# taz.de -- Verfassungsänderung in Ägypten: Mehr Macht für Al-Sisi | |
> Der ägyptische Machthaber könnte noch bis 2030 an der Regierung bleiben. | |
> Menschenrechtler befürchten eine Rückkehr zur Ära der Autokratie. | |
Bild: Wähler feiern in Kairo die Verfassungsänderung. Die Opposition hat kaum… | |
KAIRO ap/afp | Die Ägypter haben eine Verfassungsänderung und damit auch | |
eine Verlängerung der Amtszeit von Präsident Abdel Fattah al-Sisi | |
gebilligt. In dem dreitägigen Referendum von Samstag bis Montag habe eine | |
Mehrheit von 88,83 Prozent der Wähler mit „Ja“ gestimmt, sagte der Leiter | |
der nationalen Wahlkommission, Laschin Ibrahim. Al-Sisi könnte dadurch bis | |
2030 an der Macht bleiben. | |
Die Amtszeit eines Präsidenten wird durch die Verfassungsänderung | |
grundsätzlich von vier auf sechs Jahre verlängert, maximal erlaubt wären | |
zwei Amtszeiten. Eine besondere Bestimmung würde allerdings auch Al-Sisis | |
aktuelle Amtszeit um zwei Jahre verlängern und ihm gestatten, 2024 erneut | |
anzutreten. Erst am Dienstag vergangener Woche hatte das Parlament die | |
Verfassungsänderung mit überwältigender Mehrheit gebilligt, von den 554 | |
anwesenden Abgeordneten stimmten nur 22 mit Nein, einer enthielt sich. Die | |
Beteiligung an dem Referendum lag laut Ibrahim bei 44,33 Prozent. | |
Kritiker wie die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sehen in der | |
Verfassungsänderung eine Rückkehr zu einer Ära der Autokratie wie unter | |
Präsident Husni Mubarak, der 2011 nach drei Jahrzehnten an der Macht durch | |
einen Volksaufstand gestürzt worden war. Mubarak war in einer | |
demokratischen Wahl der umstrittene islamistische Präsident Mohammed Mursi | |
nachgefolgt. Al-Sisi, damals noch Militärchef, stürzte ihn nach | |
wochenlangen Massenprotesten 2013. Ein Jahr später wurde Al-Sisi erstmals | |
zum Präsidenten gewählt und 2018 wiedergewählt. Ein Sieg war ihm praktisch | |
sicher, alle potenziell gefährlichen Herausforderer landeten entweder im | |
Gefängnis oder wurden [1][unter Druck gesetzt], aus dem Rennen | |
auszusteigen. | |
## Wahlgeschenke für Ja-Stimme | |
Auch das Referendum galt als klare Sache für Al-Sisi. Regierungstreue | |
Medien und Unternehmen hatten intensiv für eine Zustimmung der Ägypter zu | |
der Verfassungsänderung geworben. Wähler wurden in Bussen gratis zu den | |
Wahllokalen gefahren und bekamen teils Tüten mit Essen wie Öl, Reis und | |
Zucker geschenkt. Die Behörden drohten all jenen, die zu einem Boykott | |
aufriefen, mit Strafen. Die Opposition forderte ihre Anhänger auf, mit | |
„Nein“ zu stimmen, doch sie hat in Ägypten kaum mehr Einfluss. Die einst | |
mächtige Muslimbruderschaft von Mursi wurde als Terrororganisation | |
verboten. Tausende ihrer Anhänger sowie Vertreter der Demokratiebewegung, | |
die Mubarak gestürzt hatte, wurden in den vergangenen Jahren verhaftet. | |
Wahlbehörden-Chef Ibrahim betonte zwar den „demokratischen“ Charakter des | |
Referendums. Die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch hatte jedoch | |
erklärt, das Referendum finde „unter extrem unfreien, rechtswidrigen | |
Bedingungen“ statt. Die geplanten Verfassungsänderungen würden „die | |
Unterdrückung verankern“. | |
Der Präsident bekommt durch die Änderungen an der Verfassung von 2014 auch | |
die Vollmacht, hohe Richter zu ernennen und die Justiz als Kontrollinstanz | |
für Gesetzesentwürfe zu umgehen. Das Militär wird durch die | |
Verfassungsänderung zum Beschützer des ägyptischen Staates, der Demokratie | |
und der Verfassung ernannt. Militärtribunale könnten noch mehr als bisher | |
auch über Zivilisten richten. In den vergangenen Jahren wurden nach Angaben | |
von Human Rights Watch mehr als 15 000 Zivilisten vor Militärgerichte | |
gestellt. | |
24 Apr 2019 | |
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