# taz.de -- Demo bei VW-Hauptversammlung: Elektromobilität zur Besänftigung | |
> Der VW Kozernchef will mehr auf E-Autos setzen. Das reicht | |
> Umweltaktivist*innen nicht. Sie fordern den Ausbau des öffentlichen | |
> Nahverkehrs. | |
Bild: „Volkswagen tötet“ – lautet das Motto dieser AktivistInnen gegen d… | |
Als eine Sirene ertönt, fallen am Dienstagmorgen vor der | |
Volkswagen-Hauptversammlung auf dem Berliner Messegelände plötzlich über 50 | |
Personen wie tot um. Um sie herum ein gelbes Absperrband mit dem Schriftzug | |
„climate crime scene“. Sogleich eilt die Spurensicherung herbei und | |
bestätigt den Verdacht: Tod durch kriminelle Klimazerstörung und | |
Feinstaubbelastung, wesentlich mitverursacht von VW. Eine Aktivistin ruft | |
den zum Eingang vorbeilaufenden Aktionär*innen zu: „Sie können ausrichten, | |
dass wir gegen VW ermitteln!“ | |
Unter dem Motto „Volkswagen tötet“ hatte ein Bündnis aus den | |
Umweltbewegungen [1][Extinction Rebellion], Robin Wood und Gegenstrom | |
dieses sogenannte „die-in“ durchgeführt, um gegen die Klimakrise, den | |
Abgasskandal und VWs Zusammenarbeit mit der faschistischen brasilianischen | |
Regierung zu protestieren. Viele der insgesamt etwa 100 Protestierenden, | |
darunter auch Mitglieder der Anti-Kohle-Bewegung „Ende Gelände“ und | |
Fahrradaktivist*innen aus dem Umfeld der „Critical Mass“, waren als | |
Fahrradkorso angereist. | |
Bei der Hauptversammlung wollte die [2][Stiftung Ethecon], die die Proteste | |
unterstützte, dem VW-Konzern eigentlich zusammen mit dem Dachverband der | |
Kritischen Aktionäre den „Black Planet Award“ überreichen. Dieser | |
Negativpreis für den Ruin des Planeten – ein großer, mit schwarzer Farbe | |
besudelter Globus – wurde jedoch, wie auch die Flugblätter der | |
Aktivist*innen, am Eingang beschlagnahmt. | |
Um Kritik kam VW trotzdem nicht herum, denn die hagelte es sowohl von den | |
Kritischen Aktionär*innen als auch von sonstigen Anteilseignern – nicht | |
zuletzt wegen des [3][verschleppten Dieselskandals]. VW-Chef Diess | |
erläuterte bei dem Treffen ein Maßnahmenpaket, das diese besänftigen soll, | |
dabei geht es auch um die Elektromobilität. | |
## Einstieg in Batteriezellfertigung | |
Bereits letzte Woche hatte das Unternehmen das massentaugliche | |
vollelektrische Automodell ID.3 vorgestellt und angekündigt, in Zukunft | |
grün zu werden. „Auf absehbare Zeit gibt es keine Alternative zum | |
batterieelektrischen Antrieb“, sagte Diess. Nun beschloss der Aufsichtsrat | |
den Einstieg in eine dafür nötige Batteriezellfertigung am Standort in | |
Salzgitter. Für knapp 1 Milliarde Euro soll nun eine eigene Fabrik | |
entstehen, die anfangs rund 700 Mitarbeiter*innen beschäftigen soll. | |
Trifft der Klimaprotest also die Falschen? Die Aktivist*innen zeigen sich | |
weder von diesem Vorstoß des Konzerns noch von veganen Häppchen bei der | |
Versammlung beeindruckt. Viele bemängeln, dass derartige Zugeständnisse | |
stets zu spät und erst auf großen Druck kommen. Aktivist Tadzio Müller | |
sagt: „E-Autos zu bauen ist einerseits zwar richtig, gleichzeitig kann das | |
aber bei einer Überproduktion von Fahrzeugen, wie VW sie vorantreibt, | |
überhaupt nicht nachhaltig sein.“ | |
Der Ethecon-Geschäftsführer Niklas Hoves geht noch einen Schritt weiter: | |
„Nach dem Dieselskandal könnte jetzt noch ein Kobaltskandal kommen. Denn | |
die für die Batterien nötigen Rohstoffe sorgen für eine genauso schlechte | |
Klimabilanz. Anstatt noch mehr Autos zu bauen, fordern wir den radikalen | |
Ausbau des öffentlichen Verkehrs.“ Die 21-jährige Studentin Veronika meint | |
außerdem: „Mir geht es gar nicht speziell um VW – ich möchte einfach dazu | |
beitragen, dass die Aufmerksamkeit erhöht wird dafür, dass sich etwas | |
ändern muss im Verkehrsbereich insgesamt.“ | |
14 May 2019 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Andrew Müller | |
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