nach EU-Recht ist das eigentlich verboten. Des Weiteren soll ein prekärer | |
Status geringer als der der Duldung für Menschen geschaffen werden, die aus | |
Sicht der Behörden nicht ausreichend an der Passbeschaffung mitwirken. | |
Dieser beinhaltet etwa das Arbeitsverbot und die Wohnsitzauflage. Nach | |
heftiger Kritik sieht der Entwurf nun keine Strafe mehr für das bloße | |
Veröffentlichen von Abschiebeterminen vor. Er betont aber, für | |
Amtsträger*innen stelle die Weitergabe eine Straftat dar, Dritte könnten | |
sich der Beihilfe schuldig machen. | |
Schon am Donnerstag hatten 22 Verbände die Abgeordneten der SPD in einem | |
Offenen Brief aufgefordert, gegen das umstrittene Gesetz zu stimmen, das | |
aus ihrer Sicht in Teilen verfassungswidrig ist. „Wir teilen die Kritik | |
ausnahmslos und sind erschrocken, wie Vertreterinnen und Vertreter der SPD | |
solch ein Gesetzesvorhaben unterstützen und verteidigen können“, | |
[1][schreiben die SPD-Kritiker*innen nun an ihre Fraktion.] Es gehe um den | |
Kern der Sozialdemokratie. „Wir glauben daran, dass die SPD wieder zu einer | |
klaren Haltung finden wird.“ | |
## Kritik an eiligen Gesetzesbeschlüssen | |
Neben dem Abschiebegesetz wird sich der Innenausschuss des Bundestags am | |
Montag mit drei weiteren migrationspolitischen Gesetzesvorhaben befassen, | |
darunter das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Dieses ist ein Herzensanliegen | |
der SPD – die Union hatte ihre Zustimmung allerdings an deren Kooperation | |
bei den Abschiebungen geknüpft. Im Ausschuss für Soziales und Arbeit geht | |
es am Montag um die geplanten Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz. | |
Voraussichtlich schon Ende der Woche sollen die Gesetze im Parlament | |
beschlossen werden. | |
Auch diese Eile sorgt für Kritik. So hat etwa der Republikanische | |
Anwaltsverein (RAV) es abgelehnt, eine Stellungnahme zum | |
Geordnete-Rückkehr-Gesetz einzureichen, weil dafür nur drei Tage Zeit waren | |
– übers Wochenende. „Offensichtlich wollen Sie unter Absehung von | |
rechtspolitischen Einwänden sowie unter Ausblendung schwerwiegender | |
verfassungsrechtlicher Bedenken in kürzester Zeit ein Gesetz | |
diskussionsfrei durch das Parlament bringen“, schrieb der RAV an das | |
Ministerium. | |
Kritik kam zuletzt auch von der Menschenrechtskommissarin des Europarats, | |
Dunja Mijatović. In einem Brief an die Vorsitzende des Innenausschusses | |
Andrea Lindholz (CSU) betonte sie, das Gesetz habe „das Potenzial, die | |
Aktivitäten von NGOs zu kriminalisieren“. Auch solle die Bundesregierung | |
Inhaftierungen so weit möglich vermeiden, da diese ein „weitreichender | |
Eingriff in das Recht auf Freiheit“ seien. Lindholz wies die Sorgen als | |
unbegründet zurück. | |
3 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.change.org/p/spd-bundestagsfraktion-verfassungswidrige-und-mens… | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
## TAGS | |
Abschiebung | |
Schwerpunkt Afghanistan | |
Schwerpunkt Flucht | |
Horst Seehofer | |
Flüchtlinge | |
Bundestag | |
Migration | |
Schwerpunkt Flucht | |
Geordnete-Rückkehr-Gesetz | |
Schwerpunkt Afghanistan | |
Abschiebung | |
Horst Seehofer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Änderung im Staatsangehörigkeitsrecht: Appell an die SPD-Fraktion | |
Mit dem von der Großen Koalition geplanten Gesetz werde ein | |
„Leitkultur-Paragraf“ eingeführt, warnt die AG Migration und Vielfalt in | |
der SPD. | |
Bundestag beschließt Migrationspaket: Zu kompliziert für Abgeordnete | |
Die durch den Bundestag gepeitschten sieben Gesetze werden mit Stimmen der | |
Groko angenommen. Kritik kommt von Grünen und Linken. | |
Kommentar Migrations-Gesetzespaket: Teures Würflein | |
Lange hat die SPD auf ein Einwanderungsgesetz gepocht. Doch der | |
Migrations-Gesetzespakt hat wenig mit Offenheit zu tun. | |
Polizist zum Geordnete-Rückkehr-Gesetz: „Wir sind keine Abschiebepolizei“ | |
Sven Hüber von der Gewerkschaft der Polizei hat verfassungsrechtliche | |
Bedenken gegenüber Gesetzespaket zu Migration und Asyl. | |
Gesetzesmarathon im Parlament: Einladen und abschieben | |
Die Koalition drückt diese Woche sieben Migrationsgesetze durch den | |
Bundestag – darunter Fachkräfteeinwanderung und erleichterte Abschiebungen. | |
Abschiebung statt Ausbildung: Der Himmel in Kreuzberg | |
Das Restaurant Kreuzberger Himmel will Jawed Rahmani aus Afghanistan | |
ausbilden. Aber der wartet seit Monaten in Cottbus auf eine | |
Ausbildungsduldung. | |
Rückführung nach Afghanistan: Abschiebeflug in Kabul angekommen | |
Ein weiterer Abschiebeflug ist in Afghanistan gelandet. Es ist die 24. | |
Sammelabschiebung seit dem ersten Flug im Dezember. | |
Kabinett stimmt für Rückkehr-Gesetz: Seehofer will Geflüchtete „rausekeln�… | |
Der Bundesinnenminister bringt sein Abschiebegesetz durch das Kabinett. Pro | |
Asyl und das Rote Kreuz üben harte Kritik. |