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# taz.de -- Fehlender Natur- und Lärmschutz: Prestigeprojekt vor Gericht
> Der Ostseetunnel im Fehmarnbelt wird zum Fall für das
> Bundesverwaltungsgericht. Es klagen der Nabu, ein Aktionsbündnis und zwei
> Städte.
Bild: Computergenerierte Bilder gibt es schon: So verkaufen die Planer den Fehm…
Hamburg taz | Klage gegen den Tunnel im Fehmarnbelt wird am 29. April der
Naturschutzbund (Nabu) Deutschland vor dem Bundesverwaltungsgericht
(BVerwG) erheben. Der 18 Kilometer lange Straßen- und Schienentunnel (siehe
Kasten) sei „mit den Zielen des EU-Meeresschutzgebietes Fehmarnbelt nicht
vereinbar“ und der Bedarf nicht nachweisbar, finden die Umweltschützer. In
der Klage gegen das „überdimensionierte Prestigeprojekt“ würden auch
zahlreiche weitere ökologische Bedenken eine Rolle spielen, sagt Malte
Siegert vom Nabu Hamburg, der seit 15 Jahren das Vorhaben für die
Umweltorganisation beobachtet.
Das Leipziger Bundesgericht ist in erster und zugleich letzter Instanz
zuständig für die juristische Prüfung großer Infrastrukturvorhaben.
Entsprechend komplex sind die Verfahren. Bis zur Genehmigung der
Elbvertiefung im vorigen September vergingen elf Jahre und drei langwierige
Ergänzungsverfahren für ökologischen Ausgleich.
Auch das „Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbeltquerung“, ein
Zusammenschluss lokaler Initiativen, hat ebenfalls in Leipzig Klage gegen
den Planfeststellungsbeschluss eingereicht. Zudem sind nach Angaben einer
Gerichtssprecherin bereits Klagen der Stadt Bad Schwartau und der Stadt
Fehmarn fristgerecht eingegangen. Verhandlungstermine stehen noch nicht
fest.
Für Hendrick Kerlen vom Aktionsbündnis ist der am 31. Januar erlassene
Planfeststellungsbeschluss des Landes Schleswig-Holstein „eine Farce nach
dänischem Muster“. Er beschäftigt sich auf 1.341 Seiten mit dem deutschen
Teil des Ostsee-Tunnels von der Mitte des Fehmarnbelts bis zum
Tunnelausgang auf der Insel Fehmarn. Für den Ausbau von Schienen und
Straßen bis zur Lübecker Vorstadt Bad Schwartau sind sieben weitere Etappen
noch in der Planung.
Der Planbeschluss weise erhebliche Mängel auf und habe „eklatante Fehler in
den vorgeschlagenen Bauverfahren“ ungeprüft abgesegnet, sagt Hendrick
Kerlen. So soll das Ausheben des 18 Kilometer langen, 60 Meter breiten und
20 Meter tiefen Tunnelgrabens im Meeresboden nur eineinhalb Jahre dauern.
Das hält Kerlen, selbst Bauingenieur, für „völlig unrealistisch“. Die
vorgesehenen Bagger könnten dieses Tempo nicht schaffen. „Es macht aber
einen ganz erheblichen Unterschied bei den Umweltauswirkungen, ob die
Baggerarbeiten nur 18 Monate oder sogar 32 Monate dauern“, meint Kerlen.
Gegen die Planungen für das größte und teuerste Infrastrukturprojekt
Europas, das frühestens 2028 eröffnet werden könnte, haben auf deutscher
Seite 12.600 Betroffene Einwendungen erhoben, eine Online-Petition wurde
von 150.000 Menschen unterschrieben.
Bad Schwartau, mit 20.000 EinwohnerInnen die größte Stadt an der 88
Kilometer langen Ausbaustrecke, will nach Angaben ihres Bürgermeisters Uwe
Brinkmann (parteilos) mit ihrer Klage mehr Lärmschutz erreichen. „Wir
wollen, dass die zweigleisige Bahnstrecke durch den Tunnel erst dann für
den Güterverkehr freigegeben wird, wenn an der gesamten Strecke zwischen
Lübeck und Puttgarden sämtliche Schutzmaßnahmen vollständig sind“, sagt
Brinkmann.
Die Stadt fordert deshalb, die Gleise durch den Ort in einen sieben Meter
tiefen Trog zu verlegen. Nur so könnten Anwohner und Kurgäste vor Lärm und
Erschütterungen durch die vom Bundesverkehrsministerium prognostizierten 78
Güterzüge und 40 Personenzüge pro Tag geschützt werden, sagt Brinkmann. Die
Bahn lehnt das als zu teuer ab. Auch die Stadt Fehmarn bemängelt in ihrer
Klage, dass der Planfeststellungsbeschluss viele wichtige Fragen wie
Lärmschutz für die Ferienorte nicht ausreichend berücksichtige.
So räume das zuständige Planungsamt für zahlreiche Ortschaften „negative
Auswirkungen“ ein, treffe aber keine Aussagen über Gegenmaßnahmen. Das
Landesamt habe es sich mit einer nach dänischem Vorbild „verkürzten
Prüfpraxis sehr einfach gemacht“, sagt Kerlen vom Aktionsbündnis: „Schon
allein deswegen ist der Beschluss rechtswidrig“, glaubt er.
## Die Fähren sollen weiter fahren
Unterdessen wirft eine Studie im Auftrag des dänischen
Transportministeriums der Reederei Scandlines überhöhte Fahrpreise vor. Sie
betreibt die Fähren auf der Vogelfluglinie auf dem Fehmarnbelt und will
dies nach der Eröffnung des Tunnels weiter tun. Die Mautgebühren für den
Tunnel orientieren sich allerdings an diesen Tarifen, ein Preiskampf würde
die Amortisierung des Tunnels von derzeit veranschlagten 36 Jahren weiter
verzögern und das Bauwerk unrentabler machen.
Wenn es denn nach langen Jahren vor Gericht überhaupt irgendwann jemals
gebaut werden sollte.
29 Apr 2019
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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