# taz.de -- Karriere-Magazin „Edition F“: Das verflixte fünfte Jahr | |
> Das Magazin startete vielversprechend, doch jetzt macht ihre | |
> Online-Akademie zu und die Chefredakteurin geht. Das Medium muss sich nun | |
> neu erfinden. | |
Bild: Gründerinnen Susann Hoffmann (li.) und Nora-Vanessa Wohlert | |
Wie man die Vision für das eigene Leben findet, wie man Motivation findet, | |
um die eigenen Ziele zu erreichen, wie man gewaltfrei kommuniziert, wie man | |
mit der eignen Angst umgeht. All das wollte die „Female Future Force“ | |
vermitteln, ein Coaching-Programm im Netz, angeboten von der feministischen | |
Online-Plattform Edition F. Namhafte Coaches geben dort in Videos Kurse, | |
etwa der Rapper Curse, der auch als buddhistischer Systemcoach tätig ist. | |
Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit zum Austausch und Kennenlernen. Die | |
Idee: eine Akademie für junge, selbstbewusste, erfolgsorientierte Frauen, | |
um gemeinsam weiterzukommen. „Die ‚Female Future Force‘ by Edition F ist | |
das wichtigste Netzwerk deines Lebens“, heißt es auf der Seite. | |
Aber das ist es nicht mehr lange. Denn Ende März gab Edition F bekannt, | |
dass das Programm 2020 eingestellt werden wird. Einige Mitarbeitende wurden | |
bereits entlassen. Eine schwierige Situation für das Magazin, das gerade | |
seinen fünften Geburtstag feiert. Obendrauf kam in dieser Woche die | |
Nachricht, dass [1][Chefredakteurin Teresa Bücker] das Magazin verlassen | |
wird. [2][Beinahe versteckt in einem sonst optimistischen Geburtstagsbrief] | |
an die Leser*innen gab die Redaktion am Mittwoch die News bekannt. | |
Bücker ist über Edition F hinaus bekannt als feministische Aktivistin und | |
Speakerin. In aktuelle Diskussionen mischt Teresa Bücker sich über | |
[3][ihren Twitter-Account] ein, aber auch als Gast bei Panels oder | |
Talkshows. Viel Aufmerksamkeit bekam sie etwa für [4][einen Auftritt bei | |
„Anne Will“ Anfang Februar], wo sie mit CDU-Politiker Philipp Amthor über | |
Paragraf 219a diskutierte. Bücker ist das Gesicht des Magazins, ist die | |
prominente Chefredakteurin. Ihr Weggang wird schmerzen. Die Leitung | |
übernimmt Silvia Follmann, bisher Redaktionsleiterin. Bückers Stelle wird | |
nicht nachbesetzt. | |
## Was ist schief gelaufen? | |
Dass Edition F kriselt, überrascht. Denn nicht nur lief das Crowdfunding | |
für die „Female Future Force“ vielversprechend – das Funding-Ziel von | |
100.000 Euro war binnen einer Woche erreicht, insgesamt brachte die | |
Kampgane 400.000 Euro ein. Auch insgesamt schien bei Edition F alles | |
glattzugehen, was bei journalistischen Start-ups glattgehen muss. Gegründet | |
wurde das Magazin von Susann Hoffmann und Nora-Vanessa Wohlert im Jahr 2014 | |
als ein Ort, wo Frauen Inspiration und Information für ihre Karriere | |
finden, aber auch Lifestyle und Modethemen. 2017 hat Edition F den ersten | |
Platz in der Kategorie „Entrepreneur“ beim Award „Journalisten des Jahres… | |
gewonnen. Was also ist da in der Zwischenzeit schief gelaufen? | |
„Es gab bestimmte Erwartungshaltungen, denen wir gerecht werden wollten“, | |
sagt Gründerin Susann Hoffmann der taz. „Wir mussten feststellen, dass uns | |
technologisch einfach die Puste ausgegangen ist. Unser Team und unsere | |
finanziellen Mittel waren zu klein für die Ansprüche, die wir und unsere | |
Community hatten.“ So hätten sie letztlich die wirtschaftliche Entscheidung | |
getroffen, das Projekt abzubrechen, anstatt weitere Ressourcen | |
hineinzustecken – obwohl man weiter hinter der Idee der Akademie stehe. | |
Die Vernetzung, die Unterstützung von Frauen, die Weiterbildung: Im Prinzip | |
war die „Female Future Force“ die logische Weiterentwicklung. Eine | |
Plattform, die ein journalistisches Magazin enthält, einen | |
Community-Bereich für den Austausch. Auch eine Jobbörse gab es – ein Novum | |
in der Medienlandschaft. Businessmagazine wie Brand Eins oder | |
Wirtschaftswoche richteten sich an Männer, feministische Onlineportale wie | |
Broadly oder [5][Refinery29] kamen erst später dazu – und sind wesentlich | |
weniger auf Karriere ausgerichtet. Entsprechend angetan waren auch | |
Investor:innen. Ende 2015 berichtete das Handelsblatt, der Wert des | |
Start-ups liege bereits bei knapp 4 Millionen Euro. Aber auch die Jobbörse | |
ist mittlerweile abgeschafft worden. | |
