# taz.de -- Internationales Frauenfilmfestival 2019: Preisträgerinnen mit gere… | |
> Das Internationale Frauenfilmfestival Dortmund/Köln bot feministisch und | |
> sozial engagierten Kampfgeist. Und Diversität unter neuer Leitung. | |
Bild: Die Preisträgerinnen beim Internationalen Frauenfilmfestival Dortmund/K�… | |
Preisverleihungen können extrem öde sein, wie nicht nur die Lolas zeigen. | |
Aber auch spontan und enthusiastisch. So am Sonntag, als das diesjährige | |
Internationale Frauenfilmfestival Köln/Dortmund“ (IFFF) in die letzte Runde | |
ging. Statt der üblichen Danksagungen an tapfere Ehefrauen oder Agenten | |
kamen einem in Dortmund kämpferische Appelle von Teilnehmerinnen aus aller | |
Welt zu Ohren. Und für das obligatorische Abschlussfoto reckten gleich | |
beide Hauptpreisträgerinnen die Faust in die Luft. Herkömmlicher | |
Klassenkampf war das nicht, feministisch und sozial engagierter Kampfgeist | |
aber sicherlich. | |
Und Genugtuung. Denn zum einen hatte die auf der Berlinale von vielen | |
favorisierte, aber nur mit zwei Nebenpreisen abgespeiste grandiose | |
anti-patriarchale Groteske (eine Art feministischer Anti-Kusturica) „God | |
Exists, Her Name Is Petrunya“ der mazedonischen Regisseurin Teona Strugar | |
Mitevska mit ihrer wunderbaren sturen und gewichtigen Heldin endlich den | |
gebührenden Respekt bekommen – mit dem Gewinn des Hauptpreises. Zum anderen | |
gewann mit „In Search …“ der Kölner KHM-Studentin Beryl Magoko ein – | |
mitreißend persönlicher – Dokumentarfilm zum von Verleihern ängstlich | |
gemiedenen Thema Genitalverstümmelung mit großer Mehrheit den | |
Publikumspreis. | |
Zwei Entscheidungen, hoffentlich mit Signalwirkung weit über dieses | |
Festival hinaus – ein Festival mit Tradition, die in die Zeit vor die | |
Zusammenlegung von „Feminale“ und „femme totale“ 2007 zurückreicht. Je… | |
stand nach dem altersbedingten Rückzug der langjährigen Leiterin Silke J. | |
Räbiger ein Führungswechsel an. Neue künstlerische Leiterin ist Maxa | |
Zoller, die zuletzt als Dozentin und Kuratorin in Kairo aktiv war und bei | |
ihrem ersten Dortmunder Durchgang mit Omnipräsenz und Spontaneität | |
überzeugte. Personell setzte sie auf das kompetente und bewährte Team und | |
kollektives Arbeiten. Thematisch will sie neue Akzente vor allem in | |
Richtung Diversität setzen. | |
## Afrika-affin besetzte Jury | |
Sichtbar war dies auch im Programm. Am deutlichsten in der stark | |
Afrika-affin besetzten Jury mit der Kairoer Filmprofessorin Terri Ginsberg, | |
der nigerianischen Frauen-Medien-Aktivistin Edima Otuokon und der ebenfalls | |
in Nigeria geborenen deutschen Regisseurin Sheri Hagen. Die war auch mit | |
ihrem Spielfilm „Auf den zweiten Blick“ von 2002 im Programm: Einem eher | |
konventionell aufgefächerten Ensemble Berliner Beziehungsgeschichten, das | |
sich aber durch das kleine Detail auszeichnet, die dunklere Hautfarbe der | |
meisten Figuren nicht als etwas Besonderes zu markieren. Eine gute | |
Sehschule, die, wie Hagen im Publikumsgespräch berichtet, aus Frust über | |
stereotype Rollenangebote für Schwarze DarstellerInnen in Deutschland | |
entstand. | |
Nun ist das Augenmerk auf Diversität auch jenseits ihrer genderbezogenen | |
Spielarten beim IFFF nichts Neues. Erst vergangenes Jahr hatte die Kölner | |
Ausgabe erfolgreich in ihrem „Länder-Fokus“ den Blick von außen auf | |
Deutschland gerichtet. Kontinuität gibt es auch beim breiten Spektrum in | |
der Wahl der Mittel, die mit Performances, Vorträgen, Konzerten und | |
Stadtbespielungen weit über die Projektion von Bildern auf Leinwand | |
hinausgehen. | |
Bei den Filmen selbst reicht das Spektrum vom Genre- bis zum | |
Experimentalfilm, von Sarah Pucills verspieltem | |
16-mm-Künstlerinnen-Doppelporträt „Confessions to the Mirror“ bis zu | |
„Endzeit“ von Carolina Hellsgård, einem schon erfolgreich in viele Länder | |
verkauften Öko-Zombie-Thriller mit einer All-female Crew. Hellsgård betonte | |
wie alle anwesenden Regisseurinnen die enorme Bedeutung des | |
Frauenfilmfestivals für die Sichtbarkeit der Filme und Vernetzung. Da haben | |
Bewegungen wie ProQuote oder MeToo offenbar zu neuer feministischer | |
Dringlichkeit beigetragen. | |
Dass das Festivalmotto „Bilderfallen: Täuschung, Tarnung, Maskerade“ nicht | |
immer gefunden werden konnte, deutet auf ein Problem hin, das das Festival | |
seit Langem begleitet: eine Programmstruktur, die auf Wiederholungen | |
verzichtet und zu viele Filme parallel zeigt. So sind nicht nur | |
gegenseitige Filmtipps unmöglich. In den vielen notgedrungenen Auslassungen | |
geht auch der fleißigsten Besucherin oft der rote Faden verloren. | |
16 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Silvia Hallensleben | |
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