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# taz.de -- Kommentar Ägypten: Konterrevolution in Paragrafenform
> Die Verfassungsreform in Ägypten wurde in einem Referendum angenommen.
> Eine demokratische Abstimmung war sie aber nicht.
Bild: Stimmabgabe beim Verfassungsreferendum in Kairo am 20. April
Mit der [1][Verfassungsänderung in Ägypten] bricht nicht nur Machthaber
Abdel Fattah al-Sisi sein Versprechen, nicht ewig an der Macht zu bleiben.
Auch all jene ÄgypterInnen, die 2013 nach den Generälen riefen und dem
Militärputsch gegen die damalige Muslimbrüderregierung pseudodemokratische
Legitimität verliehen, können nicht mehr ernsthaft behaupten, dass das
Militär nur den Willen des Volkes ausführe, also die Demokratie gegen das
damals drohende autoritäre System unter Führung der Islamisten verteidige.
Zwar wurde die Verfassungsänderung in einem Referendum angenommen, von
einer demokratischen Abstimmung kann jedoch nicht die Rede sein: Blogs und
Websites wurden gesperrt, eine kritische Presse gibt es kaum noch, und
Kritiker des Militärregimes werden seit Jahren eingeschüchtert. Die Gegner
der Verfassungsänderung hatten kaum Möglichkeiten, für ein Nein zu
mobilisieren.
Dabei hätten sie gute Argumente gehabt. Denn die Verfassungsänderung
eliminiert die letzten demokratischen Errungenschaften der [2][Revolution
von 2011]. Sie gießt den Militärputsch von 2013, der dem demokratischen
Experiment ein vorzeitiges Ende bereitete, nun in den Verfassungstext.
Nicht nur kann al-Sisi jetzt bis 2030 durchregieren. Mehrere geänderte
Artikel schränken darüber hinaus die Unabhängigkeit der Justiz erheblich
ein. Auch wird dem Militär ganz offiziell eine Rolle in der Politik
zugesprochen, indem Artikel 200 die Streitkräfte nicht mehr nur für die
Sicherheit verantwortlich macht, sondern dafür, „Verfassung und Demokratie“
sowie die „zivile Natur“ des Staates zu schützen. Ein künftiges
Einschreiten des Militärs könnte damit im Rahmen der Verfassung
stattfinden.
Damit schreibt die Verfassungsänderung den Autoritarismus mit
demokratischer Fassade fort, mit dem auch Sisis Vorgänger Husni Mubarak
jahrzehntelang regierte. Das Volk wird regelmäßig an die Urnen gerufen,
während Oppositionelle mundtot gemacht werden, ohne sich juristisch wehren
zu können. Der Rest des Volkes darf dann seine Zustimmung geben.
24 Apr 2019
## LINKS
[1] /Verfassungsaenderung-in-Aegypten/!5590483
[2] /Politischer-Wandel-in-Nordafrika/!5585535
## AUTOREN
Jannis Hagmann
## TAGS
Zehn Jahre Arabischer Frühling
Abdel Fattah al-Sisi
Ägypten
Muslimbruderschaft
Ägypten
Justiz in Ägypten
Sudan
Afrikanische Union
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