# taz.de -- Wissenschaftsminister-Treffen in Berlin: Brecht die Kettenverträge | |
> Es geht um Milliarden: Die Länder wollen mehr Geld für ihre Hochschulen. | |
> Doch den Gewerkschaften reicht das allein nicht. | |
Bild: Immerhin das Audimax ist voll: Hochschulmitarbeiter wünschen sich das au… | |
Berlin taz | Wenn sich die WissenschaftsministerInnen von Bund und Ländern | |
an diesem Donnerstag in Berlin zur Kaminrunde treffen, um letzte Details | |
der milliardenschweren Wissenschaftspakte zu klären, sollen sie es nicht zu | |
kuschelig haben. „Wir werden am 2. Mai demonstrieren, da es außerhalb ihres | |
Kaminzimmers bereits lange sehr unbequem ist“, schreibt ein Bündnis von | |
Mittelbauinitiativen und der Gewerkschaften Verdi und Erziehung und | |
Wissenschaft (GEW) in dem Aufruf zu Protesten vor dem Bildungsministerium. | |
Die DemonstrantInnen sollen dann gleich auch noch ihre Kettenverträge | |
mitbringen und den PolitikerInnen vor die Nase halten, heißt es dort | |
weiter. Die Gewerkschaften fordern, Befristungen im Mittelbau einzudämmen. | |
An den Hochschulen lehren und forschen derzeit rund 250.000 Menschen | |
hauptberuflich. Der Großteil von ihnen aber nicht als ProfessorInnen, | |
sondern im akademischen Mittelbau. Etwa 90 Prozent dieser Stellen sind | |
befristet, die Hälfte davon ist nicht einmal für ein Jahr, wie der | |
Bundesbericht wissenschaftlicher Nachwuchs festhält. | |
Die Situation der Mittelbauangestellten hat sich im vergangenen Jahrzehnt | |
trotz explodierender Studierendenzahlen sogar verschlechtert. Schuld daran | |
sind ausgerechnet die Milliardenhilfen von Bund und Ländern für die | |
Hochschulen. Denn das Geld aus dem Hochschulpakt fließt nur befristet – | |
deshalb geben auch die Hochschulen das Geld nur für befristete Stellen aus. | |
## Hochschulen wollen so viel Geld wie Helmholtz und Co. | |
Über die Zukunft des Hochschulpaktes und der beiden anderen | |
Wissenschaftspakte für die Forschung und für bessere Lehre wollen die | |
WissenschaftsministerInnen der 16 Bundesländer am Freitag mit | |
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) abschließend entscheiden. | |
Fest steht, dass es weitergehen soll, die Modalitäten sind aber noch | |
unklar. | |
Wie viel Geld eine Uni aus dem Hochschulpakt erhält, soll etwa künftig | |
nicht mehr nur von der Anzahl der StudienanfängerInnen, sondern auch von | |
der Zahl der AbsolventInnen [1][und der Studiendauer abhängen]. Die Länder | |
möchten, dass der Bund seinen Anteil von derzeit 1,8 Milliarden Euro pro | |
Jahr jedes Jahr um 3 Prozent aufstockt, und wollen sich im Gegenzug | |
ebenfalls verpflichten, ihre Ausgaben entsprechend zu erhöhen. Ihre | |
Begründung: Die Hochschulen sollten behandelt werden wie die | |
außeruniversitären Forschungsinstitute. Für diese sind im Pakt für | |
Forschung und Innovation jährliche Etatsteigerungen vereinbart. | |
Karliczek lehnt diese Gleichsetzung aber knallhart ab. Für Hochschulen | |
seien nun mal in erster Linie die Länder zuständig, so ihr Argument. | |
Stattdessen hatte Karliczek im März auch den Parameter „unbefristetes | |
wissenschaftliches Personal“ als neues Kriterium für den Hochschulpakt ins | |
Spiel gebracht. Thüringen, Berlin und Sachsen-Anhalt hatten signalisiert, | |
dass sie das begrüßten. Andere Länder reagierten gar nicht. | |
## Arbeitsbedinungen sind Voraussetzung für gute Forschung | |
Wie groß sind also die Erwartungen bei den Mittelbaubeschäftigten? „Zum | |
ersten Mal werden wir überhaupt wahrgenommen, und das Bewusstsein ist da, | |
dass sich etwas ändern muss“, sagt Peter Ullrich. Er ist Mitgründer des | |
Netzwerks Gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss), in dem sich über 30 | |
Mittelbauinitiativen engagieren, und hat selbst in den letzten sieben | |
Jahren bei seinem Arbeitgeber der TU Berlin zehn Verträge gehabt. | |
Doch Ullrich ist optimistisch, dass sich auch an den Hochschulen und in der | |
Politik die Erkenntnis durchsetzt: [2][Gute Arbeitsbedingungen sind die | |
Voraussetzung für gute Forschung und Lehre.] Er hofft, dass am Donnerstag | |
viele WissenschaftlerInnen vor das Ministerium ziehen. „Wir haben | |
schließlich nichts zu verlieren außer unsere Kettenverträge.“ | |
2 May 2019 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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