Weiterhin gibt es den „25 Frauen Award“, den Edition F gemeinsam mit Zeit | |
Online und Handelsblatt startete, wo Frauen für ihr gesellschaftliches | |
Engagement ausgezeichnet werden, und den „Female Future Force Day“, eine | |
eintägige Konferenz. | |
## Werbung, die wie Artikel aussehen | |
Entscheidend ist hingegen die Frage, die letztlich für alle | |
journalistischen Start-ups entscheidend ist: wie sie regelmäßig Geld | |
einnehmen können, während alle Texte kostenlos zur Verfügung stehen. Denn | |
auch, wenn einige Inverstor:innen Geld in das Start-up steckten: „Unsere | |
Einnahmequellen sind zum größten Teil Native Advertisement“, sagt Hoffmann. | |
Was bedeutet, dass Edition F statt der klassischen Banner zum Beispiel | |
Werbung macht, die wie redaktionelle Artikel anmutet. „Außerdem generieren | |
wir viele Einnahmen durch Eventsponsoring, gestalten Social-Media-Kampagnen | |
oder entwickeln Marketing für Arbeitgebermarken. Im Prinzip wie eine kleine | |
Agentur.“ | |
Dazu kommen Links zu Produkten, wofür die Plattform bei jedem verkauften | |
Produkt eine Provision erhält. Und eben das Crowdfundig für die „Female | |
Future Force“ – die eigene Erträge hätte einspielen sollen, weil sie nach | |
dem Paid-Content-Modell funktioniert. Sprich: Wer auf den Inhalt zugreifen | |
will, muss dafür zahlen. | |
Bereitschaft dafür gab es, aber insgesamt haben die Erlöse bei Weitem nicht | |
refinanzieren können, was man sich vorgenommen hatte, musste die Redaktion | |
einsehen. | |
Hat das nicht auch Konsequenzen für das Magazin? Ein bisschen sieht es | |
danach aus: Von elf Texten, die zu einer gegebenen Zeit auf der Startseite | |
stehen, stammt immer nur etwa die Hälfte aus der Redaktion, der Rest sind | |
Artikel, die von Leser*innen unbezahlt geschrieben werden – oder | |
Kooperationen mit den Portalen Business Insider und ze.tt. | |
Edition F sei dabei sich neu zu sortieren, sagt Susann Hoffmann. „Wir | |
werden weiterhin redaktionelle Inhalte machen, weil das für uns zentral | |
ist, wir werden weiterhin Events machen und uns auch für die Community was | |
einfallen lassen.“ An dem genauen Konzept wird noch gearbeitet. Ein | |
größerer Relaunch ist angekündigt. | |
13 May 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Edition-F-verliert-Chefredakteurin/!5593772 | |
[2] https://editionf.com/Achterbahn-Zum-fuenften-Geburtstag-von-EDITION-F | |
[3] https://twitter.com/fraeulein_tessa | |
[4] /Aerztin-Kristina-Haenel-bei-Anne-Will/!5570082 | |
[5] /Neues-Onlinemagazin-Refinery29/!5323169 | |
## AUTOREN | |
Maike Brülls | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Zeitungskrise | |
Digitale Medien | |
Feminismus | |
Frauenmagazin | |
Journalismus | |
Native Advertising | |
Feminismus | |
Mutterschaft | |
Süddeutsche Zeitung | |
Magazin | |
Online-Journalismus | |
Buzzfeed | |
Österreich | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Insolvenz von „Edition F“: Das Start-up-Sterben | |
Die 2014 gegründete feministische Plattform „Edition F“ meldet Insolvenz | |
an. Grund sei die wirtschaftliche Entwicklung. | |
Neues Buch über das Muttersein: Perfektionismus deutscher Mütter | |
Die Journalistin Mareice Kaiser hat ein Buch über modernes Muttersein | |
geschrieben. Unsere Autorin irritieren die viel zu hohen Ansprüche | |
deutscher Mütter an sich selbst. | |
Margarete Stokowski im „SZ Magazin“: Augenzwinkerndes Anbiedern | |
Ein Porträt der Kolumnistin Margarete Stokowski erscheint im „Süddeutsche | |
Zeitung Magazin“. Es offenbart einen überheblichen Journalismus. | |
Magazine für B-Promis: Mein Heft und ich | |
Personality-Magazine boomen. Barbara Schöneberger und sogar Marketing-Nerd | |
Philipp Westermeyer haben schon ein Heft. Wir hätten da noch ein paar | |
Ideen. | |
„Edition F“ verliert Chefredakteurin: Teresa Bücker verabschiedet sich | |
Die Chefredakteurin von „Edition F“ hat ihren Ausstieg angekündigt. Das | |
fällt in eine ohnehin schwierige Zeit für das feministische Online-Magazin. | |
Kündigungen bei Buzzfeed, Vice und Co: Bumm. Krach. Schepper | |
Einst gefeierte Onlinemedien entlassen binnen kurzem 1.300 Leute. Bei | |
„Vice“ in Deutschland will man nun einen Betriebsrat gründen. | |
Autoren kündigen nach Zusammenlegung: „Vice“ in Österreich ohne Redaktion | |
Alle Redakteur*innen haben gekündigt. Künftig soll das Magazin in | |
Deutschland, Österreich und der Schweiz unter deutscher Leitung stehen. |